Bürger werden im Stich gelassen

11./12. Juni: 60 Tage warten auf Termin beim Amt. Eindrücke und Erfahrungen unserer Leserinnen und Leser mit den Hamburger Ämtern

Der Hamburger Staat wird seinen Pflichten dem Bürger gegenüber nicht mehr gerecht, weil er sie tatsächlich nur als Kunden betrachtet und gegen ihr Bürgerinteresse eine langfristige und planvolle Vorsorge für personelle Engpässe unterlässt. Die vom Staat verwendeten Begriffe Kunde und Kundencenter sind zumindest irreführend, wenn nicht verdummend, möglicherweise absichtsvoll so gewählt, um die Staatsbürger als Kunden an Wartezeiten und Warteschlangen zu gewöhnen. Der Hamburger Senat als Regierung und zugleich oberste Verwaltungsbehörde Hamburgs dokumentiert bei den unzumutbaren Zuständen in seinen Kundenzentren seine Pflichtvergessenheit gegenüber den Bürgern und den Verwaltungsmitarbeitern, weil er beide im Stich lässt.

Hans Ahrens, per E-Mail

Leere Versprechungen

Vielen Dank für diesen Artikel, der nur die Spitze des Eisberges behandelt. Es ist wie ein Gesetz in Politik und Verwaltung. Sparen und Personal abbauen, ohne die Folgen zu bedenken. Dann geschieht genau das, was sie so schön beschrieben haben. Wenn der Ärger zu groß wird, wird wieder Personal eingestellt, natürlich viel zu spät. Eine durchgängige Personalpolitik ist anscheinend nicht möglich, ganz egal welche Landesregierung gerade das Sagen hat. Seit über drei Jahren wird z. B. versprochen, bei der Beihilfe die Bearbeitungszeiten auf zehn Arbeitstage zu reduzieren, geschehen ist bisher nichts, zurzeit sind es 20 Tage. Das bedeutet, vom Abschicken des Antrags bis zum Eingang des Geldes auf dem Konto vergehen circa fünf Wochen, Arztrechnungen sind aber spätestens nach vier Wochen fällig.

Dieter Craasmann, Hamburg

Intelligente Lösungen entwickeln

Tolle Entwicklung, in der Wirtschaft sollen Digitalisierung und intelligente Lösungen die produktive Wertschöpfung durch Personalabbau optimieren, aber die Wertevernichter in unserem Staat (Politik und öffentlicher Dienst) schreien ob ihrer Unfähigkeit nach immer mehr Personal, damit sie sich auf Kosten anderer weiterhin durchs Leben schmarotzen können.

Jürgen Heynen, Bargstedt

Urlaub auf dem Amt

In Bremen gibt’s den Bürgerservice (Bezeichnung beachten!) und der hat Sonnabends geöffnet. Davon können wir hier in Hamburg noch nicht mal träumen. Gerne verbringen wir auch in Zukunft kostbare Urlaubstage in Ämtern.

Birgit Braatz, per E-Mail

Ein Jahr Bearbeitungszeit

Monatelang war es gänzlich unmöglich, in Hamburg-Nord einen Termin für eine Persoverlängerung zu reservieren. Es gab keine freien Termine innerhalb von 60 Tagen und längerfristig wurden keine Termine vergeben. Und diese Probleme scheinen sich durch viele Ämter zu ziehen. Ich habe ein Reihenhaus in einer großen Wohneigentümergemeinschaft in Langenhorn. Das Gelände steht voller alter, großer Bäume. Einige sind marode und müssten gefällt werden, viele Bäume brauchen einen Ausschnitt. All das geht nur mit der Genehmigung vom Amt. Letzten Sommer hatten wir eine Begehung mit unserer Baumpflegefirma und es wurden Anträge gestellt, aber im Winter tat sich nichts. Laut Auskunft unserer Eigentumsverwaltung haben solche Anträge inzwischen eine Bearbeitungszeit von über einem Jahr. Und viele Anträge würden einfach abgelehnt, um sie vom Tisch zu haben.

Dr. Maren Franz, per E-Mail

Tolles Erlebnis in Blankenese

Vor zwei Monaten hatte ich ein großartiges Erlebnis im Kundencenter Blankenese. Als ich mein fertiges Dokument abholen wollte, verkündete am Eingang ein Schild, dass von fünf Mitarbeiterplätzen nur zwei besetzt seien. Man müsse sich auf eine längere Wartezeit einstellen. Auf das Schlimmste gefasst, meldete ich mich bei der Information, wo die Mitarbeiterin mich mit dem Satz überraschte: „Ich mache das schnell für Sie, obwohl ich nicht dafür zuständig bin.“ Fünf Minuten später verließ ich mit meinem Dokument das Kundencenter, natürlich nicht ohne mich sehr herzlich bedankt zu haben.

Charlotte Hefti, per E-Mail

Schneller Termin

Am 9. Juni war ich im Kundenzentrum, um mir sehr rechtzeitig einen Termin für die Ausstellung eines neuen Personalausweises zu holen, da mein Ausweis im März nächsten Jahres ungültig wird, denn es gab in der Öffentlichkeit nur negative Berichte über die Vergabe von Terminen. Der freundliche Beamte fragte mich nach meinen Terminwünschen. Nach sorgfältigem Suchen bot er mir den 29. Juni am Vormittag an, worauf ich verblüfft fragte: „Im nächsten Jahr?“ Erstaunt erwiderte der freundliche Beamte, dass mein Termin in diesem Jahr, in diesem Monat sei. Auch wurde mir sehr freundlich mitgeteilt, was ich zur Ausstellung des neuen Personalausweises mitbringen müsste. Ergänzend muss ich erwähnen, dass ich im Kundenzentrum Hamburg-Poppenbüttel war.

Irmgard Bredereke, per E-Mail

Personal besser schulen

Mein Enkel studiert seit einem Jahr in Frankreich, möchte während der Semesterferien jetzt gerne in Hamburg arbeiten und wohnt in dieser Zeit bei mir. Arbeit hat er schnell gefunden. Das Problem war das geforderte Führungszeugnis, was er nur bekommt, wenn er in Hamburg gemeldet ist. Bei der Behörden-Hotline 428 28-0 traf ich auf eine hilfsbereite Mitarbeiterin. Per E-Mail sandte sie mir Anmeldeformular und Wohnungsgeberbestätigung zu und hatte sogar noch einen abgesagten Termin beim Kundenzentrum Bramfeld herausgesucht. Die Sachbearbeiterin dort hatte wenig Ahnung, wusste nicht, was eine Wohnungsgeberbestätigung ist, meinte zum Enkel, er müsse sich nicht hier anmelden, bekäme das Führungszeugnis auch online beim Bundesamt für Justiz. Erst nach langen Diskussionen und dem Hinweis: „Mein Enkel braucht die Anmeldung und das Führungszeugnis heute“, fragte sie den Chef. Dann ging alles auf einmal sehr schnell. In fünf Minuten waren die Formulare zur Mitnahme fertig. Insgesamt haben die unnötigen Diskussionen zwischen der Sachbearbeiterin und Enkel zusätzliche 35 Minuten gedauert! Wenn auch bei den Familien- kassen und bei der Rentenversicherung solche Ärgernisse, falsche Eingaben und Zuordnungen auftreten, sollte entweder das Personal besser geschult oder die Zuständigkeiten der Sachbearbeiter überprüft werden.

Gisela Reimer, per E-Mail