Kritische Worte fehlen

2./3. April: Der Jahr­hun­dert­mann. Deutschland trauert um Hans-Dietrich Genscher

Wieder – nach Helmut Schmidt im November 2015 – wird einem „Jahrhundertmann“ nachgetrauert und dabei das gängige Motto befolgt, dass man über Tote nichts Böses sagen soll. Kritisches wird dabei weitgehend ausgeblendet. Schließlich ist Genscher derjenige, der entscheidend am Sturz zweier bedeutender Kanzler beteiligt war (Brandt und Schmidt), womit er der „sozialliberalen“ Phase der Republik aus parteipolitischem Eigeninteresse ein abruptes Ende setzte, die FDP wieder an die CDU/CSU kettete und so Wegbereiter für den neoliberalen Kurs der anschließenden Jahrzehnte wurde. So richtig es ist, Genschers Rolle bei der Vereinigung Deutschlands hervorzuheben, so richtig und historisch abgewogen wäre es auch gewesen, seine fragwürdige Balkanpolitik Anfang der 90er-Jahre zu berücksichtigen, die seine Kritiker als mitursächlich für den Zerfall Jugoslawiens mit all seinen katastrophalen Folgen halten. „Jahrhundertmänner“ gibt es kaum – nachhaltig wirklich „bedeutende Politiker“ selten. Das letztere und durchaus berechtigte Prädikat hätte Schmidt wie Genscher persönlich wohl ohne Zweifel ausgereicht.

Ulrich Reppenhagen, per E-Mail

Faktor Einschaltquote

2./3. April: Geld oder Liebe? Immer mehr Traditionsclubs kämpfen in der Fußball-Bundesliga um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit

Bei dem Zusammenschluss der Traditionsvereine geht es keineswegs darum, sich die Tradition bezahlen zu lassen, sondern um die erzielten Einschaltquoten. Dies ist wohl auch legitim, denn überall gibt es Kohle für Quote. Sicher sind auch Managementfehler gemacht worden, aber sind diese nicht, zumindest teilweise, auch eine Folge des nicht enden wollenden Geldstromes für Wolfsburg und Co.?

Lutz Weiser, Hamburg

Erdogan bestätigt

2./3. April: ZDF entfernt Böh­mer­mann-Spott über Erdogan aus Mediathek

Es war leider zu erwarten, dass das ZDF vor dem Despoten Erdogan einknickt. Ja, politisch korrekt war Böhmermanns Gedicht über den türkischen Präsidenten nicht. Aber den Beitrag bei der Zweitausstrahlung der Sendung herauszunehmen und aus der ZDF-Mediathek zu entfernen, gibt Erdogan nur die Bestätigung für sein Handeln. Man hätte es darauf ankommen lassen sollen, anstatt in vorauseilendem Gehorsam einzuknicken. Wäre doch mal interessant gewesen, mit welchen abstrusen Drohgebärden Herr Erdogan sich diesmal in Szene gesetzt hätte. Das sollten wir aushalten können und müssen. Mein Appell an Jan Böhmermann: „Weiter so!“

Michael König, Hamburg

Unangemessene Kritik

1. April: Woher Hamburgs Ein­bre­cher kommen. Gut die Hälfte stammt vom Balkan, nur 4,6 Prozent haben deutschen Pass

Offenbar übt die Polizei in Unkenntnis der Rechtslage Kritik daran, dass auch ein Haftbefehl, der aufgrund eines fehlenden festen Wohnsitzes erlassen worden ist, später wieder aufgehoben werden muss. Das kann nämlich dann der Fall sein, wenn die bereits verbüßte Untersuchungshaft in keinem Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe mehr steht – wie beispielsweise im Falle von Ersttätern. Die Polizei sollte daher etwas mehr Zurückhaltung üben, wenn das „Verhalten der Justiz“ insgesamt kritisiert wird.

Dr. Claus Rabe, per E-Mail

DNA-Analysen anwenden

Bei Mord oder Totschlag arbeiten die Ermittler mit DNA-Analysen. Warum nicht auch bei Einbrüchen? Man könnte den Banden schnell ihre Einbrüche nachweisen und sie, wenn nicht festsetzen, so doch vertreiben.

Dr. Claus Gossler, Wentorf

Stiller Protest

1. April: De­mons­tran­ten blo­ckie­ren Schan­zen­hof. Schlüsselübergabe an neuen Mieter von Polizei gesichert. Am Abend brannten Mülltonnen

Leider liest man in dem Artikel nur von Teilnehmern aus der linksautonomen Szene bei der Demonstration. Schade, dass nicht erwähnt wird, dass auch viele ehemalige Angestellte, Gäste und Betroffene der Schanzenhofprojekte anwesend waren. Ich war ebenfalls bei der Schlüsselübergabe dabei und habe mich selbst zum stillen Protest entschieden, denn ich war 18 Jahre Stammgast im dort ansässigen Biorestaurant und habe täglich dort das ausliegende Abendblatt gelesen. 60 Prozent Mietsteigerung, dass ist für die alten Mieter nicht drin gewesen. Immer höhere Mieten in der gesamten Stadt, das ist der Trend. Und wieder haben wir ein Stück Hamburg, eine soziale Institution verloren.

Jörg Seydak, Hamburg

Kritik des Denkmalrats

24. März: Was den City-Hof und die Elb­chaus­see verbindet. Denkmalschutz funktioniert nur, wenn Bürger ihn verstehen

Der Artikel von Herrn Hein stellt nicht die einhellige Meinung des Denkmalrats dar, auch wenn die mehrfache Berufung auf seine frühere Mitgliedschaft im Denkmalrat diesen Eindruck erwecken könnte. Der Denkmalrat hat am 26.11.2014 beschlossen, das Verfahren der Konzeptausschreibung, insbesondere den nicht mit dem Denkmalschutz abgestimmten Mindestkaufpreis, zu kritisieren (sieben Stimmen dafür, zwei dagegen). Am 8.4.2015 hat der Denkmalrat ein klares Meinungsbild geäußert, dass der City-Hof ein erhaltenswertes Denkmal ist (fünf Stimmen dafür, zwei dagegen, eine Enthaltung). In der Phase der offenen Briefe verschiedener regionaler und bundesweiter Akteure zugunsten des City-Hofes hat sich der Denkmalrat außerdem der Stellungnahme der Architektenkammer angeschlossen. Damit ist der Denkmalrat u. a. der Ansicht, dass der Ausschluss des letzten Bieters, der die Erhaltung vorsah, in der Sache falsch und inakzeptabel war. Der Denkmalrat bedauerte die fehlende Transparenz sowie die Verweigerung inhaltlicher Gründe für den Ausschluss.

Dr. Martin Bredenbeck, Denkmalrat HH