Dem Opfer zuhören

13. Januar: Das Nein einer Frau muss genügen. Derzeit sind sexuelle Übergriffe nur strafbar, wenn Opfer sich gewehrt haben

Mit Erleichterung erleben wir, dass nach den Schrecknissen der Silvesternacht in Köln so viele Frauen den Mut hatten, wegen sexueller Übergriffe Anzeige zu erstatten. Aber braucht es einer solchen Masse, um Frauen und Mädchen als Opfer ernst zu nehmen? Die öffentliche Wahrnehmbarkeit dieser sexualisierten Gewalt löste einen Aufschrei der Empörung aus. Einen vergleichbaren Solidaritätsschub vermissen wir in unserer täglichen Internetberatung www.gewalt­los.de für weibliche Opfer von Gewalt. Dort wird deutlich, dass sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Verborgenen in allen Milieus in großer Zahl stattfindet. Laut der größten Studie der Europäischen Agentur für Grundrechte von 2014 ist jede dritte Frau in Deutschland von Gewalt betroffen. Wir wünschen uns, dass Opfern von Gewalt grundsätzlich Gehör geschenkt wird, unabhängig vom Tatort, sei es der Kiez, das Oktoberfest, der Karneval, das berufliche oder private Umfeld, und unabhängig vom Täter – und dass man ihnen glaubt.

Maria Elisabeth Thoma, Vorstandsvorsitzende gewaltlos.de, per E-Mail

Richter brauchen Beweise

12. Januar: Das Recht durch­set­zen. Statt in der Flüchtlingskrise neue Gesetze zu erfinden, sollte die Politik die bestehenden einhalten

Was bringt eigentlich der hektische Ruf nach verschärften Strafen und den Möglichkeiten schnellerer Abschiebung? Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz des individuellen Nachweises der Schuld. In Medienberichten zu den Hamburger Ausschreitungen zu Silvester war zu lesen, dass bisher kein einziger Tatverdächtiger ermittelt werden konnte. Wie stellt man sich denn ein Strafverfahren vor, wenn nicht einmal ein Anfangsverdacht gegen einen einzelnen Straftäter konkretisiert werden kann? Und wenn schließlich ein Teilnehmer der Gruppe, die der Straftaten verdächtig ist, namentlich bekannt ist, wie ist seine individuelle Schuld zu beweisen? Personenbeweise (Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständige), Sachbeweise (Fotos, Videos, Spuren), gar ein Geständnis? Kein Staatsanwalt wird eine Anklage erheben, wenn die Beweise fehlen, kein Richter wird eine Verurteilung wagen ohne eben diese Beweise. Fazit: Ohne Beweis geht gar nichts.

Klaus Lang, Hamburg

Rechtsordnung außer Kraft?

Durch eine falsch verstandene Liberalität und viel zu großzügig ausgelegte Toleranz ist unsere rechtliche Ordnung in fast allen Bereichen der staatlichen Institutionen wie Polizei und Justiz schon länger gestört, ja teilweise außer Kraft gesetzt. Entsprechend unseres Grundgesetzes hat allein der Staat das Gewaltmonopol und müsste dafür sorgen, dass den Vorgaben auch entsprochen wird. Die Wirklichkeit sieht aber völlig anders aus, denn unsere Polizei hat wenig bis keine Rücken­deckung durch die Politik, ist häufig Freiwild und sieht sich stets einer respektlosen Aggressivität ausgesetzt. Hier versagt vor allem die Justiz, die nicht willens ist, schnell und konsequent zu urteilen, und dadurch die Polizei weitgehend im Regen stehen lässt. Wir brauchen also schon deshalb keine neuen Gesetze, weil die vorhandenen nicht sinngemäß angewandt werden – hier ist sehr viel Spielraum nach oben.

Herbert Stephan, Hamburg

Lebendige Stadt bewahren

11. Januar: Sorgenkinder der Denkmalschützer

Die weit verbreitete Ansicht der Planer und Eigentümer – „langer Leerstand begünstigt den Abriss“ – ist eine verwerf­liche Methode, die Innenstadt zu entkernen. Sicherlich bringen die Glasneubauten mehr Rendite. Was aber macht Hamburg so liebenswert und sehenswert für Hamburger und Besucher unserer Stadt? Die durch den Zweiten Weltkrieg nicht völlig zerstörte Altstadt zu erhalten, um Hamburg auch für die Zukunft als Handelsmetropole und lebendige Stadt zu bewahren. Die Verbundenheit und der Stolz der Hamburger auf die vertrauten Fassaden der Stadt müssen gepflegt werden, nur so kommen Bürgermeinung und Politik auf einen Nenner.

Ingo Kleist, Hamburg-Neustadt

Einige Regeln ändern

9./10. Januar: Keine Ent­span­nung beim Fluglärm

Mir fehlt der Hinweis auf das sogenannte Flachstartverfahren. Seit dem Jahr 2013 überfliegen die startenden Flugzeuge den Hamburger Westen zum Teil um bis zu 700 Meter tiefer als zuvor. Die Flugzeuge schwenken dabei über der Stadt auf ihre Zielrouten. Das hat zu einer erheblichen Verschlechterung der Lärmsituation und zu einer deutlichen Zunahme der Fluglärmbeschwerden im Hamburger Westen geführt. Bei gutem Willen könnte der Flugbetrieb hier eine Verbesserung des Lärmschutzes bewirken. Es bedarf dazu nur der Änderung einiger technischer Verfahrensregeln und stellt den Flugbetrieb als solchen nicht gleich generell infrage.

Rainer Friedrich, Hamburg-Iserbrook

Tägliche Qual in Lemsahl

Der Fluglärm nimmt seit Jahren zu, und besonders die Tagesrandzeiten werden zur täglichen Qual. Wir wohnen in Lemsahl, und fast täglich werden wir ab 6 Uhr belärmt, auch am Wochenende. Abends tobt der Lärm oft bis 24 Uhr, und die verbleibende Zeit reicht nicht für ausreichenden Schlaf. Wenn Herr Eggenschwiler anführt, dass vom Flughafen angebotene Schallschutzprogramme nur teilweise abgefordert werden, dann liegt das nicht an der erträglichen Lärmbelästigung, sondern daran, dass viele Menschen im Bereich der Flugschneisen ein Haus mit Garten besitzen und diesen auch gern benutzen und genießen möchten. Wenn wir ein Leben in einem Bunker gewollt hätten, dann hätten wir gleich ein Haus ohne Fenster, ohne Terrasse und mit Zwangsbelüftung gekauft. Der Flughafen muss aus der Stadt oder sich an das Ruhebedürfnis der Bürger anpassen. Das heißt: mindestens 50 Prozent weniger Flüge, Flugbetrieb nur von 6 bis 20 Uhr und am Wochenende erst ab acht. Nur besonders leise Flugzeuge sind dann noch in Hamburg zugelassen. Das würde den Lärm- und die Feinstaubbelastung massiv reduzieren.

Familie Müller, Hamburg