Handlungsfähigkeit erhalten

2./3. Januar: Politik muss sich stellen. Die Kritik des Handelskammer-Präses an der Volksgesetzgebung ist eine Debatte wert

Die Forderung nach einer Debatte über Volksentscheide ist richtig. Politische Entscheidungen dürfen nicht zum Lotteriespiel werden, indem Sachdiskussionen durch spontane mediale Ereignisse überlagert werden. Ohne Fußballskandal und Terroranschläge hätten die Olympiabefürworter die Oberhand gehabt, trotz der finanziellen Risiken. Es geht nicht darum, den Volksentscheid abzuschaffen oder die Bevölkerung als unwissend abzustempeln. Es geht darum, einer demokratisch gewählten Regierung Handlungsfähigkeit zu erhalten. So wie der Kapitän für sein Schiff verantwortlich ist, muss auch die Regierung für ihr Handeln verantwortlich sein, insbesondere bei weitreichenden Entscheidungen. Wer möchte schon mit einem Schiff fahren, das nicht vom Kapitän, sondern via Befragung von den Passagieren gesteuert wird?

Uwe Kiesel, per E-Mail

Auf einem Auge blind

Litaneiartig zelebriert Herr Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg, zum wiederholten Male seinen Vortrag über die angeblich freiwillige Entmachtung der Parlamente durch Volksentscheide. Auch ich bin traurig über das Votum der Hamburger Bürger hinsichtlich der Olympiade. Dennoch meine ich, dass solche Entscheidungen zu respektieren sind und dass Herr Melsheimer trotz seiner Akzeptanz bezüglich des Abstimmungsverhaltens wegen Olympia auf dem Sektor Machtausübung generell auf einem Auge blind ist. Deutsche Politik wird ohne den zermürbenden Prozess von Volksentscheiden in hohem Maße mitbestimmt von den dezent operierenden Lobby-Heeren in Berlin mit freiem Zugang zu den Mächtigen der Republik. Das stört Herrn Melsheimer offensichtlich nicht, weil das Land regierbar bleibt, vermutlich in seinem Sinne.

Heinz Heinecke, Winsen (Luhe)

Noch mehr Volksentscheide

Horst Melsheimer meint, ein Großteil der Milliardenzuschüsse wären vom Bund gekommen. Sind das keine Steuergelder? Wir brauchen mehr Volksentscheide, weil die Abenteuer unserer Eliten auf dem Rücken des Volkes ausgetragen werden. Wie lange dauert der Afghanistan-Krieg noch gleich? Was hat er gekostet? Was hat er gebracht? Mit einem Volksentscheid wäre uns das erspart geblieben. Ebenso die Elbphilharmonie. Wenn die Entscheidungsträger bei solchen Großprojekten mit ihrem kompletten Vermögen haften – damit meine ich auch ihr Privatvermögen –, sähe die Sachlage anders aus.

Hans-Joachim Borchardt, per E-Mail

Problem ist hausgemacht

2./3. Januar: Hamburg nimmt Abschied vom Autozug

Die Deutsche Bahn schafft sich selber ab. Erst der Autoreisezug, dann der Nachtzug, im Güterverkehr will die Deutsche Bahn weniger transportieren, und im Regionalverkehr geht eine Ausschreibung nach der anderen verloren. Der Niedergang des Autozugs begann dadurch, dass bei Fristablauf der Fahrzeuge die Verbindung eingestellt wurde wie die gut ausgelastete Tagesverbindung Düsseldorf–München, was dann natürlich auch zu weniger Fahrgästen führte. Es wurden zwar noch halbherzige Versuche mit neuen Doppelstockschlafwagen unternommen, die aber eher Hamsterkäfigen auf Schienen glichen. So ist das Ende des Autoreisezugs durchaus hausgemacht, weil er nicht in das verschlankte Profil einer Börsenbahn passte. Aber der Autozug lebt weiter. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen Euro-Express weitet das Angebot seines Autozugs von Düsseldorf nach Verona sogar aus.

Wolfgang Franke, Neu Wulmstorf

Weltweites Problem

Silvesterausgabe: Was sich 2016 ändern muss

Vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel, der die Schwachstellen der Flüchtlingspolitik benennt. Dennoch vermisse ich zwei Gedanken, die nirgendwo zur Sprache gebracht werden und die meines Erachtens unbedingt im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik diskutiert werden müssen. Es muss eine Rückkehr­verpflichtung für die anerkannten Asylbewerber geben, damit sie ihr Land wieder aufbauen können, wenn es befriedet ist. Wer sonst sollte diese Wiederaufbautätigkeit tun? Deswegen darf eine Anerkennung nur befristet sein. Ferner verstehe ich nicht, dass dieses Problem als ein rein europäisches bzw. deutsches behandelt wird. Es handelt sich doch wohl um ein weltweites Pro­blem, das von allen Ländern, die zu einer Lösung beitragen können, getragen werden muss.

Ekkehard Below, per E-Mail

Tut mir leid, wir sind voll

Herr Iken hat sehr schön die Fakten dieser Flüchtlingsmisere zusammen­getragen und wird wie immer viel Zustimmung bekommen. Nur eines sagt auch Herr Iken, wie alle Befürworter der Zuzugsbegrenzung, nicht. Wie viele dürfen denn kommen? Hunderttausend? Fünfhunderttausend? Eine Million? Was passiert dann mit dem 1.000.001 Flüchtling? Muss der dann wieder zurück nach Syrien oder in den Irak? Muss der Grenzbeamte der Familie mit Kindern, die vor ihm stehen, sagen: „Tut mir leid, aber wir sind voll“?

Wolfgang Kagerah, per E-Mail

Starke Worte

Silvesterausgabe: Wie Hamburgs Politiker die Zukunft der Stadt sehen

Das Zitat des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dressel „Wir müssen akzeptieren, dass es eine Mehrheit der Hamburger nicht interessiert, wie groß, bekannt oder glamourös Hamburg ist ...“ ist einfach nur peinlich. Damit werden alle Mitbürger, die nicht für Olympia gestimmt haben, diskreditiert. Als Fraktionsvorsitzender einer „großen“ Partei sollte Herr Dressel bei seiner Wortwahl etwas sensibler sein. Groß und bekannt ist Hamburg auch so, und auf glamourös können sicherlich viele Hamburger verzichten. Das Referendum war nicht nur eine Abstimmung über Olympia, sondern über die gesamte Hamburger Politik der SPD. Vielleicht denkt Herr Dressel mal darüber nach, bevor er solche starken Worte von sich gibt.

Harald Rother, per E-Mail