Referendum von oben

12./13. Dezember: Alle Macht dem Volk? Nach dem Olympia-Entscheid ist die Debatte um Sinn und Unsinn von Volksabstimmungen neu entbrannt

In all dem Lamento über das knapp verlorene Olympia-Referendum wird ein bedeutender Fakt in der Berichterstattung konsequent unterschlagen: Bei dieser Volksbefragung handelte es sich keineswegs um eine Volksinitiative, sondern um ein Verfassungsinstrument von und für Bürgerschaft und Senat, das erst im Rahmen der Bewerbung neu geschaffen wurde. Die Einführung eines Referendums „von oben“, das es in der Volksgesetzgebung bis 2014 nicht gab, war nicht unumstritten. Auch handelte es sich bei diesem Referendum nicht um ein Gesetzesvorhaben, sondern lediglich um ein Stimmungsbild, mit dem die bereits beschlossene und auf den Weg gebrachte Bewerbung Hamburgs gegenüber dem IOC in der Konkurrenz zu anderen Städten mehr Gewicht erhalten sollte. Zweifel sind hier also weniger an der freien Meinungsäußerung der Bürgerinnen und Bürger als an der vorgeblichen Weisheit der nur auf Zeit gewählten Repräsentanten des Volkes, neuerdings als „Eliten“ tituliert, angebracht, die sich für besonders clever hielten und doch nur selbst ausgetrickst haben.

Das Missverständnis demokratischer Verfahren scheint hier auf Seiten von Abgeordneten und Senat zu bestehen und nicht beim Souverän. Wenn eine Schwächung der repräsentativen Demokratie zu befürchten ist, dann wohl eher durch die Arroganz der Macht der vermeintlichen „Eliten“ – einer Bevölkerungsgruppe, die in der Verfassung nicht vorkommt.

Kordula Leites, per E-Mail

Überteuerte Ware meiden

12./13. Dezember: Ein­weg-Schuhe und Weg­werf-Klei­der. Viele Kunden interessieren sich kaum für die sozialen und ökologischen Folgen ihres Lebensstils

Der Kommentar trifft den Nagel voll auf den Kopf. Es geht immer nur um billiger; wie diese billigen Preise zustande kommen, interessiert keinen. Man braucht sich nur die Preislevels bei den Discountern anzusehen, dann weiß man, wer diese Situation anheizt. Ich kenne meinen Lieferanten im südlichen Afrika seit über 30 Jahren. Dieser behandelt seine Mitarbeiter sozial verträglich. Dann sind logischerweise auch die Herstellungspreise höher, werden aber nicht von allen akzeptiert, leider. Dann muss eben Bangladesh die Aufgabe erfüllen. Wenn ich z. B. den Preis einer Outdoorjacke im Verkauf mit 299 Euro sehe und diese im Einkauf maximal 40 Euro kostet, ist mir klar, wer im Endeffekt daran verdient. Transportkosten fließen nur zu einem ganz geringen Teil in die Kalkulation ein, die Frachtraten sind so günstig wie seit Langem nicht. Daher meide ich für meinen persönliche Bedarf diese überteuerte Ware.

Bernd Lange, Kattendorf

Flughafen statt Airport

12./13. Dezember: Flughafen Hamburg. Bald Helmut-Schmidt-Air­port?

Die Umbenennung des Flughafens und die damit verbundene Würdigung Helmut Schmidts ist eine gute Idee. Bei der Gelegenheit sollte man dann aber auch gleich den unglücklichen Begriff „Airport“ durch „Flughafen“ ersetzen. Nichts gegen Anglizismen, wenn sie Einzug in unseren Wortschatz gehalten haben und wir sie täglich benutzen (z.B. Management, Training). Aber man muss es ja nun auch nicht übers Knie brechen. Niemand in und um Hamburg sagt „Airport“, alle benutzen den Begriff „Flughafen“. Und für unsere internationalen Gäste haben wir dann notfalls ja auch noch das entsprechende Piktogramm. Ich plädiere daher für „Flughafen Hamburg – Helmut Schmidt“, das klingt gut!

Ralf Greve, Buchholz

Leittugend Gerechtigkeit

11. Dezember: Ovationen für Gerhard Schröder. Altkanzler erinnert an die verstorbenen Genossen Schmidt, Bahr und Grass – und an seine Leistungen

Wegen Gerhard Schröders Agenda 2010 haben Hunderttausende Mitglieder und Millionen SPD-Wähler der Partei den Rücken gekehrt. Der Bruch mit sozialdemokratischen Ursprungsprinzipien konnte daher seit Jahren nicht behoben werden. Wenn Schröder mit seinem Markenzeichen als „Genosse der Bosse“ auf dem Parteitag für seine Rede feierliche Zustimmung erntet, so fehlt der SPD die Hinwendung zur Abgrenzung wahrer sozialdemokratischer Politik und bleibt bei nur 25 Prozent der Wählerzustimmung hängen. Gerhard Schröder empfahl den Versammelten, sozialdemokratische Politik weiterhin auf die Ziele Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit auszurichten. Er hätte beim Philosophen und Naturwissenschaftler Carl Friedrich von Weizsäcker nachlesen sollen, der Gerechtigkeit als Voraussetzung für Frieden und Freiheit 1986 in seinem Vorschlag zum Evangelischen Friedenskonzil nannte. Die Leittugend Gerechtigkeit ist der SPD-Führung mit der Hartz-IV-Reform bei gleichzeitiger Senkung des Spitzensteuersatzes abhanden gekommen.

Gerhard Rehder, per E-Mail

In den Abgrund

11. Dezember: Deutsche Reeder fürchten Aus­ver­kauf der Flotte

Der größte Teil des Welthandels wird unter nicht-deutscher Flagge betrieben. Panama, Liberia lassen grüßen. Wer glaubt, zu deutlich höheren Kosten deutsche Flagge fahren zu müssen, fährt in den Abgrund, da nützen kein Jammern und Wehklagen. Weshalb gibt es wohl praktisch keine USA-Seeschifffahrt, diese Welthandelsnation hat die „Ein-Stern“-Flagge Liberia erfunden.

Heinz Wilhelm Gautier, per E-Mail

Sehschwäche bedenken

10. Dezember: Barrierefreie Bahnhöfe. U 1 wird für drei Monate gesperrt

Es ist sehr lobenswert, dass die Hochbahn bis 2022 fast alle Haltestellen der U-Bahn barrierefrei ausbauen will. Zu hoffen ist, dass dabei der Begriff „Barrierefrei“ von der Hochbahn zeitgemäß interpretiert wird und sich nicht nur auf Rollstuhl und Kinderwagen bezieht. Denn das Handicap einer wesentlich größeren Zahl von älteren Fahrgästen ist ein eingeschränktes Sehvermögen. Mit der Erkennbarkeit von Informationen hat diese große Gruppe erhebliche Probleme. Das gilt im Übrigen auch für den Busverkehr.

Kai Ehlert, per E-Mail