Außerordentliche Situation

2. Dezember: Wo Anwohner sich wehren. Bürger klagen gegen Flüchtlingsunterkünfte

Die Stadt Hamburg ist mit der Unterbringung der Flüchtlinge in einer außerordentlichen Situation, und das erfordert außerordentliche und unkonventionelle Entscheidungen. Wo sollen die Leute denn hin? Fänden Sie es besser, wenn die Stadt nicht gehandelt hätte und die Flüchtlinge einfach so durch die Stadt stromern würden? Vielleicht würden sie sich ja gerade Ihren Hauseingang zum Übernachten aussuchen? Es reicht nicht, zu Heiligabend in die Kirche zu gehen und „gnadenbringende Weihnachtszeit“ zu singen. In Meiendorf, wo ich auch wohne, gibt es die Aktion „Meiendorf hilft“, und ab Mitte Dezember übernimmt die Arbeiterwohlfahrt die Organisation der Unterkunft am Hellmesberger Weg. Auch da kann man Hilfe brauchen.

Christel Peters, per E-Mail

Schaden für die Demokratie

2. Dezember: Der Maulkorb. Das Verwaltungsgericht schwächt die Macht der Handelskammer – gut ist das nicht

Die Nachricht, dass die Klage gegen die Handelskammer von einem Mandatsträger einer in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen politischen Partei kommt, macht mich sehr betroffen. Das ist unanständig. Mir als engagiertem Demokraten macht es große Sorge, dass gerade die Mitbürger, die mehr Demokratie fordern, mit allen Mitteln versuchen, ihre politischen Gegner mundtot zu machen. Freie Meinungsäußerung und ein politischer Diskurs sind Eckpfeiler unserer auf dem Grundgesetz basierenden Demokratie. Die Mehrheit entscheidet, muss aber die Minderheit respektieren. Im Übrigen ist es ein Irrglaube, dass unsere Demokratie von Volksbegehren profitiert. Die Väter unseres Grundgesetzes haben sich bewusst für eine parlamentarische Parteiendemokratie entschieden, weil nur so Kompetenz und Ausgleich möglich sind. Wenn sich im Zuge des Zeitgeistes zukünftig immer öfter schlecht informierte Minderheiten per Volksentscheid durchsetzen, wird unsere Demokratie und unser aller Wohlergehen schweren Schaden nehmen. Der Parlamentarismus unterliegt strengen Regeln. Wenn unsere Gesellschaft nicht schnell gleich strenge Regeln auch für jede so wichtige Form der Bürgerbeteiligung aufbaut, werden wir in ein Desaster schwimmen.

Hans-Hermann Jansen, Altona

Auto hat keine Zukunft

2. Dezember: Stadt stellt neuen Plan für Klos­ters­tern vor

Es läuft doch immer wieder darauf hinaus: Fahrradfahrer gegen Autofahrer. Meine Generation ist mit dem Auto und dem immerwährenden Ausbau von Straßen aufgewachsen. Inzwischen hat das Auto für mich in einer lebenswerten Stadt keine Zukunft mehr. Und die nächste Generation der jetzt 18- bis 25-Jährigen hält recht wenig davon, mit einem teuren Automobil immer wieder im Stau zu stehen und Lebenszeit zu vergeuden, so die Einschätzungen meiner Söhne und deren Freunde. Warum freuen wir uns nicht, dass die Stadt den Klosterstern fahrradgerecht ausbaut, die Bürger beteiligt und Wünsche berücksichtigt? Übrigens: Vor 20 Jahren wurde niemand zum Straßenbau gefragt – es wurden einfach Tatsachen geschaffen.

Till Westphalen, per E-Mail

Unwürdiges Geschacher

30. November: Die EU und die Türkei rücken zusammen. Ankara ringt Europäern weitreichende Zugeständnisse ab

Özdemir hat recht: Es geht der Türkei nur um Geld und Geltung. Zum einen hat die Türkei das Flüchtlingsproblem gefördert, zum anderen werden die Flüchtlinge in der Türkei erbarmungswürdig behandelt und fassen dann den Plan weiterzuziehen, möglichst nach Deutschland. Unsere Regierung muss mehr Klarsicht und auch Selbstbewusstsein zeigen und sich nicht anbiedern in der vagen Hoffnung auf Entlastung. Geld nur gegen nachgewiesen bessere Bedingungen für die Flüchtlinge, und Beitrittsverhandlungen dürfen kein Preis in diesem unwürdigen Geschachere sein.

Christina Lorenz, per E-Mail

Hoher Erwartungsdruck

30. November: Schuld­ge­fühle statt Mut­ter­glück. Zehn bis 15 Prozent der Frauen leiden nach der Geburt unter einer Wochenbettdepression

Bedauerlicherweise übersieht Frau Dr. Oddo-Sommerfeld einen an Bedeutung zunehmenden Auslösefaktor für Wochenbettdepressionen: Es ist der gesellschaftliche Erwartungsdruck, der die Teilhabe der Frau am Wirtschaftsleben höher bewertet als die Annahme der Mutterrolle. Wie gut haben es da doch die Familien und ihre Babys in Norwegen, wo die Mütter bei Arbeitsplatzgarantie und ca. 80 Prozent Lohnfortzahlung ein Jahr Erziehungsurlaub nehmen können.

Eckard Wendt, per E-Mail

Aktiv an Wahlen beteiligen

1. Dezember: Olympia-Aus: Wer hat Schuld?

Demokratie lebt von der aktiven Teilhabe. Wenn 50 Prozent der Hamburger meinen, zu Hause bleiben zu können, weil andere es für sie schon richten werden, dann siegt immer der Protest. Das werden wir in Zukunft auch bei Wahlen beim Stimmergebnis der AfD erleben. Der Unzufriedene, Neinsager, Protestwähler ist immer leichter zu motivieren. Das Ergebnis der Befragung beschämt mich. Ich kann nur hoffen, dass die schweigende Masse nun endlich aufwacht.

Karsten Müller, Buchholz

Mit Vernunft entscheiden

Auch wenn das Olympia-Aus für den Hamburger Senat und die Befürworter ein Fiasko ist, für unsere Demokratie ist die Entscheidung eine Stärkung, die noch viel öfter angewendet werden sollte bei wichtigen Themen. Der Bürger sollte nicht nur auf Landes- und Bundesebene alle fünf Jahre sein Kreuz machen dürfen. Denn der Bürger entscheidet in manchen Situationen mehr mit Vernunft und Köpfchen. Das stärkt die Demokratie. Schnelle Entscheidungen gehen oft nach hinten los (Kosten Elbphilharmonie oder Alter Elbtunnel) oder halten nicht das, was man sich erhofft oder gewünscht hatte. Hamburg wird auch ohne Olympia seinen Weg gehen.

Andreas Weise, Hamburg