Die einen atmen auf, die anderen sind bestürzt und traurig: Unterschiedliche Bewertungen des Referendums

Sieg der Pessimisten

30. November: Nein zu Olympia. 51,6 Prozent der Hamburger lehnen im Referendum die Spiele ab. Ein Grund war offenbar die umstrittene Finanzierung

Ich kann es nicht fassen: Da hat die Stadt die einmalige Chance, Olympische Spiele nach Hamburg zu holen und so der Stadt fantastische Impulse zur Weiterentwicklung zu geben. Und nun gewinnen die Zauderer, Zögerer, Pessimisten. Das ist sehr, sehr schade.

Hinrich Mewes, per E-Mail

Hamburg ist Verlierer

Abstimmungen haben auch einen Verlierer. Der größte Verlierer ist unsere Stadt, die von den mutlosen Menschen ohne Visionen, die sich als Sieger fühlen, aber vor der Aufgabe geflohen sind, zum sportlichen Provinznest degradiert worden ist. Hamburg wird international wohl kaum noch wahrgenommen werden.

Detlef Lange, Hamburg

Analyse geht zu weit

Die tiefe Enttäuschung Lars Haiders über den „geplatzten Traum“ kommt in dem Leitartikel eindrucksvoll zum Ausdruck. Allerdings gehen Sie angesichts der frischen Eindrücke mit Ihrer Analyse doch ein wenig zu weit. Nur weil sich Ihre Vorstellungen nicht erfüllt haben, gleich die basisdemokratischen Instrumente gänzlich infrage zu stellen, erscheint mir nicht angemessen. Die Hamburger haben die Olympia-Bewerbung nicht abgelehnt, weil sie gerade mal keine Lust auf eine solche Veranstaltung haben, sondern weil sie (und mit ihnen sicherlich eine breite Mehrheit im ganzen Land) ein tiefes Misstrauen gegen die Entscheider-Riege haben. Und das zu Recht!

Hätte es bereits zu Zeiten der Elbphilharmonie ein Referendum gegeben, die Finanzierung wäre dann wohl auch seriös erstellt worden, und das Fiasko wäre in diesem Maße sicherlich ausgeblieben. Das war ein Versagen der Hamburger Politik. Auf der anderen Seite kann man wohl sagen, dass, wenn der Bund diese Spiele wirklich hätte haben wollen, aus diesem Kreis vor dem Referendum hinsichtlich der finanziellen Beteiligung eine klare Aussage getroffen worden wäre. So kam erneut und wie gewohnt nur ein unverbindliches Blabla. Das ist ein Versagen der Bundespolitik. Weitere Sargnägel für die Bewerbung waren die nationalen und internationalen Sportverbände, die seit ewigen Zeiten das Märchen erzählen, dass Sport und Politik zu trennen seien. Das ist aber nie so gewesen.

Internationale Sportveranstaltungen waren schon immer auch politisch, und man muss dann eben auch mal Stellung beziehen. Diese Haltung diente nur der Möglichkeit, sich der Verantwortung zu entziehen. Dazu kommen diese unsäglichen Korruptionsskandale, die den zutiefst maroden Zustand und vor allem das völlige Fehlen von Unrechtsbewusstsein in den Führungsriegen dokumentieren. Hier versagen die Sportverbände auf ganzer Front. Den Hamburger Senat trifft an der Entwicklung die geringste Schuld. Da wurde m. E. das Beste gegeben, aber die Geister aus den übergeordneten Gremien konnten eben nicht vertrieben werden. Woher sollen die Menschen in dieser Stadt das Vertrauen nehmen, dass es mit Olympia in Hamburg besser gelaufen wäre als in der Vergangenheit? Hamburg wird in die olympische Geschichte eingehen als der Bewerber, dessen Bewohner den Mut gehabt haben, denjenigen entgegenzutreten, die die Spiele doch ach so gern gehabt hätten, aber keine Verantwortung übernehmen wollten. Eigentlich ist aber auch nicht wirklich etwas Schlimmes passiert. Hamburg wird auch ohne Olympia, oder vielleicht auch gerade ohne Olympia, die schönste Stadt der Welt bleiben. Das haben wir der „ersten Liga der Metropolen“ voraus.

Gerd Donner, Hamburg-Harburg

Risiken gibt es überall

Die Bedenkenträger haben wieder einmal gewonnen. Mit ihren Warnungen vor den möglichen Risiken haben sie die Angst beim Wahlvolk geschürt. Risiken gibt es überall. Das ganze Leben ist ein einziges Risiko. Ohne das Eingehen von Risiken kann nichts wahrhaft Großes geschaffen werden. Hamburg hat hier eine ganz große Chance vertan. Die nunmehr eingesparten Mittel werden mitnichten für andere Projekte ausgegeben werden. Gerade das von den Olympiagegnern immer wieder zitierte Beispiel Elbphilharmonie zeigt, dass es Mut braucht, um etwas Großes zu schaffen. Es ist richtig, dass es Bauverzögerungen gab und auch die Kosten explodiert sind. Aber wie viel persönliches Geld hat denn jeder Einzelne von uns in die Elbphilharmonie investiert? Doch nur diejenigen Visionäre, die tatsächlich den Bau der Elbphilharmonie mit Spenden unterstützt haben. Keiner von uns hätte doch auch nur einen Cent weniger Steuern bezahlt, wenn es den Bau der Elbphilharmonie nicht gegeben hätte. Mit diesem Bauwerk hat Hamburg jedenfalls jetzt schon ein bedeutendes Wahrzeichen erhalten, welches in aller Welt Beachtung findet. Auch die Olympischen Spiele hätten für Hamburg enorme Chancen beinhaltet. Dass es Chancen ohne Risiken geben kann, ist jedoch eine Illusion. Um etwas voranzubringen, muss man auch Risiken eingehen. Schade für Hamburg. Schade für Deutschland.

Ralf Oberländer, per E-Mail

Ende gut, alles gut

Abschließend doch noch ein letztes – und überaus interessantes Statement. Finanzminister Wolfgang Schäuble zum Olympia-Aus: „Ich finde es schade, es wäre eine tolle Chance gewesen. Ich kann aber irgendwie nachvollziehen, dass die Faszination der Menschen für solche Großereignisse im Moment nicht so vorhanden ist. Es finanziell zu stemmen, wäre eine große Herausforderung gewesen. Der Bund hätte das unterstützt, wenn auch nicht in der Größenordnung, wie Hamburg sich das vorgestellt hätte.“ Damit wäre das Thema ja eh hinfällig geworden, da Olaf Scholz gesagt hatte, bei 1,2 Milliarden ist Schluss. Also Ende gut, alles gut.

Matthias Christen, per E-Mail

Notorische Neinsager

Was Bombennächte, Sturmfluten und der Tod Helmut Schmidts nicht geschafft haben: Notorische Neinsager, egoistische Bedenkenträger und gleichgültige Was-geht-mich-das-Ans haben Hamburg das Herz, die Zukunft und die größte Gelegenheit, mit Menschen aus aller Welt friedlich zu feiern, für Generationen geraubt. Tausenden haben sie Arbeit, Antrieb für Sport und Freude, die Welt hier zu erleben, einen Job, eine Wohnung, mehr soziale Gerechtigkeit, neue S-Bahnen, neue Trainingsstätten und Millionen von Gästen und Kunden weggenommen. Und vor allem: Gastfreundschaft, Weltoffenheit und die Chance auf Milliarden echter Begegnungen und Kontakte ohne Internet-Netzwerke sind verflogen. Neuartige Spiele vor der Haustür! Puff! Weg! Aus und vorbei! Die Gelder und die ganze gigantische Vorarbeit dafür sind im Rauch der negativen Andeutungen und Halbwahrheiten geplatzt.

Marcus Schmidt, Hamburg-Volkspark

Olympia nach Griechenland!

Nach dem negativen Olympia-Referendum für Hamburg plädiere ich dafür, die Spiele an ihren Ursprung, nach Griechenland, zu verlegen, und zwar auf Dauer. Dann würden sich die Investitionen wirtschaftlich lohnen, Griechenland hätte ein positives Image, und eventuelle Skandale im Zusammenhang mit dem Austragungsort würden vermieden.

Peter Vietzen, Hamburg

Klatsche für Korruption

Ich glaube nicht, dass die Hamburger der Olympia-Bewerbung eine Absage erteilen wollten, zu groß war die Begeisterung in den Monaten zuvor. Es war vielmehr eine kräftige Klatsche für ein selbstherrliches, profitorientiertes und korruptes internationales Sportmanagement, das die Städte alle vier Jahre zu Wettbewerben anstachelt und nach den Spielen mit hohen Schulden im Regen stehen lässt. Der andere Grund für das Wahlergebnis war die Unfähigkeit der Bundesregierung, noch vor dem Wahltermin eine Kostenzusage zu machen. Sie hat den Wahltermin gekannt und trotzdem auf Zeit gespielt. Da könnte man fast auf die Idee kommen, dass dies Absicht war.

Rainer Hüls, Hamburg

Der Traum ist vorbei

Hamburg hat eine wunderbare Chance verpasst, in der Zukunft nicht nur weltweit bekannter, sondern auch moderner und schöner zu werden. Leider hat die Mehrheit diese Vision nicht gehabt, was angesichts der gegenwärtigen Probleme zum Teil auch nachvollziehbar ist. Auf jeden Fall möchte ich allen Olympia-Befürwortern danken, die sich mit so wunderbaren Ereignissen wie dem Olympia-Stadium in der Europa Passage, den Fackeln an der Binnenalster und den Olympia-Ringen auf der Stadtparkwiese engagiert haben. Sie waren Feuer und Flamme und ich mit ihnen. Schade, dass unser schöner Traum vorbei ist!

Karin Schramm, per E-Mail

Neue Wege suchen

Das sehr knappe Ergebnis gegen Olympia kann auch als Misstrauen gegen jegliche Zukunftsplanungen verstanden werden, deren erfolgreiche Umsetzung nur mit Versprechungen der heute Verantwortlichen begründet wird. Und ein Nein zu Olympia könnte auch, bewusst oder unbewusst, vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Verschuldung des Stadtstaates Hamburg gegeben worden sein. Diese Verschuldung wurde zum überwiegenden Teil mit Versprechungen in der Vergangenheit begründet, deren zugrunde liegenden Annahmen wiederholt keine erfolgreiche Finanzierung gestatteten. Und vielleicht sollte Hamburg heute eher an großen Lösungen für bestehende Entwicklungshemmnisse als an gigantischen Veranstaltungen arbeiten. Wie lange wird der Stadtstaat Hamburg die gleichzeitige Bewältigung von Landes- und kommunalen Aufgaben in hoher Qualität finanziell sicherstellen können, sodass eine erfolgreiche Entwicklung der Stadt Hamburg trotz aller nicht vorhersehbarer Unwägbarkeiten – wie die derzeitige Flüchtlingskrise und deren lange direkte und indirekte Wirkung auf den Haushalt – mit Einhaltung der Schuldenbremse möglich ist? Offenheit zeigt sich auch in der Fähigkeit, eingefahrene Wege zu überdenken und zukünftig nach vollständig neuen zu suchen. Und vielleicht spürt ein Teil der Hamburger, dass alleine das Ausrichten von Olympia auf „eingefahrenen“ Wegen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung der Stadt ­Hamburg nicht ausreichend ist. Diese wäre der „schlafenden Schönen“ so zu wünschen!

Thorsten Leplow, per E-Mail

Debakel verhindert

Sagen wir so, wie es ist: Von außen betrachtet hat Deutschland mit Hamburg (und seinen Bürgern) in einer Form abgestimmt, wie man es kaum für möglich gehalten hätte. Die Hamburger haben mit ihrem Nein ein zukünftiges Debakel verhindert. Im Übrigen sind die Erfahrungen mit Großprojekten nicht gerade eine Empfehlung für Olympia 2024 gewesen. Hinzu kommen die Milliardenkosten für die unverantwortliche Flüchtlingspolitik der Regierungschefin, die kaum abzuschätzenden Milliardenkosten für die Risiken im Zusammenhang mit der HSH-Nordbank, den Investitionsstaus bei Straßen, Schulen etc.

Klaus Hansen, per E-Mail

Bessere Argumente

Wer, bitte schön, hindert den Senat denn, seine wunderbaren Visionen umzusetzen? Wenn man Hamburg entwickeln will, dann sollte man das auch tun. Die Bevölkerung hat bestimmt nichts dagegen, wenn mehr Wohnungen gebaut oder die maroden Schulsporthallen saniert werden. Schon vor Jahren, als ich noch im Elternrat der Schule meiner Tochter war und bei der Baubehörde nachfragte, wie lange und aus welchem konkreten Grund die Schulsporthalle noch geschlossen sei und dementsprechend der Sportunterricht ausfallen würde, klagte mir der zuständige Beamte sein Leid, dass praktisch alle Hamburger Schulsporthallen völlig marode wären und ein Investitionsbedarf von rund drei Milliarden Euro bestünde, um sie zu sanieren. Aber dafür sei leider kein Geld vorhanden. Gott sei Dank gab es die Volksbefragung – bitte beschimpfen Sie jetzt nicht die Bürger, die aus gutem Grund mit Nein gestimmt haben, sondern akzeptieren Sie doch, dass die Argumente der Olympia-Gegner die besseren waren und sind.

Marie-Luise Hauch-Fleck, per E-Mail

Tiefgreifende Angst

Es ist bedauerlich, aber es zeigt sich wieder mal, dass tiefgreifender Pessimismus, Angst und Bedenkenträgerei, fehlender Einsatz für in erreichbare Nähe gerückte Ziele leider sehr verbreitet sind. Statt sich dafür einzusetzen, die Olympiade gut zu gestalten und die große Chance zu nutzen, lehnt man sich lieber im Sessel zurück und tut nichts, außer auf bestehende Missstände zu verweisen. Zu Ende gedacht: Mit dieser Einstellung kann man sich konsequenterweise auch um keine anderen Veranstaltungen in Sport und Kultur bewerben, keine Zukunftsinvestitionen durchführen.

Dr. Berthold Schwarz, per E-Mail

Anderes Selbstverständnis

Man reibt sich verwundert die Augen, wenn dort steht, dass der Bürgermeister eine schwer zu verdauende Zahl zu den Kosten bekannt gegeben hat. Im Umkehrschluss bedeutet das, der Bürger hätte doch besser im Unklaren gelassen werden sollen. Und vermutlich genauso belogen wie bei der Elbphilharmonie, wie der Verfasser an anderer Stelle andeutet. Die Eliten müssen endlich anerkennen, dass es in dieser Stadt vielfach ein anderes Selbstverständnis gibt. Manchmal ist es aus hanseatischer Sicht schon peinlich, dieses ständige Streben, sich mit Weltmetropolen zu vergleichen. Das hat Hamburg überhaupt nicht nötig. Genauso wenig, wie jedem Besucher die Aussage abzunötigen, wie großartig Hamburg doch ist.

Peter Steffen, per E-Mail

Schade für die Sportler

Vielleicht ist es ja einfach so, dass sich Olaf Scholz & Co. verzockt haben: Einerseits die Hoffnung auf große Zustimmung in der Bevölkerung, um dann die Berliner Politik zu einer Finanzierungszusage in gewünschtem Umfang zu zwingen. Frei nach dem Motto: „Bei der Zustimmung wollt ihr doch wohl keinen Rückzieher machen, oder?“ Und andererseits das laienhafte Vorgehen, ein Referendum so zu terminieren, obwohl keine Finanzierungszusage des Bundes vorliegt. Dilettantisch! Das Männer wie Alexander Otto die Spiele befürwortet haben, ist doch klar: Mit der ECE und anderen Immobilienprojekten würde er zu den Gewinnern zählen. Schade ist es für Enthusiasten wie die Gebrüder Braun vom Miniatur Wunderland und die Sportler.

Heinz N. Fischer, Hamburg

Folgen werden nachwirken

Nicht nur eine verpasste Chance. Es ist ein arroganter Tiefschlag nicht allein gegen den deutschen Sport, sondern gegen den Sprung der Stadtentwicklung aus dem Korsett der Provinz in eine weltweite Wahrnehmung. Es war ein niederländischer Europaabgeordneter, der mir Ende der 80er-Jahre im Wettlauf der Hafenstädte Rotterdam und Hamburg den Blick auf eine ganz andere Ebene richten ließ. Wir im Norden müssten zusammenhalten. Die Herausforderung käme aus dem Süden. Barcelona 1992, das wäre mehr als ein großes Sportfest. Die Olympischen Spiele dort seien ein Aufbruchsignal für einen neuen Wirtschaftsraum um diese Stadt, der „Sunshine Region“. So besuchte die CDU-Bürgerschaftsfraktion 1990 Barcelona. Wir wollten an der „Second City“ Maßstab nehmen, und ab da wuchs der Gedanke um eine Olympia-Bewerbung der „Second City Hamburg“, die nun nach 2003 zum zweiten Mal scheiterte. Beide Male fehlte bei der Bewerbung eine ausreichende wirtschaftspolitische Einordnung. Statt vielleicht einmal die katalanische Hauptstadt zu besuchen und dort den Profit als Olympia-Stadt zur Kenntnis zu nehmen, siegte mal wieder die genügsame Selbstbespiegelung der hiesigen Organisatoren. Das „Tor zur Welt“ bleibt geschlossen, wie es das Stadtwappen zeigt. Ein deprimierender Schlag für Hamburg. Die Folgen werden lange nachwirken und noch spürbar sein, wenn die kleinkarierten Rumpelstilzchen der „NOlympia“ ihren Tanz auf den Bildschirmen längst beendet haben.

Peter Schmidt, Wedel

Zukunft als Provinznest

Hamburg ist eine schöne Stadt, eine Stadt voller Tradition und Historie. Seit heute erscheint Hamburg aber in einem neuen Licht. Es fehlt an Visionen, an Mut und an Entschlossenheit. Die Menschen haben sich von akuten Problemen beeinflussen lassen, die in neun Jahren aller Voraussicht nach an Bedeutung verloren haben oder gelöst sein werden. Nur fehlte den Hamburgern die Weitsicht, dies zu erkennen. Anstatt Hamburg der Welt zu präsentieren, die von Deutschland vorgelebte Weltoffenheit weiterzutragen und gleichzeitig einen neuen Stadtteil sowie den Sprung über die Elbe zu schaffen, hat Hamburg sich jetzt entschieden, ein Provinznest zu bleiben. Gegen Zukunft, gegen Entwicklung. Hätte das Referendum vor einem Jahr stattgefunden, wäre die Zustimmung überwältigend gewesen.

Ralf Schausten, per E-Mail

Die weite Welt ist woanders

Wer die Welt(städte) sehen will, muss aus Hamburg weg. Zum Beispiel nach München, das durch Olympia 72 erst zur Weltstadt wurde. Hamburg hat gegen Olympia 2024 gestimmt. Der Grasbrook bleibt versiegelt, der erste barrierefreie Stadtteil der Welt wird nicht realisiert, 8000 Wohnungen werden nicht gebaut, der Breitensport bekommt keine neuen oder renovierten Einrichtungen, Tourismus wird kein zweites Standbein der Wirtschaft. Viele Arbeitsplätze werden ebenso nicht entstehen wie die U4 über die Elbe oder die S4 ins Umland. Ich war nie ein Freund von Volksabstimmungen. Will man wirklich Menschen über elf Milliarden Euro Investitionssumme abstimmen lassen, von denen zehn Prozent erst in der Lage sind, eine korrekte Briefwahlstimme abzugeben, wenn man ihnen im Video und Fotos erklärt, wie das geht? Solche Menschen sind fahrlässig genug, dagegen zu sein, für jeden investierten Euro sechs vom Bund dazuzubekommen. Eines ist sicher: Diese Chance kehrt nie wieder. Erstens ist Europa erst mal nicht mehr dran, und zweitens wird kein Politiker sich noch mal die Blöße geben, sich an diesem Thema die Finger zu verbrennen. In neun Jahren werden viele der Nein-Sager Olympia im Fernsehen schauen und es bedauern, weil Fragen wie der Pariser Terroranschlag oder die Flüchtlingsbewegung, die ihre Entscheidung jetzt bestimmt haben, schon lange kein Thema mehr sein werden. Dann werden die ­Medien voll des Lobes sein über das von Thomas Bach reformierte, transparente IOC. So, liebe Hamburger, ­werdet ihr immer Provinz bleiben! Die weite Welt ist woanders.

Ralf Wenzel, Hamburg

Ich bin sehr betrübt

Die Pessimisten haben in Hamburg gewonnen. Ich bin sehr betrübt.

Günter Weise, Hamburg