Wissenschafts-Provinz

12. Oktober: Die Stadt der Pfef­fer­sä­cke. Hamburg ist keine Stadt der Wissenschaft. Sogar ihre Nobelpreisträger hat sie vergessen

Hamburg als „Stadt der Wissenschaft“? Das ist wohl ein verspäteter Aprilscherz. Als erstes müssten sich dazu die politischen Verantwortungsträger von der Hörigkeit gegenüber der Handelskammer, den Wirtschaftslobbyisten und der „Hamburger Gesellschaft“ verabschieden. Ob das gelingt? Was hätte man mit 800 Millionen Euro für die Wissenschaft tun können, anstatt ein Konzerthaus für die Schickeria zu bauen. Allerdings gibt es auch ein Problem auf der anderen Seite. Zumindest in einigen Bereichen der Universität haben sich Wissenschaftler gemütlich eingerichtet, arbeiten vordringlich kleingeistig und provinziell an der Stabilisierung ihrer persönlichen Hoheitsgebiete und streiten vorwiegend um das knappe Geld, anstatt Konzepte zu entwickeln, wie die Forschung durch gemeinsame Anstrengung auf ein international sichtbares Level gehoben werden kann. Natürlich hängt das wesentlich ab von den beteiligten Personen, aber deutlich unterschiedliche Bewertungen und Förderungen für diejenigen, die mitziehen gegenüber den eher traditionell Orientierten könnte vielleicht hilfreich sein.

Erhard Haupt, Pinneberg

Ärgerliche Karikatur

12. Oktober: Lesermeinung zur TTIP-Karikatur auf Seite zwei

Über die Karikatur auf Seite zwei habe ich mich sehr geärgert. 250.000 Menschen sind auf die Straße gegangen und haben gegen das geplante Abkommen TTIP demonstriert, das Wirtschaftsinteressen höher stellen will als demokratische Entscheidungen. Sie kommentieren das in der Karikatur, als wenn die Demonstranten nicht wüssten, wofür sie demonstrieren und nur hinterherlaufen. Sie versuchen damit die vielen Menschen, die sich für demokratische Errungenschaften einsetzen, für dumm zu erklären. Ich finde das sehr ignorant.

Burkhard Arrenberg, per E-Mail

Asyl oder Einwanderung?

10./11. Oktober: Vor­ur­teile gegenüber Flücht­lin­gen – was steckt wirklich dahinter?

Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass vieles vermischt wird. Es wird von Flüchtlingen gesprochen, Zuwanderern und Einwanderern. Derzeit sind viele Menschen aufgrund von Krieg und Verfolgung auf der Flucht. Diese Menschen beantragen Asyl, also Schutz vor Verfolgung und bitten um eine (temporäre) Aufnahme. In unserem Land macht man automatisch Zu- oder Einwanderer aus ihnen, ohne zu wissen, ob die Flüchtlinge das überhaupt wollen. Sie werden auch nicht gefragt. Wir sollten ein Einwanderungsgesetz haben, damit definiert werden kann, wer einwandern darf, wen unser Land sucht. Unabhängig davon müssen wir auch Asyl gewähren, nämlich temporären Schutz, in der Hoffnung, dass in der Zukunft in den Herkunftsländern wieder Frieden herrscht. Wenn das dann so ist, sollten die Flüchtlinge die Möglichkeit haben, in ihre Kultur zurückkehren zu können. Ihr Land wird sie dann bestimmt dringend brauchen. Ich bin wie der Islamwissenschaftler Guido Steinberg fest davon überzeugt, dass sich nicht alle an unsere Kultur werden gewöhnen können. Um einzuwandern, müssten sie sich aber nicht nur daran gewöhnen, die deutsche Kultur müsste dann zu großen Teilen auch die eigene werden. Unser Grundgesetz, die Gleichheit von Mann und Frau und die Trennung von Religion und Staat sind nicht diskutabel, denn darum ist unser Staat so, wie er ist. Und nur weil er so ist, kann man hier Schutz bekommen. Von einem Einwanderer kann unser Staat schon verlangen, dass er nachweist, dass er sich diese Werte zu eigen macht und auch die Landessprache lernt. Von einem Asylanten nicht. Wer seinen Wunsch von reinem Asyl zu Einwanderung verändert und die Einwanderungsvoraussetzungen erfüllt, sollte einwandern können. Falls nicht, muss das Asyl enden, wenn der Asylgrund nicht mehr besteht.

Thomas Runde, per E-Mail

Groteske Vorschläge

10./11. Oktober: Aus ,Not­wehr‘: Seehofers Angriff auf die Kanzlerin

Ganz sicher muss über den anhaltenden Zustrom von Asylsuchenden und die Folgen diskutiert werden. Manche grotesken Ideen halte ich allerdings für höchst unverantwortlich. Diese Art der herausposaunten Vorschläge ist überflüssig, wenig durchdacht und offenbar nur für Stammtische und Bierzelte bestimmt. Sie schüren Ängste und liefern rechtsradikalen Hetzern willkommene Argumentationshilfe. Es ist gewiss nicht zu viel verlangt, dass sich verantwortungsbewusste Politiker zusammensetzen, um endlich bundesweit tragfähige Lösungen für eine vernünftige Unterbringung, ärztliche Betreuung, Bildung sowie Integration zu finden, um sie danach gemeinsam zu verkünden. Angst macht mir weniger der Zustrom Hunderttausender Flüchtlinge. Das unverantwortliche Geschwätz etlicher Politiker, ihre lähmende Entscheidungsschwäche und die Vertagung heikler Themen – all das ist viel katas­trophaler.

Volker Deising, per E-Mail

Mehr Transparenz

9. Oktober: ,Hamburg braucht Strom aus Moorburg‘. Pieter Wasmuth, Vattenfall-Chef für Norddeutschland, über das umstrittene Steinkohlekraftwerk

Vattenfall-Chef Wasmuth verschweigt leider, was Hamburg viel nötiger braucht als Strom aus Moorburg, und zwar ein klimaverträgliches Wärme- und Fernwärmekonzept. Trotz Volksentscheids zum Rückkauf scheint Vattenfall die stadtteilbezogenen Wärmebedarfe und Parameter für die Fernwärmeversorgung in Hamburgs westlichen Stadtteilen als „schwedisches Staatsgeheimnis“ zu behandeln. Eine rationale Entscheidung bis Ende des Jahres über ein richtig dimensioniertes Ersatzkraftwerk in Wedel oder Stellingen ist so nahezu unmöglich. Die Zeche für den Informationspoker werden nicht nur die Fernwärmekunden, sondern alle Hamburger samt der über 3000 Vattenfall-Beschäftigten zahlen. Ohne Transparenz wird es sehr, sehr teuer für uns alle. Auch weil wir ab dem 1.1.2016 – ohne Entscheidung für oder gegen einen Ersatzneubau – aufgrund der von den Vattenfall-Anwälten genial ausgehandelten Verträge den Rückbau des alten HKW-Wedel allein bezahlen sollen.

Dr. Kai Hünemörder, per E-Mail