Mangelnde Führungsqualität

17. Juni: Wer hilft Grie­chen­land hoch? Im Schuldendrama geht es aufs Finale zu. Nächstes Treffen der Euro-Gruppe an diesem Donnerstag

Soweit ich es begriffen habe, wissen weder die Politiker in Berlin und Brüssel noch die sogenannten Wirtschaftsweisen, welche gravierenden Folgen ein „Grexit“ für die eine oder andere Seite haben könnte. Wie auch? Es gibt keinen Präzedenzfall. Einig ist man sich nur darüber, dass es – so oder so – für alle übel ausgehen könnte. Wenn das so ist, ist es eigentlich völlig gleichgültig, welche Entscheidung getroffen wird. Nicht gleichgültig ist allerdings, ob sich unsere Politiker ständig um eine Entscheidung herumdrücken, sich vorführen und erpressen lassen und keine klare Stellung beziehen, weil man sich die politische Verantwortung für ein mögliches Desaster nicht anlasten lassen möchte. Das zeugt von wenig Führungsqualität. Keine Entscheidung ist immer die schlechteste Entscheidung. Und wie sich da unsere Kanzlerin und unser EU-Parlamentspräsident immer wieder zu neuen Zugeständnissen nötigen lassen, macht sie – aus meiner Sicht – in Zukunft nicht mehr wählbar. Dieser Vertrauensverlust in die „eigenen Führungsqualitäten“ in Brüssel und Berlin ist letztlich viel gravierender als ein „Grexit“.

Klaus Hofhansl

Marshall-Plan für die Griechen

Niemand weiß, welche Folgen ein „Grexit“ für Europa haben würde; für die Griechen wäre es sicherlich ein Drama. Ich denke, dass Europa stark genug und fähig wäre, Griechenland mit einer Art Marshall-Plan, mit Investitionen, Aufbau einer schlanken, effizienten Verwaltung und deren Durchsetzung zu helfen, die Probleme in den Griff zu kriegen. Auf der anderen Seite ist Griechenland inzwischen so gefährdet, dass es eine Abtretung der hierfür erforderlichen Kompetenzen an Europa zustimmen könnte. Allein, so habe ich den Eindruck, schaffen es die Griechen nicht, auch nicht mit Schuldenschnitt und weiteren Krediten. Die Kosten eines solchen Marshall-Plans wären eine gute Investition in die Zukunft Europas. Weitere Kredite, die nie zurückgezahlt werden können, wären sinnlos, auch für Griechenland.

Frank Beschel

Zweimal zum Opfer werden

17. Juni: Strafe für Tugçes Tod: Täter muss drei Jahre ins Gefängnis

Opfer und Opferfamilien werden in diesem Land und bei „diesen“ Richtern – meinen Kollegen – leider sehr oft zweimal zum Opfer: einmal am Tatort und einmal im Gerichtssaal. Die Entscheidungen sind häufig nicht nachvollziehbar und dem Volk, in dessen Namen Urteile verkündet werden, nicht vermittelbar. Von Richtern wird „Gnade vor Recht“ geübt, um es harmlos auszudrücken. Dabei haben wir hierfür nicht ohne Grund eine Gnadenbehörde.

Matthias Teichner, Rechtsanwalt

Essen, nur um satt zu werden?

13./14. Juni: Für mich ist Saure-Gur­ken-Zeit. Wie mir die Gourmetkolumne von Jürgen Dollase auf den Magen schlägt

Auf seine Art beleuchtet der Artikel si­gnifikant das merkwürdige Verhältnis der Deutschen zur Kulinarik. Lebensmittel müssen supergünstig sein – mit den bekannten Folgen. Gegessen wird, um satt zu werden. Zum Mitreden reicht der Konsum höchst fragwürdiger TV-Kochsendungen. Man muss nun kein Fan der höchst artifiziellen Sprache von Dollase sein, aber wenn es über die Currywurst hinausgeht – Deutschlands beliebtestes Kantinenessen –, ist Schluss mit lustig, und es wird verbal ausgekeilt. Schade, dass das Abendblatt dem auch noch Vorschub leistet, anstatt darüber aufzuklären, dass Kulinarik auch unter mannigfaltigen kulturellen Aspekten betrachtet werden kann.

Heinz Kirchhoff

Erbärmliches Saisonende

16. Juni: Tuchel flog auf HSV-Kos­ten zu Kühne nach Mallorca

Wer die Kartenpreise für Behinderte verdoppelt, dafür aber Herrn Tuchel im Privatjet nach Mallorca für 20.000 Euro auf Vereinskosten einfliegen lässt, muss sich nicht darüber wundern, der unbeliebteste Verein der Bundesliga zu sein.Ein erbärmliches Ende einer weiteren Horrorsaison.

Reinhard Kupfernagel

Angebot unbedingt annehmen

13./14. Juni: Kommt die ,Peking’ in den Ofen? Viermaster soll abgewrackt werden. Um ihn für ein Hamburger Museum zu retten, fehlt eine Million Euro

Weltweit gibt es nur noch zwei P-Liner, die bei Blohm + Voss gebaut wurden. Die „Passat“ steht seit 1978 unter Denkmalschutz und ist eines der Wahrzeichen von Lübeck-Travemünde. Lübeck leistet sich dieses Schiff trotz leerer Kassen. Und was macht die reiche Weltstadt Hamburg, wenn ein zweites Schiff dieser legendären P-Liner als Geschenk angeboten wird? Nichts! Da werden die ach so stolzen und reichen Hanseaten zu Kleinkrämern. Nur, wenn es um die überflüssige Busbeschleunigung und um Radstreifen geht, wird das Geld nur so zum Fenster rausgeworfen. Warum sollte sich Hamburg auch ein maritimes Denkmal zulegen, Denkmalschutz wird in der Hauptstadt der Pfeffersäcke sehr klein geschrieben. Die „Peking“ ist nicht die „Mayflower“, hat also für New York keine große Bedeutung. Beschämend, wenn Hamburg dieses einmalige Angebot nicht annehmen würde.

Paul Koopmann

Bürgernähe zahlt sich aus

11. Juni: Zwei Monate warten auf Termin im Amt. Wer sich ummelden oder einen Pass beantragen will, braucht wegen Personalmangels Geduld

Regierungen überlegen sich, wie sie mehr Bürger an die Wahlurnen bringen. Am besten dadurch, dass sie ihre Bürger gut behandeln. Die Ausdünnung der Ortsämter mit der Folge ellenlanger Wartezeiten und mangelnder Ansprechpartner gehört nicht dazu. In Bramfeld wurde sogar trotz vielfältiger Bürgerproteste die Sozialabteilung aufgegeben mit der Folge, dass nun Alte, Gebrechliche und Bedürftige nach Wandsbek fahren müssen. Nach Abmachung eines weiträumig vereinbarten Termins natürlich. Bürgernähe kostet, aber zahlt sich auch aus.

Irene Köster