Rechenschaft schuldig

22. April: Der Buch­hal­ter von Auschwitz bittet um Vergebung

Es ist richtig, dass die Mitverantwortlichen für die vielen Untaten, die im Dritten Reich begangen wurden, vor allem die Morde an den Menschen jüdischen Glaubens, zur Rechenschaft gezogen werden. Darum geht es: Rechenschaft. Die Frage der angemessenen Strafe ist meines Erachtens davon losgelöst zu sehen. Ich gönne den Opfern, die heute noch leben, den aktuellen Prozess, der in Lüneburg stattfindet. Er stellt auch die Möglichkeit für den Täter dar, sich schuldig zu bekennen, Reue zu zeigen und sich bei den Opfern zu entschuldigen. Das alles sollte nicht dem „Jüngsten Gericht“ überlassen bleiben. Schade nur, dass andere Opfer nicht Gleiches erfahren haben und erfahren. Ich denke dabei an meinen Vater und seine sudetendeutschen Landsleute, die unter menschenverachtenden Umständen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

Matthias Teichner

Kleiner Befehlsempfänger

Der Prozess gegen den „Buchhalter von Auschwitz“ – einer von 60 Verwaltungsleuten dort – erinnert mich an politische Schauprozesse in totalitären Staaten wie der ehemaligen DDR. Es sträubt sich mein Rechtsempfinden dagegen, dass man einen 93-Jährigen 70 Jahre nach Kriegsende vor Gericht zerrt. Mir scheint, wieder einmal braucht unsere Justiz ein Feigenblatt und tobt sich mit übertriebenem Aufwand an einem kleinen Befehlsempfänger aus, um zu bemänteln, dass sie nach 1945 die wirklich Schuldigen laufen ließ. Wer hat sich wie Oskar Gröning schon als schuldig bekannt? Ihm gilt meine Sympathie, und ich wünsche ihm einen glücklichen Ausgang des Prozesses und noch ein paar frohe Lebensjahre – er hat durch seine Reue seinen Anteil an der „Aufarbeitung“ der Nazizeit bereits geleistet.

Heinrich Schürmann

Für Täter die Rente bezahlt

Selbstverständlich macht es Sinn, einem betagten Pensionär heute noch den Prozess zu machen. Ich selbst bin Jahrgang 1940 und habe 45 Jahre gearbeitet, und es treibt mich heute noch um, dass ich mit meinen Beiträgen in die Rentenkasse all jenen die Rente mitfinanziert habe, die sich während des Dritten Reichs schuldig gemacht haben und niemals zur Rechenschaft gezogen wurden.

Maxi Stobbe

Keine faulen Kompromisse

21. April: Wie lange sehen wir noch zu? Europas Minister beschließen Zehn-Punkte-Plan nach Flüchtlingsdramen im Mittelmeer

Wir müssen nicht nur die Flüchtlinge gerechter verteilen, sondern vor allem die Ursachen der Flucht bekämpfen. Wir müssen uns für Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit in den Heimatländern der Asylbewerber einsetzen, dürfen keine faulen Kompromisse, keine Geschäfte mit Tyrannen machen. Da geht es um unsere Glaubwürdigkeit als Humanisten, aber auch um die Entlastung unserer Gemeinden, die mit der Betreuung der zu uns Kommenden oft überfordert sind. Militäreinsätze dürfen immer nur allerletztes Mittel sein, sind ja an sich moralisch wie völkerrechtlich fragwürdig und haben, was die Beispiele Irak und Afghanistan zeigen, nur sehr begrenzten Erfolg. Wirksamer sind Wirtschafts-, aber auch die leider selten verhängten Sportsanktionen, die Stärkung der liberalen Kräfte vor Ort. Hierzu braucht es freilich einen langen Atem. Alle Maßnahmen der westlichen Welt bleiben fruchtlos, wenn die Machteliten in Schwarzafrika, der arabischen Welt oder Asien versagen, und eben hier sehe ich das Hauptproblem. Wir können letztlich nichts erzwingen.

Christian Fuchs

Politik muss ehrlich sein

22. April: Parlament kämpft gegen Lan­ge­weile. Alle Fraktionen sind sich einig, dass die Bürgerschaft reformiert werden muss

Eine Reform der Bürgerschaft ist per se eine gute Idee, eigentlich sollte sich diese Institution ständig reflektieren und der gesellschaftlichen Realität anpassen. Was wir jedoch brauchen, ist kein Kasperletheater, sondern wahrhaftige und ehrliche Politik, die auf Scheingefechte und Geklüngel verzichtet und dafür dem Bürger Lösungen und echte Alternativen aufzeigt.

Peter Baasch

Geld für geschädigte Anleger?

21. April: 8,5 Jahre Haft für Ex-Wölbern-Chef. Landgericht Hamburg verurteilt den Arzt und Unternehmer wegen Untreue in 327 Fällen

Als eine direkt Betroffene vermisse ich die Erörterung der Frage, wie es für die geschädigten Anleger weiter geht. Werden Villa, Yacht und sonstige Luxusgüter aus dem fremdfinanzierten „Privatvermögen“ des Herrn Schulte zur Schadensbegrenzung liquidiert, um damit seine Schulden bei den geprellten Anlegern zu begleichen? Oder wird Herr Schulte Privatinsolvenz anmelden, um dann, nach Verbüßung der Haftstrafe, schuldenfrei dazustehen? Angemessen wäre es, wenn Herr Schulte bis ans Ende seiner Tage für alle durch ihn veruntreuten Gelder bis auf Euro und Cent aufzukommen hätte. Auch dann würde er seine Tage wohl nicht bei Wasser und Brot fristen müssen.

Regine Witte

Fahrschein mit Toilettenchip

21. April: Die teuren Toiletten der AKN. Bahn-Unternehmen orderte neue Fahrzeuge ohne WCs

Wer mit Umsteige- und Wartezeiten mehr als eine Stunde mit dem HVV unterwegs ist, muss die Möglichkeit haben, eine saubere und funktionierende Toilette zu benutzen. Wenn nicht in den Zügen, dann an einer Haltestelle. Dabei sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Benutzung im Fahrpreis inbegriffen ist, schließlich zahlt man die Möglichkeit der Toilettenbenutzung schon seit Bestehen der Eisenbahn mit der Fahrkarte. Technisch ist es kein Problem, Zeitkarten und andere Fahrscheine mit einem Zugangschip für Toiletten auszurüsten. Es ist ein Skandal, dass Toiletten im öffentlichen Bereich im 21. Jahrhundert in Hamburg schlechter als im 19. Jahrhundert erreichbar und gepflegt sind. Dies schadet der Gesundheit vieler Menschen, es schadet auch dem Ansehen Hamburgs.

Michael Rothschuh