Schriftgut belassen, wie es ist

30. März: Neue Über­set­zung: Luthers Bibel soll weib­li­cher werden

Sehr richtig: Die Lutherbibel ist eine theologische und kulturhistorische Kostbarkeit. Deshalb sollte sie auch nicht willkürlich „gendergerecht“ verändert werden. Was ist falsch am historischen Wortstamm „Weib“ und warum muss es jetzt „Brüder und Schwestern“ heißen? Glauben die Professoren wirklich, damit neue Leserkreise zu gewinnen, indem traditionelle Prinzipien verworfen werden? Wann wird damit begonnen, Goethe und Schiller gendergerecht zu überarbeiten? Wir sollten stolz auf unser historisches Schriftgut sein und es so belassen, wie es einst geschaffen wurde.

Axel Schulz

Abbildung nicht passend

Ihr Bericht über eine erneute Textrevision der Luther-Bibel wird mit einer großen Abbildung aus der schon 1533 in Lübeck bei Ludwig Dietz gedruckten niederdeutschen Bibelfassung illustriert, die Johannes Bugenhagen ins Niederdeutsche übertragen hatte. Diese Sprachversion war nötig, um die Leser in Norddeutschland zu erreichen. So gut gestaltet diese Ausgabe auch ist, so wenig passt die Abbildung zum Text des Artikels, der die 1534 veröffentlichte oberdeutsche Version der ersten durch Luther und seine Mitarbeiter erarbeiteten vollständigen Bibelübersetzung meint. Man hätte also eine Abbildung dieser Bibel wählen sollen. Vor einigen Jahren hat ein Kölner Verlag die 1534 gedruckte vollständige Lutherbibel nach einem Exemplar mit kolorierten Illustrationen faksimiliert veröffentlicht. Bei den jetzt zu revidierenden Bibeltexten geht es um die durch fast fünf Jahrhunderte tradierten Texte, die auch in der Version von 1984 schon mehr oder weniger stark vom Luthertext der Ausgabe von 1534 abweichen. Solange Luther lebte, hat er seine eigene Übersetzung ständig revidiert. Man muss abwarten, was diese neue Textrevision bringen wird.

Henning Wendland

Privatsphäre schützen

28./29. März: Airbus-Tragödie. Co-Pilot war am Flugtag krankgeschrieben. Airlines verschärfen Sicherheitsregeln

Als ich am Sonnabend vor den Zeitungsregalen im Supermarkt stand und überall das Foto des jungen Co-Piloten der Unglücksmaschine sah und seinen vollständigen Namen las, schauderte es mich. Gibt es denn in diesen Zeiten kein Halt mehr vor der Privatsphäre? Ich finde, die Grenzen des Voyeurismus werden derart überschritten, dass ich es kaum aushalten kann. Die Berichterstattung des Hamburger Abendblattes fand ich angemessen, sachlich und informativ, denn natürlich hat auch mich dieses große Unglück mitgenommen und mich vor viele offene Fragen gestellt, auf die ich Antworten suche.

Andrea Popp

Verfahren ändern

Der Co-Pilot hat seine Krankschreibung nicht an seinen Arbeitgeber weitergeleitet und sich trotz seiner Krankheit zum Flug einteilen lassen. Hier muss eine grundlegende Änderung einsetzen, und zwar, dass der „gelbe Zettel“ nicht dem Patienten ausgehändigt, sondern vom ausstellenden Arzt direkt an den Arbeitgeber des Kranken geschickt wird. Dieses Verfahren wird sicher einen vielfältigen Aufschrei des Protestes der um ihre Kompetenzen bangenden sogenannten Datenschützer nach sich ziehen. Man sollte aber bedenken, bei dieser Verfahrensweise wären nicht 150 Menschen zu Tode gekommen, und den Angehörigen wäre unendliches Leid erspart geblieben.

Laurenz Löwe

Eile ist ein schlechter Berater

27. März: Carola Veit warnt vor Schwächung des Parlaments. Die Bürgerschaftspräsidentin über Chancen und Risiken der Volksbefragung zu Olympia

Die Bürgerschaft plant derzeit im Fahrwasser der Olympiabewerbung eine Verfassungsänderung, deren Reichweite deutlich über das hinausgeht, was selbst die größten Anhänger der Idee „direkte Demokratie“ zu träumen gewagt hätten. Wieder einmal ist die Bürgerschaft weniger Handelnde als Getriebene, nur dass es dieses Mal nicht die Initiative „Mehr Demokratie“ ist, die zum Handeln drängt, sondern der Zeitdruck der Bewerbungsfristen. Eile ist nur leider gerade in Verfassungsfrage der schlechteste aller Berater. Es muss noch einmal betont werden: Elemente sogenannter „direkter Demokratie“ geben denjenigen eine zusätzliche Handlungsoption in die Hand, die ohnehin in der Lage sind, sich politisch Gehör zu verschaffen. Dies bedeutet am Ende weniger und nicht mehr Demokratie, weil nur die gebildete Schicht Hamburgs Know-how und finanzielle Mittel zur Verfügung hat, die plebiszitären Elemente effektiv zu nutzen. Zudem liegt eine eklatante Verletzung des Grundsatzes vor, dass politische Macht immer auch mit politischer Verantwortlichkeit einhergehen muss.

Dr. Tim Schurig

Deutschland wird vorgeführt

27. März: Kraftwerk Moorburg. EU verklagt Deutschland

Hier wird der mit Abstand größte EU-Beitragszahler vorgeführt. Fauna und Flora sind zweifelsohne wichtig – aber nicht um jeden Preis.

Michael Maas

Würde des Kranken wahren

25. März: Demenz – was ist schon normal? Alterserkrankungen sind derzeit Thema in vielen Buchpublikationen

Ich halte es für unvertretbar, dass Angehörige die Krankheit eines nahen Angehörigen in Form eines Buches in die Öffentlichkeit bringen. Aber es scheint ja zurzeit in Promikreisen schick zu sein, über diese traurige Krankheit seiner Angehörigen zu berichten. Ich weiß, wovon ich rede, da ich selbst eine an Alzheimer erkrankte Mutter hatte. Für meine Mutter – und unsere Familie – wäre es unvorstellbar gewesen, hierüber zu berichten. Es ist doch schöner, einen Menschen so in Erinnerung zu behalten, wie er einmal war. Durch Fachliteratur und das Internet sind wir alle in der Lage, uns über diese persönlichkeitszerstörende Krankheit ein Bild zu machen. Die Würde eines jeden Menschen muss gewahrt bleiben – der Alzheimerkranke kann nicht mehr darüber entscheiden, ob er es schön finden würde, so an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden.

Evelyn Meister