Gewünscht: mutige Imame

8. Januar: Leitartikel „Feinde der Freiheit“

Angesichts der schrecklichen Verbrechen, die sogenannte Islamisten im Namen des Islam verüben, muss es doch der Mehrheit der in unserer Gesellschaft lebenden Muslime und besonders ihrer religiösen Repräsentanten unerträglich geworden sein, wenn ihre Religion als Legitimation für Mord und Terror missbraucht wird. Ich vermisse konkreten, von den Muslimen selbst organisierten Widerstand gegen ihre vermeintlichen Glaubensbrüder. Warum rufen die Muslime, die sich attestieren, gut integriert zu sein und das Grundgesetz nicht nur zu akzeptieren, sondern auch schützen zu wollen, nicht zu entsprechenden Demonstrationen auf? Muslime könnten so aktiv auch aus einer Opferrolle heraustreten und die für unsere Gesellschaft unverzichtbare Meinungsfreiheit und alle anderen Grundlagen unserer vergleichsweise freiheitlichen Gesellschaft – wie auch das Recht auf freie Religionsausübung – verteidigen. Damit könnte Pegida und anderen, die dem Islam die Unverträglichkeit mit freien demokratischen Gesellschaftsordnungen unterstellen, wirksam begegnet werden. Ich hoffe, nicht naiv zu sein, wenn ich mir wünsche, dass sich angesichts des unterstellten steigenden Handlungsdrucks mutige Imame in Hamburg und anderswo finden, die zu entsprechenden Protesten aufrufen.

Dr. Matthias Heinold

Nicht gegen den Islam

Hätten Sie einige Hefte mehr von „Charlie Hebdo“ gelesen, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass diese Satirezeitschrift nicht islamkritisch ist, was ja keineswegs einen Mord rechtfertigt, sondern religionskritisch. Alle Religionsgemeinschaften wurden hier kritisch durch den Kakao gezogen. Als freier Journalist in einem Land, in dem Meinungsfreiheit ein Grundrecht ist, sollte man auch die Täter nennen dürfen. Es waren keine katholischen Franzosen, auch keine jüdischen Franzosen, es waren muslimische Franzosen mit algerischem Migrationshintergrund. Schuldig sind nur die Täter und nicht irgendwelche Religionsangehörige.

Gerd Kelch

Überreagieren ist falsch

9. Januar: „Nach Terroranschlag in Paris: Die ganze Welt ist Charlie“

Ich kann nur davor warnen, in der Gemengelage mit Pegida und dem Mordanschlag auf „Charlie Hebdo“ zu reagieren wie die Amerikaner nach 9/11: durch Aufhebung demokratischer Regeln. Wir in Europa haben das nicht nötig. Unsere Demokratien sind wehrhaft, unsere Rechtsstaaten gefestigt. Wir fangen die Mörder mit Polizeiarbeit und erhöhter Wachsamkeit aller Bürger und zeigen ihnen die Härte des Gesetzes für Menschen, die aus niederen Beweggründen morden. Wir sollten uns nicht auf deren Niveau begeben – auch wenn es Pegida und wohl auch die AfD mit Angstschüren oder die CSU mit der alten Forderung nach Datenspeicherung tun.

Michael Maresch

Weltweit erlebte Toleranz

Auf vielen Reisen habe ich auch die Weltreligionen näher kennenlernen dürfen. Im Buddhismus stehen jedem Besucher die Klostertüren offen, und jeder ist zur Besichtigung heiliger buddhistischer Stätten herzlich willkommen. In Indien vor einem Hindu-Tempelkomplex kam ein Inder auf uns zu: „Ich würde euch gern den Tempel zeigen.“ Bei uns klingelten die Bakschisch-Glocken. Er fügte hinzu: „Ich möchte kein Geld. Ich möchte nur, dass ihr, wenn ihr als Christen kommt, als bessere Christen geht.“ Verschleierte Frauen in Pakistan murmelten: „Unsere Zeit wird kommen.“ In Saudi-Arabien (80er-Jahre) durfte keine Bibel, kein Kreuz mitgebracht werden; an Mekka führte die Straße für Touristen kilometerweit vorbei. Die Türkei war da (80er/90er) schon sehr viel toleranter.

Gunther Niemann

Vorauseilende Selbstzensur

All die Lichterketten mit ihren „Ich bin Charlie“-Pappschildern lassen nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Charlie Hebdo“ und ganz wenige Zeitungen weltweit überhaupt die dänischen Mohammed-Karikaturen veröffentlichten. Das Massaker in Paris wird zu noch mehr Selbstzensur der westlichen Medien führen nach dem Motto: Verspottung des Christentums und des Judentums durch Satire? Sehr gerne, aber wenn du etwas über den Islam sagst, bringen sie dich um. Ein kleines französisches Satiremagazin trug fast die ganze Last auf seinen Schultern. Paris war auch kein Angriff auf unsere sogenannte freie Presse. Es war ein Angriff auf wenige Journalisten, die wussten, dass ihre Arbeit für sie den Tod bedeuten konnte. Nicht den Tod in Kabul, sondern mitten in Europa. Fast alle anderen Journalisten waren da schon in vorauseilendem Gehorsam eingeknickt und übten sich in Selbstzensur. Die Selbstzensur wird natürlich nicht als solche benannt, sondern man redet viel über Respekt, ein tolerantes Verständnis aller Religionen und Kulturen und einen interkulturellen Dialog. Das hört sich dann viel hübscher an als Selbstzensur.

Simon Löffler

Mitleid mit Muslimen?

Müssen wir nicht sogar Mitleid mit den Angehörigen einer Religion haben, die mögliche Minderwertigkeitsgefühle offensichtlich mit Gewalt gegen Andersgläubige ausgleichen müssen? So, wie während des Dritten Reichs nicht alle Deutschen Nazis waren, so sind jetzt natürlich auch nicht alle Muslime Faschisten. Aber einige wenige entrückte Islamisten reichen aus, um ihre Religion in die ideologische Nähe von Faschismus und Intoleranz zu bringen.

Corto Maltese

Wer gewinnt am Ende?

9. Januar: Leitartikel „Kampf der Kulturen“

In einigen Aussagen ist Herr Frankenfeld inkonsequent. Wenn der Islam seine Anpassung und Loslösung von mittelalterlichem Denken noch vor sich hat, sind Bewegungen wie Pegida kein groteskes Missverständnis. Geschichte lehrt, dass die gewinnen, die ihre Ideen kämpferisch durchdrücken und Jugend hinter sich haben. Der Westen hat nur Toleranz zu bieten. Die Schere zwischen einem System, das satt ist und alles bis zur Beliebigkeit toleriert, öffnet sich immer weiter. Wir sind wirklichen Existenzkampf nicht mehr gewohnt. Bei über sieben Milliarden Menschen ist der aber wohl unvermeidlich.

Jürgen Schmidt

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