Keine Kultur des Scheiterns

8. Dezember: „Die De-Industrialisierung in den Köpfen. Das Land der Tüftler und Ingenieure verkommt zur Nation der Models und Superstars“

Mit der Nicht-Wertschätzung der Produktion und Industrie zerstören wir – wie Matthias Iken deutlich beschreibt – unsere gesellschaftliche Basis. In Deutschland kommt dazu, dass wir darüber hinaus keine Kultur des unternehmerischen Scheiterns geschaffen haben. Ja, Unternehmen müssen pleitegehen, denn um einen Daimler zu erschaffen, muss es 1000 anderer Versuche gegeben haben, das ist simple Statistik. Und es muss vor allem Tausende von kleinen und mittleren produzierenden Unternehmen geben, die leben und Werte schaffen, ohne jemals die Wahrnehmungsschwelle der öffentlichen Anerkennung zu erreichen. Die meisten Unternehmen, die irgendwann pleitegehen, haben vorher ein Vielfaches von dem an Werten für die Gesellschaft geschaffen, was der Konkurs am Ende die Gesellschaft kostet. Nur wird das nicht anerkannt. Kein Wunder, dass der Wunsch nach selbstständigem unternehmerischen Handeln in Deutschland nur gering ausgeprägt ist – ein großer Nachteil im internationalen Wettbewerb. Leider tragen perverse Millionengehälter für Fußballstars, Models, und Schlagerstars genauso wie üppige Altersversorgungen von Politikern nicht dazu bei, die Wertschätzung der Produktion voranzutreiben, viel schlimmer: Sie zerstören die Wertschätzung, weil sie Produktion als wertlos erscheinen lassen.

Christian Heinisch

Altersarmut mildern

5. Dezember: „Hartes Ringen um die Zukunft des Soli. Wolfgang Schäuble und Olaf Scholz wollten eine schnelle Einigung“

In den Hinterzimmern der politischen Parteien wird schon lange darüber diskutiert: Alle sind sich einig, dass das Geld vom Soli unbedingt über das Jahr 2019 hinaus gebraucht wird. Allerdings bedarf es einer – für den Bürger – glaubhaften Begründung. Über das „Gebrauchtwerden“ gibt es in der Parteienlandschaft eine große Übereinstimmung, nur über das „wofür“ wird noch heftig gestritten. Entsprechend dem Namen Solidaritätszuschlag sollte er zukünftig im Rahmen der „Solidarität“ zur Unterstützung unserer Sozialsysteme Rentenversicherung und Pflegeversicherung eingesetzt werden. Dann bekommt der Solidaritätszuschlag die Aufgabe, die seiner Bezeichnung entspricht. Mit dieser solidarischen Maßnahme werden die Auswirkungen der Altersarmut abgemildert und besonders die Zukunft unserer jüngeren Bürger entlastet. Die Leistungen des Solidaritätszuschlages sind ausschließlich nur für die angegebenen Sozialsysteme einzusetzen. Unabhängig von dieser Maßnahme werden die Leistungen des Bundes und sonstigen Beiträge unverändert fortgesetzt.

Klaus Kollien

Peinlicher Kommentar

6./7. Dezember: „Historischer Machtwechsel in Thüringen: Bodo Ramelow ist der erster Ministerpräsident der Linken“

Die hysterische Reaktion etlicher christlicher Demokraten zeigt, dass sie offenbar die Hose voll haben, da diese politische Konstellation möglicherweise funktionieren könnte. Der wohl peinlichste Kommentar wurde von dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer geliefert, der den gewählten Regierungschef in Thüringen schlichtweg als „Topagent einer Ex-Stasi-Connection“ bezeichnete. So sieht Demokratie aus bayerischer Sicht aus. Man sollte doch einfach erst einmal abwarten, was die thüringische Koalition zu bieten hat. Den Untergang des Abendlandes brauchen wir sicher nicht zu befürchten.

Peter Kröncke

Für Taten nicht verantwortlich

Bei seiner Antrittsrede hat sich Bodo Ramelow bei den Opfern der SED-Diktatur entschuldigt. Wie kann er das? Die Zeit, in der die DDR von der SED regiert wurde und die Menschen eingesperrt oder an der Grenze sogar erschossen worden sind, ist seit Herbst 1989 zu Ende. Bodo Ramelow ist jedoch erst 1990 von der Bundesrepublik nach Thüringen umgezogen. Wie kann man sich für Taten entschuldigen, für die man nicht verantwortlich war? Erst 1999 ist Herr Ramelow in die PDS eingetreten. Diese war durch Umbenennung aus der SED hervorgegangen, welche die Zustände in der DDR zu verantworten hatte. Damals haben ihn die von der SED zu verantwortenden Verbrechen offenbar nicht gestört.

Heinz-W. Krüger

Unendlich traurig

6./7. Dezember: „‚Wohnhäuser am Elisabethgehölz: Jetzt rücken dort die ersten Bagger an“

Ich wohne seit 40 Jahren in einer Wohnung am Elisabethgehölz. Für mich ist es mehr als bitter, mit ansehen zu müssen, wie erst die Umfriedungen, dann die Bäume im Hinterhof, dann Teile der Inneneinrichtungen und nun auch noch Außentreppen zerstört werden. Meine Nachbarinnen, aber auch ganz viele Menschen aus der Umgebung, sind unendlich traurig. Eine Rückkehr in den geplanten „Ersatzneubau“ – wer weiß, wann er fertiggestellt sein wird? – kommt für mich als schwerbehinderte Rentnerin auch nicht in Betracht: Einem Doppelumzug wäre ich nicht gewachsen.

Monika Luckner

Bürgermeister in der Pflicht

5. Dezember: „Hamburger kämpfen gegen befristete Jobs. Gewerkschaften und Betriebsräte fordern neue Regeln und starten Kampagne“

An sich sollte der Staat als Arbeitgeber vorbildlich agieren. Doch gerade in den Chefetagen staatlicher Stellen scheint man sich dieser besonderen gesellschaftlichen Verantwortung nicht bewusst zu sein. So urteilte das Bundesarbeitsgericht im März 2011, dass die Bundesagentur für Arbeit rund 12.000 Arbeitsverhältnisse rechtswidrig befristet hatte. Diese öffentliche Ohrfeige traf auch Olaf Scholz, der bis 2009 als Bundesarbeitsminister diese absurde sozialpolitische Entwicklung mitzuverantworten hatte. Statt aus solcher politischen Blamage zu lernen, muss er sich nun als Erster Bürgermeister der Hansestadt zurechnen lassen, dass auch die Weltstadt Hamburg kleinkariert mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz umgeht. Olaf Scholz steht jetzt in der Pflicht, dieser fragwürdigen Befristungspraxis der Hamburger Behörden sowie der öffentlich finanzierten und kontrollierten Bereiche schnellstens entgegenzutreten.

Gerd Tiedemann

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