Menschlichkeit vergessen

22. Oktober: Leitartikel „Willkommen an der Alster“ und „Flüchtlinge unerwünscht“

Selten war es so peinlich, solche gastfeindlichen Nachbarn in einer weltoffenen Stadt zu haben – die zu Recht auf Olympische Spiele hofft, Hochkultur per Elbphilharmonie bieten wird und bei Touristen beliebt ist: Wegen der Kläger gegen die Unterkünfte nahe der Alster kann man sich nur fremdschämen! Einige Anwohner rund um die Sophienterrasse, die sich angeblich gegen ein „Störungspotenzial..., das einem geschützten Wohngebiet fremd und unverträglich ist“ (Zitat Anwaltskanzlei im Abendblatt) wehren, haben mindestens zwei Dinge vergessen: Menschlichkeit und Großzügigkeit. Einige Terrassen-Anwohner hätten vor allem sinkende Immobilienpreise im Hinterkopf. Laut Eilantrag würde den zukünftigen Bewohnern der Unterkunft die Decke auf den Kopf fallen. Wahrscheinlich hat man da die gelangweilten Kläger und die zukünftigen Gäste des Stadtteils verwechselt.

Marcus Schmidt

DDR-Unrecht ungesühnt

18./19. Oktober: „Was macht eigentlich... Margot Honecker?“

Diese Frau, verbitterte Altkommunistin, nach wie vor realitätsfern, lebt bestens vom deutschen Steuerzahler versorgt in Chile. Befragt fürs Fernsehen zu Republikflucht und Schießbefehl und den Mauertoten ihr Kommentar: Die haben doch gewusst, wie die DDR bei Grenzverletzung reagiert, und entsprechend dem DDR-Gesetz mit ihrem Tod rechnen müssen – bis heute die Meinung vieler Mitglieder der Partei Die Linke. Was, wie ich glaube, viele Bürger in Deutschland nicht wissen: dass zu den Besonderheiten des Einigungsvertrages gehört, dass sämtliche Regierungskriminalität nach DDR-Recht zu beurteilen ist. Nur so ist es zu erklären, dass in absoluter Ausnahme Personen vor Gericht nachgewiesen werden konnte, gegen DDR-Recht verstoßen zu haben. Unter Federführung der Ministerin für Volksbildung, Margot Honecker, sind Tausende Kinder von gescheiterten Republikflüchtlingen an regimetreue SED-Leute zur Zwangsadoption übergeben worden. Auch dieses Unrecht wurde nie Gegenstand einer Gerichtsverhandlung. Alles Aufarbeiten von DDR-Unrecht ist Schaumschlägerei, veranstaltet von Medien und Politik, um zumindest den Schein zu wahren zur Aufklärung beizutragen. Den Opfern dieser DDR/SED- und Stasi-Diktatur wird das nicht gerecht.

Matthias Waack

Nahversorgung muss bleiben

22. Oktober: „Gutachten: Jede siebte Klinik ist überflüssig“

Die Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes übersieht, dass zum Beispiel in der Freien und Hansestadt bis in die 1980er-Jahre rund 40 Krankenhäuser an der ärztlichen Versorgung teilnahmen. Diese Zahl hat sich seitdem mindestens halbiert. Wenn sie argumentiert, jeder Bürger in unserem Land finde innerhalb von 30 Autominuten ein Krankenhaus, mag das theoretisch-statistisch stimmen, nur sogenannte Selbsteinweiser sollten kein Maßstab für Krankenhaus-Über- oder -Unterversorgung sein. Wohnortnahe Versorgung und eine ausreichende Dichte niedergelassener Ärzte sind das Thema und nicht weiterer Abbau der medizinischen Versorgung.

Hans-Peter Wedekind

Gefahr bei Geburten

Länger als eine halbe Stunde brauchen 0,4 Prozent der Bürger in die nächste Klinik oder eine Stunde in die nächste Spezialklinik. Für viele Gebärende ist dies schon zu weit. Für alle werdenden Eltern und Notfälle ist das Kliniksterben eine Gefahr. In Schleswig-Holstein hat sich die Rate der „Straßengeburten“ seit der Schließung der kleinen Kliniken mindestens vervierfacht.

Doris Isenbürger, Hebamme

Schon jetzt überversorgt

24. Oktober: „Zehn neue dm-Filialen pro Jahr“

Was ist nur los mit der Expansionswut der unzähligen Drogerien und auch der Lebensmitteldiscounter? Was hat man vor mit diesen ganzen Filialen? Es gibt Ecken in Schleswig-Holstein und in Hamburg, da tummeln sich bis zu drei Discounter oder Drogerien auf engstem Raum. Sind wir wirklich so viele Verbraucher, dass wir so viele Discounter und Drogerien benötigen? Brauchen wir dieses Wachstum um jeden Preis und ist dieses Streben nach weiteren Umsätzen wirklich so dringend erforderlich? Sehr häufig bezweifele ich dies.

Thomas Grabe

Aufgaben entkoppeln

23. Oktober: „Warum eine schlaflose Nachtigall den Senat beschäftigt“

Warum beschäftigt eine schlaflose Nachtigall den Senat? Der zitierte Professor Wiesendahl hat ein ganz entscheidendes Argument „verschlafen“ oder nicht gekannt. Weil Hamburg eine Einheitsgemeinde ist und der Senat alle wichtigen die Bezirke betreffenden Entscheidungen an sich zieht, muss er sich eben auch mit Nachtigallen in Eimsbüttel beschäftigen. Das Beispiel macht sehr treffend deutlich, wie wichtig es ist, kommunale Aufgaben (Bezirke) und Landesaufgaben (Senat/Bürgerschaft) zu entkoppeln.

Sigrid Meißner

Mit England vergleichen

21. Oktober: „Frühe Einschulung führt oft zur Diagnose ADHS“

Ich kann es nicht mehr lesen. 2006 wurde bei 2,3 Prozent unserer Kinder ADHS diagnostiziert, 2012 waren es schon 4,6 Prozent. Und jetzt ist auch noch die frühe Einschulung schuld am Zappelphilipp-Syndrom mit einer deutlichen Häufung von ADHS vor allem bei den jüngeren Kindern. Unter welchem Syndrom leiden hier die Eltern, Lehrer, Ärzte und Gesellschaft? Ich habe mit meiner Familie viele Jahre in England gelebt, und meine beiden Kinder sind dort zur Grundschule gegangen (ohne ADHS). Die Einschulung geschieht dreimal im Jahr (alle 4 Monate), und zwar im „Term“ (= Vier-Monats-Abschnitt), in dem die Kinder fünf Jahre alt werden, also mit vier Komma irgendwas. Und die Schule ist gleich vom ersten Tag an von 9 bis 15 Uhr! Mich würde mal eine ADHS-Vergleichsstudie zwischen Deutschland und England interessieren. Da müsste ja rauskommen, dass in England so gut wie alle Kinder nur noch am Rumzappeln bzw. mit Psychopharmaka sediert sind.

Dr. Kurt Herrenknecht

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