Die Büchse der Pandora

2. September: „Waffenlieferungen im deutschen Interesse. Bundestag beschließt, irakische Kurden mit Panzerabwehrraketen aufzurüsten“

Am 75. Jahrestag des Einmarsches Deutschlands in Polen beschließt unsere Regierung die Waffenlieferung an die Kurden. Fehlt es uns an Sensibilität, oder haben wir unsere Geschichte schon vergessen? Wer weiß, ob diese Waffen nicht für noch mehr Tote unter der Zivilbevölkerung verantwortlich sind? Was machen wir, wenn sie sich gegen unseren Nato-Partner Türkei richten? Wie verhalten wir uns bei dem nächsten Völkermord in Afrika? Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet und können nun nicht mehr zurück. Wie weit wollen wir noch gehen?

Sonja Starke

Schlag gegen die Demokratie

Die Bundesregierung hätte ihre schwerwiegende, die Sicherheit unseres Landes betreffende Entscheidung, Waffen an die Peschmerga-Kurden zu liefern, nach einer ausführlichen Debatte im Bundestag treffen müssen. Damit hätte sie sich den Anschein geben können, die Argumente aller Volksvertreter ernst zu nehmen. Die so demonstrierte Macht einer nachträglichen Debatte war ein Schlag gegen die Demokratie in unserem Lande.

Margrit Ruppenstein

Gespenstische Szene

1. September: „Denkzettel aus Sachsen. Gravierendes Desinteresse und viele Stimmen für die Ränder. Die AfD zieht erstmals in einen Landtag ein“

Populistisch ist nicht die AfD; populistisch ist es, Wahlen zu gewinnen, indem man Geld verschenkt, das man nicht hat. Darin ist die SPD zwar der ungekrönte Meister, aber viel besser ist die CDU auch nicht. Nur so viel Geld auszugeben, wie man einnimmt, das ist, wenn ich das als Vater sagen darf: erwachsen. Vernünftig, weitsichtig. Klug. Wir versuchen das unseren Kindern beizubringen. Wer aber bringt das unseren Regierungen bei? Es ist schon bizarr, dass ich als militanter Vegetarier, Pazifist und Fahrradfahrer mich unentwegt berufen fühle, die AfD zu verteidigen! Auf der Altonale hatte die AfD einen Stand. Um sie herum standen 30 vermummte Autonome, die grimmig blickten. Eine junge Frau hielt einen Kassettenrekorder hoch, aus dem in maximaler Lautstärke geschrien wurde: „AfD ist Scheiße! AfD sind Arschlöcher!“ Polizisten und Passanten standen daneben und griffen nicht ein. Ich auch nicht. Eine gespenstische, beschämende Szene.

Sören Sieg

Guter Vorschlag

1. September: „Finanzminister Schäuble plant Pkw-Maut auf Autobahnen – CSU-Chef erzürnt“

Den Vorschlag von Wolfgang Schäuble kann man nur begrüßen, denn was der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer durch seinen Statthalter Dobrindt mit der Brechstange durchsetzen will, ist völlig unausgegoren und ein bürokratisches Monster. Wenn schon eine Maut, dann sollten wir uns unseren Nachbarn Österreich als Vorbild nehmen und eine Vignette nur für Autobahnen, wie es auch im Koalitionsvertrag steht, und nicht für alle Straßen einführen. Es ist völliger Unsinn und ein riesiger Aufwand, wenn nach Schadstoffklassen unterschieden werden soll. Wir Deutschen meinen immer, wir müssten das Rad neu erfinden – das war auch bei der Einführung der Lkw-Maut schon so, hier wurden auch Milliarden unnötig versenkt, bis das System funktionierte.

Helmut Jung

Differenziert beschrieben

1. September: „Nachdenken über Hausbesetzungen. Die Besetzertage wollten über Spekulanten und Wohnungsnot sprechen. Nach den Angriffen auf Polizisten hört ihnen keiner mehr zu“

Der Autor hat tatsächlich über Hausbesetzungen klug nachgedacht und sowohl die Vergangenheit wie die aktuellen Vorgänge in Altona richtig und differenziert beschrieben. Das freut einen alten Bezirksamtsleiter, der vor 25 Jahren als „Baron der Roten Flora“ auch von Hamburger Sozialdemokraten tituliert wurde. Und heute wollen Senat und CDU-Opposition das Projekt am Schulterblatt einträchtig fortgesetzt sehen! Schöner Wandel...

Hans-Peter Strenge, Bezirksamtsleiter und Staatsrat a. D.

Europa muss reagieren

1. September: „Will Putin einen Staat ‚Neurussland‘? Kreml-Chef stiftet Verwirrung mit Äußerungen über ‚Eigenstaatlichkeit‘ der Ostukraine. EU uneins über weitere Sanktionen“

Putin will die Zeit um 25 Jahre zurückdrehen und seine Nachbarn in einen neuen „Ostblock“ zwingen. Europa muss jetzt reagieren und Russland mit harten Wirtschaftssanktionen im Sinne des Wortes die Grenzen aufzeigen. Auch eigene kurzfristige wirtschaftliche Nachteile dürfen den Westen nicht daran hindern. Freiheit hat nun mal ihren Preis.

Lars Andersen

Mit Ängsten besser umgehen

23./24. August: „Die Enkel des Krieges. Viele Nachkommen der Kriegskinder sind geprägt vom Trauma ihrer Eltern. Einige haben sich in Selbsthilfegruppen zusammengetan“

Von meinem Großvater wurde sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg verlangt, dass er das Vaterland mit der Waffe verteidigt, tötet und die Kriegsgefangenschaft aushalten muss. Keiner hat dies je mit ihm aufgearbeitet – gewundert über seine Härte haben wir uns oft. Mein Vater war Jahrgang 1928 und hat als Jugendlicher den Hamburger Feuersturm miterlebt. Ein Ereignis, das ihn bis zu seinem Tod beschäftigt und geängstigt hat – uns Kindern hat er immer mal wieder davon erzählt. Aber wer wollte das wirklich hören? Wir Kinder haben nicht verstanden, worin seine Existenzangst und seine Krankheiten begründet sein könnten. Ich habe mich dann sehr mit der Thematik beschäftigt und konnte im Nachhinein sowohl meinen Großvater als auch meinen Vater und mich selbst viel besser verstehen. Ich kann jetzt mit den unerklärlichen Ängsten besser umgehen, kann mir erklären, woher sie kommen – wir sollten sehr hellhörig sein und dankbar für die psychologische Aufarbeitung. Beunruhigend der Gedanke, was in den Kriegen unserer Tage an Kriegstraumata gesetzt wird, über Generationen hinweg – wer soll das auffangen?

Astrid Sievers

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