Voraussetzungen verschärfen

24. Juni: „18 Jahre Volksentscheid. Die Risiken der direkten Demokratie“

Das Instrument des Volksentscheids macht auf den ersten Blick einen vernünftigen Eindruck. Das Volk entscheidet selbst und nicht ein Repräsentant, dem möglicherweise parteiinterne Rücksichtnahme näherliegt als Volkes Wille. Nur, entscheidet das Volk wirklich? Oder ist es nicht in aller Regel eine Minderheit, die so Entscheidungen herbeiführt, die dann für eine weit größere Mehrheit gültig werden? Der Prozentanteil von abgegebenen Stimmen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass gemessen an der Gesamtbevölkerung nur ein vergleichsweise geringer Teil überhaupt an der Abstimmung teilnimmt. Insofern ist die Repräsentanz so manchen Volksentscheids in Zweifel zu ziehen. Und die Verantwortung für das Ergebnis müssen dann doch die Politiker oder eben auch alle Bürger tragen. Daher sollten die Voraussetzungen, unter denen ein Volksentscheid anerkannt wird, deutlich verschärft werden.

Peter Westendorf

Ethikunterricht statt Religion

23. Juni: „Muslime unterrichten christliche Religion an Hamburger Schulen. Bundesweit einmaliges Pilotprojekt“

Wenn in Hamburg Muslime christliche Religion unterrichten, dann sollte das Fach Religion ganz abgeschafft werden. Substitut könnte eine Ausweitung des Philosophieunterrichts sein, oder Ethikunterricht. Historisch betrachtet waren viele Philosophen auch gute Religionskenner und Verfechter, wie Leibniz und seine Monadenlehre. Warum gibt es überhaupt Religionsunterricht an staatlichen Schulen? Ist das nicht originäre Aufgabe der jeweiligen Landeskirche: Im kircheninternen Setting das zu unterrichten, was sich systemimmanent geziemt?

Holger Wende

Erst mal lesen lernen

Abgesehen davon, wie viel Sinn das Experiment inhaltlich macht, sollte die Schulbehörde doch erst einmal sicherstellen, dass alle Kinder ordentlich sprechen, schreiben, rechnen, lesen und sich sozial verhalten lernen.

Peter Wigandt

Zu viel verlangt

„Der neue Religionsunterricht stärkt die Erziehung einer jungen, autonomen Generation, der die Entscheidung über ihre religiöse Sozialisation selbst abverlangt wird“, so ein Zitat im Leitartikel. Als Religionslehrerin frage ich mich, ob diese Kompetenz auf der einen Seite von der jungen Generation erwartet und abverlangt werden kann, wenn auf der anderen Seite das christliche Basiswissen in diesem „Experiment“ reduziert wird. Hier die Eltern und die Kirchengemeinden stärker in die Verantwortung zu nehmen kann nicht „Sinn“ dieses Experiments sein. Kann die religiöse Sozialisation der jungen Generation nicht dann erst erfolgreich gelingen, wenn ich mir ganz klar meiner eigenen Religion und der daraus resultierenden Werte bewusst bin?

Christina Heitkamp

Falscher Zeitpunkt

Die Situation im Nahen und Mittleren Osten und die wachsende Salafisten-Szene in Deutschland müsste doch auch dem Letzten in Deutschland klarmachen, dass wir aufpassen müssen, nicht in diesen Strudel hineingezogen zu werden. Ich glaube daher, dass es der völlig falsche Zeitpunkt ist, unsere Kinder von Angehörigen dieser Glaubensrichtungen in der Schule unterrichten zu lassen. Wenn die Personen, die diesen Unterricht halten sollen, mit der gleichen Naivität ausgesucht werden, die man sonstigen Radikalen entgegenbringt, brauchen Salafisten die Jugendlichen gar nicht mehr auf der Straße anzusprechen, sondern können das direkt im staatlich verordneten Unterricht erledigen.

Ralf Forstmann

Versiegelung stoppen

23. Juni: „Wachsen statt wuchern. Wohnungsbau ist wichtig, stößt aber zunehmend auf Widerstand. Es bedarf neuer Ideen und einer neuen Bescheidenheit“

Der beklagte Flächenfraß durch Nachverdichtung könnte auch auf andere Weise kompensiert werden: durch einen Stopp der fortschreitenden Versiegelung privater unbebauter Neben- und Grünflächen. Die in den Bebauungsplänen nur sehr unscharf formulierten Rechtsgrundlagen zur gärtnerischen Gestaltung gehören auf den Prüfstand – im Sinne der Erhaltung und Entsiegelung des wenigen Stadtgrüns. Dies dient dem städtischen Mikroklima, dem Wasser- und Sauerstoffhaushalt in den dicht besiedelten Quartieren und schafft damit den nötigen Ausgleich für die gefährdeten Freizeit- und Lebensräume der Stadtbewohner.

Dr. Sigrid Curth

Zu viel Wind

20. Juni: „Elbe-Seilbahn – jetzt entscheiden die Bürger. 200.000 Einwohner des Bezirks Mitte sollen am 24. August abstimmen“

Gestern bin ich mit der Circle Line durch den Hafen gefahren. Auf der Elbe bei starkem Nordwest-Wind nach oben sehend, habe ich mir in 80 Meter Höhe die Gondeln an einem frei schwebenden Seil vorgestellt. Ich habe Zweifel, dass dies sicherheitstechnisch abgenommen wird. Ich möchte bei diesem Wetter nicht mit der Gondel fahren.

Peter Stölken

Aufgabe des Senats

Es ist nichts Neues, dass bei Infrastrukturmaßnahmen in Hamburg eine Diskussion darüber entsteht, ob die Investition von Nutzen ist oder nicht. Anders ist im Fall der Seilbahn, dass sich Widerstand weniger in der Bevölkerung als vielmehr bei den rot-grünen Bezirkspolitikern im Bezirk Mitte regte, der jetzt auch dazu geführt hat, dass es im August einen Bürgerentscheid geben wird. Letztlich haben diese Politiker es auch zu verantworten, dass die Bürger im Bezirk Mitte entscheiden, ob die Seilbahn kommt oder nicht. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Hamburger Senat den Mut gehabt hätte, von seinem Evokationsrecht Gebrauch zu machen und unter Abwägung gesamtstädtischer Interessen zu entscheiden, anstatt dem Bezirk das Feld zu überlassen. Egal wie die Abstimmung ausgeht: Verkehrs- und Tourismuspolitik, die von diesem Projekt tangiert werden, sind beides Politikbereiche, die Aufgabe des Senats sind und nicht die eines Bezirks.

Günter Dorigoni

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