Behörde begeht Rechtsbrüche

16. Juni: „Arbeitslose wehren sich erfolgreich. Mehr als jedem dritten Einspruch gegen Hartz-IV-Sanktionen wird stattgegeben“

Bei einer Erfolgsquote der Arbeitslosenklagen von 42 Prozent verbietet es sich, als weiteren Grund der „Klagewut“ den kostenlosen Gang vor das Gericht anzuführen. Ohne die Prozesskostenhilfe ist einem Arbeitslosen die Beseitigung des ihm zugefügten Unrechtes verwehrt, und 42 Prozent Unrechtsbescheide hätten in ihrer Mehrzahl Bestand. Es geht hier nicht um eine vermeintliche Klagewut, sondern allein um den rechts- und gesellschaftspolitischen Skandal, dass eine Behörde, deren vornehme Aufgabe es ist, sich um Schwächere zu kümmern, derart viele Rechtsbrüche begeht. Um nichts anderes handelt es sich nämlich bei diesen Fehlentscheidungen.

Harald Padelt

Beunruhigend

14./15. Juni: „Praxis ohne Grenzen – hier wird jeder verarztet“

Welche Gründe auch immer vorliegen mögen, dass Mitbürger sich eine ärztliche Grundversorgung nicht mehr leisten können, ob selbst verschuldet oder nicht: Der Zustand ist letztlich ein beunruhigender Gradmesser für die soziale Kälte in diesem Land und löst tiefe Erschrockenheit aus. Denn die Interessenpolitik einflussreicher Gruppen verweigert den Betroffenen jeden Zugang zu dem steuer(mit)finanzierten Solidarsystem der gesetzlichen Krankenkassen, welche sich an den Grundsätzen der Leistungsfähigkeit und der Bedürftigkeit des Einzelnen orientieren. Es bedarf nicht einmal der Einführung der vollmundig versprochenen Bürgerversicherung, um diese Missstände zu mildern. Die Wiederherstellung eines ausgewogenen Rückkehrrechts brächte vielen Mitbürgern schon Erleichterung.

Wolfgang Degenhard

U-Bahn, zum Greifen nah

14./15. Juni: „Warum es die Isestraße sein muss – trotz der U-Bahn“

Ob Familie Herzog noch zum Lachen zumute wäre, wenn sie auf ihrer Schlafzimmerseite, statt den ruhig fließenden Isebekkanal genießen zu können, das Rattern zweier U-Bahn-Linien ertragen müsste? Das nämlich müssen die Bewohner der Häuser Isestraße 77 und 79, auf deren Schlafzimmerseite sich die U1 in einer fast 90-Grad-Kurve mörderisch quietschend aus dem Klostersterntunnel hinauf- und in ihn hinunterarbeitet, in fast greifbarer Nähe zum Schlafzimmerbalkon. Gleichzeitig fahren die Züge der U3 an der ebenfalls an der Rückseite der Häuser liegenden Station Eppendorfer Baum ein und wieder ab – und das bei einer immer engeren Taktung.

Brigitte Fuchs-Bodde

Wenig hilfreich

13. Juni: „Auswärtiges Amt: Russische Fregatte darf bei Kieler Woche nicht mitmachen“

Der Ausschluss der russischen Fregatte „Boiky“ von der Kieler Woche fördert die Spaltung Europas. Vom Auswärtigen Amt hätte man mehr politische Klugheit erwartet. Eine „Spaltung Europas“, wie vom Auswärtigem Amt formuliert, kommt nicht durch das Vorgehen Russlands auf der Krim zustande, sondern durch die Verhandlungen Europas mit einer nicht gewählten Regierung in Kiew, die die russische Sprache als Amtssprache in der Ukraine abschaffen wollte. Kleinbürgerliche Entscheidungen sind wenig hilfreich.

Henry Peper

Wohnungsbestand prüfen

13. Juni: „Nur 654 Sozialwohnungen – Stadt erreicht eigene Vorgabe nicht“

Wahlversprechen sind das eine, die öffentlichen Haushalte das andere. Der Finanzsenator wird nicht böse sein, denn eine Sozialwohnung schlägt im Schnitt mit ungefähr 100.000 Euro an Subventionen zu Buche. Brauchen wir wirklich Tausende von Sozialwohnungen für 6,10 Euro pro Quadratmeter im Monat, wenn sich die reale Kostenmiete auf zwölf bis 13 Euro beläuft? Sollten wir nicht erst einmal im Wohnungsbestand nachsehen? Dort gibt es viele fehlbelegte, untergenutzte oder nicht bewohnte Wohnungen zum Preis einer Sozialwohnung oder darunter. Der Saga-Chef Lutz Basse hat es doch schon vor mehr als drei Jahren mit Blick auf mehr als 50 Prozent Einpersonenhaushalte vorgerechnet: Zöge jeder Zehnte davon mit seinem Partner zusammen, würden 48.000 Wohnungen frei.

Helgo Klatt

Qualifikation wird verwässert

13. Juni: „Meisterbriefe teuer, aber begehrt. Kammer meldet in den vergangenen fünf Jahren ein Plus von elf Prozent“

Eine verdienstvolle Darstellung über die Anreize, die solides Handwerk und der Meisterbrief für Berufssuchende und Aufsteiger bieten können. Viel zu wenig wird das Handwerk mit seinem goldenen Boden gegenüber der überbordenden Akademisierung dargestellt. Dabei wird vergessen, dass die EU-Kommission dabei ist, diese Qualifikation, mit der Deutschland in der Welt führend ist, mittels niedriger europäischer Parallelstandards zu verwässern. Ein schleichendes Vorgehen abseits der wohltönenden Sonntagsreden. Wir haben versucht, von den beiden Spitzenkandidaten der Europawahl hier Auskunft zu verlangen: Martin Schulz erklärte sich über seinen Manager für nicht zuständig, Jean-Claude Juncker antwortete nicht. Wenn es konkret wird, weichen die Kontrahenten aus. Darüber sollte man reden.

Volker Okun, Gesamtverband Hamburger Handwerk e. V.

Rätselhaft

12. Juni: „‚Als ich das erfuhr, habe ich zum ersten Mal geweint‘. Christian Wulff rechnet in seinem Buch mit Medien und Justiz ab“

Wulff ist zu Recht freigesprochen worden, trotz oder gerade wegen der Schmutzkampagnen der Medien und der schlampigen Arbeit der Ermittlungsbehörden. Warum sich Wulff jetzt dazu hinreißen lässt, nach allen Seiten auszukeilen, bleibt rätselhaft. Dass Wulff nicht fehlerfrei war, gibt er ja zu, der größte Fehler jetzt ist, sich hinzustellen, als wäre er auch heute noch der bessere Bundespräsident. Das ist mit Selbstüberschätzung und Überheblichkeit nur unzureichend zu beschreiben, vielmehr ist das für mein Verständnis übersteigerte Profilierungssucht.

Jens Blume

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