Reines Machtgezerre

22./23. März: „Krim-Krise: Angst vor Sanktionen. 600 Firmen aus Hamburg handeln mit Russland“

Auch wenn Russland die Tür weit aufgerissen und kräftig nachgeholfen hat: Der Entwicklung auf der Krim liegen im Kern plausible ethnisch-historische Tatsachen zugrunde. Und der Konflikt spielt sich zwischen zwei osteuropäischen Staaten ab. Was hat sich da der Westen einzumischen? Mit welcher Legitimation? Die Ukraine ist weder EU- noch Nato-Mitglied. Schnell wird ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen von Vertretern der ehemaligen Opposition, die sich geschäftsführende Regierung nennt und sich – mit saftigen Geldforderungen in Richtung Westen – schnell auf die noch warmen Sessel ihrer Vorgänger gesetzt hat. In Wahrheit hat mit dürftiger Begründung der Westen ein reines Machtgezerre angezettelt. Er möchte seinen Cordon sanitaire gegenüber dem bösen Russland mit der Ukraine auspolstern. Und er hat damit den Kalten Krieg wieder aus der Schublade geholt. Am lautesten schreit der große Bruder von jenseits des Ozeans, der selbst schamlos Recht bricht.

Dr. Mario Zinnert

Traurige Entwicklung

22./23. März: „Malediven: Hotelinseln mit eigener Zeitzone. Auf Wunsch der Gäste sind die Uhren um eine Stunde vorgestellt“

Beim Lesen des Artikels über die Malediven sind mir die Tränen gekommen. Als wir 1976 das erste Mal auf den Malediven waren, gab es drei touristische Inseln: Vilivaruu, Bandos und Baros. Wir wohnten in Palmhütten, und es gab Fisch und Reis oder Reis und Fisch im Wechsel mit Huhn mit Reis oder Reis mit Huhn. Um sieben Uhr weckte uns der Kompressor, der die Tauchgeräte mit Pressluft füllte. Der Fischreichtum war sehr viel größer als 2005, als wir zum letzten Mal dort waren. In ein Spa kann ich auch in Deutschland gehen. Und wenn ich ein Super-Super-Menü haben möchte, kann ich auch zu Jacobs gehen.

Dr. Katharina Dittmer

Vorauseilender Gehorsam

21. März: „Ist Hamburgs Turbo-Abi noch zu halten? CDU geht auf Volksinitiative zu. Gymnasien sollen selbst über G8 und G9 entscheiden“

Es ist ein Armutszeugnis für die Parteien, dass sie sich von der Volksinitiative G9 so vor sich her treiben lassen. Aus purer Angst, Wählerstimmen zu verlieren, werden Überzeugungen einfach über Bord geworfen, ganz zulasten der Stadtteilschulen. Aber Umfragen sind immer nur Momentaufnahmen. Die jetzigen Gespräche und der vorauseilende Gehorsam der Parteien stärken ganz ohne Not die G9-Verfechter. Keine gute Taktik...

Dr. Norbert Erb

Einmaliger Blick

21. März: Hafen-Seilbahn: „Jetzt entscheiden die Bürger. 14.500 Hamburger unterschreiben Begehren zum Bau der neuen Touristenattraktion“

Was die Seilbahn Touristen bieten könnte, hat Hamburg längst original und einmalig: den Blick auf den Hafen vom Stintfang, den Panoramablick auf Innenstadt und Hafen vom Michel, den Übergang zum anderen Elbufer durch den historischen Elbtunnel, die Anreise zum Musicaltheater mit Fähren über die Elbe, die Aussicht auf die Elbe durchgehend von den Elbbrücken bis Blankenese. Brauchen wir so eine Allerweltsattraktion, mit der die Hamburg-Besucher davon abgehalten werden, die original hamburgischen Lokalitäten kennenzulernen, weil sie sie ja so bequem von der Schwebebahn aus sehen können?

Detlef Johannsen

Kompletter Unsinn

Hamburg braucht keine Seilbahn. Sie wäre eine elendige Verschandelung der Hafenkulisse. Unser Welthafen ist nicht Disneyland oder ein Gartenschaugelände. Für uns Hamburger, aber auch für unsere Gäste, würde der Hafen sein authentisches Bild und seine herausragend attraktive Kulisse verlieren. Wie immer die paar Tausend Unterschriften „pro Seilbahn“ auch zustande gekommen sein mögen: In Hamburg und Umland gibt es mit Sicherheit viele Hunderttausende von Menschen mit gesundem Menschenverstand und mit Sinn für das Schöne und für die Ästhetik, die wie ich diese rein wirtschaftlich getriebenen Pläne als kompletten Unsinn erachten.

Manfred Malaschewski

Preiswert und unkompliziert

Offenbar haben Gegner der Seilbahn noch nie eine der modernen Umlaufseilbahnen in großen Skiorten wahrgenommen, sonst würden sie ein entsprechendes – im Vergleich zu U-, S- und Straßenbahnen – extrem preiswert und unkompliziert zu errichtendes Verkehrsmittel nicht nur als „Spaßmobil“ bezeichnen, sondern sich auch als innerstädtisches Massenverkehrsmittel vorstellen können, das nicht nur für Touristen attraktiv wäre, sondern das auch ohne Wartezeiten auf zugigen Haltestellen einen sehr bequemen Fahrgasttransport erlaubt. Unter ökologisch denkenden Menschen und Verkehrsplanern wird diese Alternative längst weltweit diskutiert und geplant. Schön wäre es, wenn eine Realisierung der Hamburger Seilbahnpläne als Teil des HVV über die Elbe mit Aussteigstellen bis Wilhelmsburg-Mitte führen würde.

Dr. Wolfgang Löding

Ein guter Moment

20. März: „Der Bus, der niemals kommt. In Poppenbüttel warten an Demenz erkrankte Heimbewohner an falscher Haltestelle“

Für Menschen mit Demenz zählt der Augenblick. Eine vorgetäuschte Haltestelle kann für Menschen mit Hinlauftendenzen eine beruhigende Wirkung haben. Gleichwohl bleibt es immer eine Gratwanderung zwischen dem Ernstnehmen eines Menschen auch mit und in seiner demenziellen Veränderung und manchem, was den Alltag für ihn und die ihn Betreuenden entlasten hilft. Ich erinnere mich an einen an Demenz erkrankten Polizisten, der unruhig an den abgeschlossenen Türen seines beschützten Wohnbereiches rüttelte und damit sehr unglücklich war. Als ich ihn fragte: „Na, Herr Wachtmeister, alles vorschriftsmäßig abgeschlossen?“, strahlte er mich zufrieden an und ging weiter. Ich habe nicht ganz die Wahrheit gesagt – aber wir hatten einen guten Moment miteinander.

Tobias Götting, Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Hamburg e. V.

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