Große Zweifel

14. März: „Das Spiel ist aus. Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Gericht erkennt Selbstanzeige nicht an. Verliert der Bayern-Boss seine Ämter? Verteidigung geht in die Revision“

Der Prozess ist erst mal beendet. Drei Jahre und sechs Monate Gefängnis für Herrn Hoeneß, bei einer Steuerschuld von 28,5 Millionen Euro! Gleichzeitig berichtet der Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate, dass dieselbe Kammer in München einen Mandanten von Herrn Strate wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung von drei Millionen Euro zu vier Jahren Haft verurteilte. Ohne den Fall genau zu kennen, tauchen bei mir große Zweifel auf, wenn ich die Aussagen von Politikern und Prominenten höre: „Vor dem Gesetz sind alle gleich.“

Matthias Müller

An den Pranger

Im Mittelalter, das ja nicht unbedingt für seine gerechten Verfahren bekannt ist, wurden Menschen an den Pranger gestellt. Sie mussten Spott und Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Manchen wurde vielleicht sogar Mitleid entgegengebracht. All dieses musste auch Uli Hoeneß ertragen. Doch während früher mit der öffentlichen Zurschaustellung des Schuldigen die Strafe verbüßt war, setzen heute die Gerichte im Namen der Gerechtigkeit noch einen oben drauf. So werden Prominente doppelt bestraft.

Christiane Mielck-Retzdorff

Schwerer Fall

Uli Hoeneß ist ein Steuerhinterzieher. Das steht aufgrund seiner Selbstanzeige unstrittig fest. Er hat den Staat – und damit uns alle! – vorsätzlich um viele Millionen betrogen. Dafür sieht das Gesetz „in schweren Fällen“ ein Strafmaß bis zu zehn Jahre Haft vor. Da ist Herr Hoeneß mit drei Jahren und sechs Monaten ausgesprochen glimpflich davongekommen. Immerhin hat er die schier unvorstellbare Summe von 28 Millionen hinterzogen und dabei – wie ihm das Gericht bescheinigte – mit krimineller Energie gehandelt. Und dafür wird das Strafmaß noch nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft! Was muss man dann eigentlich unter einem „schweren Fall“ verstehen? Wenn sich Herr Hoeneß noch einen Funken von Anstand bewahrt hat, dann tritt er jetzt umgehend von seinen Ämtern beim FC Bayern München zurück.

Harald Schönwald

Absurde Vorschriften

13. März: „60.000 Euro Beute. Polizei muss drei Einbrecher laufen lassen“

Wie krank ist unser Justizsystem eigentlich, dass die Polizei geschnappte Einbrecher mangels Haftgrund wieder laufen lassen muss? Was sind das für absurde Vorschriften? Die Beamten müssen sich doch veralbert vorkommen. Für Kriminelle ist das eine Einladung zu weiteren Straftaten.

Wolfgang Mieland

Trauer

13. März: „Mahnmal für die Toten von Eppendorf. Vor drei Jahren starben hier vier Menschen, weil ein Epileptiker einen Unfall verursachte. Angehörige: ‚Ort hat mit heutigem Tag an Schrecken verloren‘“

Ich glaube, jeder Hamburger trauert um die Verkehrstoten in unserer Stadt. Ein Mahnmal für prominente Verkehrstote allein kann und darf es nicht geben. Hier muss die Bezirksversammlung Hamburg Nord nachlegen und zwar: ein Mahnmal für jede Person, die in unserem Bezirk durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Trauer erfahren nicht nur die Hinterbliebenen von Prominenten, sondern auch alle anderen.

Hermann Kewitsch

Neuorganisation überdenken

13. März: „LKA-Vizechef: ‚Die Mordkommission bleibt spitze‘. Nach der Kritik an der Polizeireform äußert sich die Leitung des Landeskriminalamts jetzt erstmals zu den Vorwürfen. Kein Tötungsdelikt soll unentdeckt bleiben, verspricht der Vizechef“

Als langjähriger Sachbearbeiter bei der Mordkommission habe ich Vertretungen bei den Todesermittlern machen müssen. Ich stand oft vor der Frage, hole ich die diensthabende Mordbereitschaft aus den Betten oder lasse ich die Leiche ins Institut für Rechtsmedizin bringen? Eine falsche Entscheidung bedeutete die Vernichtung von wichtigen Spuren. Man braucht als Todesermittler einen großen Schatz an Sachkenntnis und Erfahrung, die nicht mal eben durch eine Kurzausbildung vermittelt werden kann. Wenn die Neuorganisation wie beschrieben umgesetzt werden sollte, werden die Kollegen nur in großen Abständen mal zur Todesermittlung eingesetzt werden. Die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung werden sie so kaum bekommen. Meines Erachtens wäre die LKA-Führung gut beraten, die bewährte Teilung zwischen Mordkommission und Todesermittlung nicht vollständig aufzugeben.

Jürgen Vierle, Kriminalhauptkommissar a. D.

Auch Radwege messen

13. März: „Eimsbüttel schickt Schlagloch-Detektive los. Messfahrzeug ‚Argus‘ filmt Fahrbahn und misst Schäden millimetergenau. Trotz des milden Winters ist der Zustand der Straßen schlecht“

Fährt der „Argus“ auch Radwege ab und misst dort „millimetergenau“? Mir würde es reichen, wenn er dies überhaupt täte und dabei nur „zentimetergenau“ mäße. Von einer zeitnahen Umsetzung der festgestellten Ergebnisse zu geeigneten Maßnahmen wage ich kaum zu träumen!

Reinhard Leue

Blauäugig

12. März: „Gazprom erwirbt deutsche Gasspeicher“

Während der Kreml sich als verlässlicher und gesetzestreuer Partner zunehmend diskreditiert, werden in diesen Tagen in Deutschland Gaslager an die russische Gazprom verkauft – völlig unverständlich. Wie blauäugig und unpolitisch kann „die Wirtschaft“ eigentlich sein? Und warum zieht die verbal so stark aufgestellte Politik hier nicht die Reißleine und unterbindet den Vollzug eines Kaufvertrags, der die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zementiert und einer weiteren „Laus im Pelz“ ein behagliches und einträgliches Zuhause gibt?

Ernstwalter Clees

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