Peter U. Meyer schreibt in seinem Kommentar, die geplante kostenlose Nachmittagsbetreuung von Primarschülern werde die Kritiker der geplanten Schulreform nicht überzeugen, weil diese auf die Betreuung nicht angewiesen seien.

Als eben eine solche Kritikerin widerspreche ich dieser Einschätzung. Natürlich ist es zu begrüßen, wenn Schüler im Bedarfsfall nachmittags in der Schule betreut werden. Auch ich würde von diesem Angebot möglicherweise Gebrauch machen (müssen). Allerdings ist eine solche kostenlose Betreuung überhaupt nicht an den Umbau des Hamburger Schulsystems mit der Einführung der Primarschule gebunden. Auch im jetzigen System könnten die verantwortlichen Politiker entscheiden, die Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 (oder auch höher) kostenlos in der Schule betreuen zu lassen. Aber es passt nicht in das ideologische Weltbild von Frau Senatorin Goetsch, das bestehende System erfolgreich zu machen, indem man es inhaltlich bestmöglich ausstattet. Lieber sollen Millionen an Steuergeldern für den Umbau des Systems verschwendet werden, wodurch jedoch keine inhaltliche Verbesserung erfolgt.

Die geplante Schulreform und die geplante kostenlose Nachmittagsbetreuung haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Deswegen, und nicht weil sie vermeintlich nicht auf die Nachmittagsbetreuung angewiesen sind, werden die Kritiker der geplanten Schulreform trotz des Lockangebots der Senatorin Goetsch nicht von ihrer völlig berechtigten inhaltlichen Kritik ablassen. Kostenlose Nachmittagsbetreuung - ja, diese geplante Schulreform - nein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Nicola Byok, per E-Mail

Man muss sich doch fragen, ob die Kinder denn keine Bezugsperson mehr brauchen. Und für Freizeitaktivitäten wie Vereinssport, Musikunterricht o.Ä. wird wohl auch keine Zeit mehr sein. Warum nicht den Familien die Möglichkeit geben, dass ein Elternteil zu Hause bleiben kann? Ich weiss nicht, mit wem sie immer sprechen. Ich kenne viele Fälle, wo beide Elternteile arbeiten müssen, und da würde sich gerne einer um die Kinder kümmern.

Kai Hinrichs, Hamburg

Es ist kein Zufall, dass die Ankündigung einer möglichen Kinderbetreuung an geplanten Primarschulen gerade jetzt kommt. Offenbar will die Schulbehörde angesichts des massiven Elternwiderstands in den Regionalkonferenzen rasch den Eindruck erwecken, sie schütte durch das vorgesehene Schulsystem Wohltaten aus. Doch Kinderbetreuung kann man auch in den bestehenden Schulen durchführen; die anstehenden bitteren Schulschließungen, teuren Gebäudeneubauten oder Aufspaltungen ganzer Lehrerkollegien sind dafür nicht nötig. Das vermeintliche Zuckerle zur Beruhigung kritischer Eltern ist deshalb nicht im mindesten ein Argument für die breit abgelehnte CDU/GAL-Schulreform.

Margarita Leonor Cupé, Hamburg

Das hört sich wieder toll an und ist es auch – wenn nicht wieder mal die Durchführbarkeit in der kurzen Zeit in Frage gestellt werden muss, denn ich gehöre zu den Müttern, die vor 8 Jahren das vom damaligen Senat im Hauruck Verfahren eingeführtes 12-jähriges Gymnasium und damit verbundenen Nachmittagsunterricht auffangen durfte.

Auch damals, hatte sich keiner Gedanken gemacht, wie die Kinder bei erhöhter Stundenzahl zu einem Mittagstisch kommen. An unserem Gymnasium gab es glücklicherweise schon eine von Müttern geführte Cafeteria mit kleinen Snacks. Aber ein Mittagstisch mussten wir erst einrichten. Von dem Senat gab es kein Geld dafür. Auch heute noch müssen wir unsere Kinder, die z. Teil über 34 Wochenstunden in der Schule verbringen ehrenamtlich versorgen. Wir haben es geschafft mit über 100 Müttern und Vätern, von denen ein großer Teil auch noch arbeitet, eine gut funktionierende Cafeteria aufzubauen, die sich selbst finanzieren muss, d.h. dass die organisierenden Mütter z.T. weit über 12 Stunden in der Woche (incl. Einkaufen und heranschaffen der Lebensmittel)

e h r e n a m t l i c h für die vom Senat vorgegebenen Einführung der Ganztagsbetreuung aufkommen muss!!! Hierfür gibt und gab es vom Senat kein Geld.

Ich befürchte, dass wird auch bei der jetzt vom Senat vorgestellten Ganztags-Primarschule nicht anders sein, denn die meisten Grundschulen haben keine Küche/Cafeteria, um den Kindern ein gesundes, gut schmeckendes Mittagessen zu bereiten. (Wir haben diverse Caterer ausprobiert und musste feststellen, dass dieses Essen von den Kindern nicht angenommen wurde, sie besorgten sich dann lieber Fastfood)

Frau Goetsch möchte die Gymnasien nicht abschaffen, aber wie soll ein Gymnasium dann in 6 Jahren den fehlenden Lernstoff beibringen, wenn die Kinder in der 5. und 6. Klasse nicht wie jetzt 32-34 Wochenstunden haben. Die Gymnasien haben es durch die Mitarbeit der Lehrer, Eltern und Schüler in vielen, vielen Stunden geschafft, diese Zeit durch Rhythmisierung des Unterrichts sinnvoll zu gestalten.

Sollen die Kinder dann von der 7. Klasse an mit 36-38 Wochenstunden den fehlenden Stoff nachholen? Das bedeutet nichts anderes, als die Gymnasien abzuschaffen! Dann wäre es sinnvoller wenn auch die Gymnasien und nicht nur die Stadtteilschulen das Abitur wieder nach 13 Jahren anbieten würden.

Ich bin so froh, persönlich nicht mehr von dieser Reform betroffen zu sein, denn mir reichen schon die vorherigen. Mein einer Sohn ist im Doppeljahrgang, der andere ist im G8 Jahrgang und wird auch noch die Profiloberstufe, über die sie schon ein Gastkommentar gebracht haben „genießen“ dürfen. Es ist schade, dass die gute Arbeit der letzten Jahre, die an den Gymnasien statt-gefunden hat durch diese Reform zunichte gemacht wird.

H. Bohn, per E-Mail

Hallo Abendblatt-Redaktion

hier ein Leserbrief zum Artikel "Wer bestimmt über die Bildungsangebote?"

Ihr Beitrag legt erneut offen, wohin die Serie der Schulreformen führt. Ziel dieser Reformen ist die Schaffung einer Einheitsschule. Diese soll nicht nur formal als Schulform, sondern auch inhaltlich eine Einheitsschule sein. Dann aber ist es unerheblich, wer die Inhalte festlegt. Besonderheiten - und seien es nur inhaltliche, wie etwa der humanistische Bildungsansatz - soll es gerade nicht geben. Dieses liefe dem Ziel der Gleichschaltung der Schulen zuwider. So gesehen besteht insofern auch kein Chaos in der schwarz-grünen Bildungspolitik, sondern diese ist in ganz destruktiver Weise zielgerichtet.

Dr. Klaus Kamlah, Bildungsvielfalt Hamburg e.V .

Hallo Abendblatt-Redaktion,

hier ein Leserbrief zum Artikel "Wer bestimmt über die Bildungsangebote?" / Seite 15 / 5. 5. 2009:

Der Streit um die Zuständigkeiten der geplanten Schulen offenbart das ganze Chaos der schwarz-grünen Bildungspolitik. Senatorin Goetsch hat die Regionalen Schulentwicklungskonferenzen (RSK) gezwungen, Schulgebäuden ein Etikett aufzupappen, z. B. „Primarschule“. Was da drinnen aber getan, gelehrt und geleistet werden soll – das wissen bis heute nicht einmal die Betroffenen. So werden Schüler, Lehrer und Eltern zu Versuchskarnickeln eines gigantischen Labors, dem eine Berliner Studie (Prof. Baumert) erst vor wenigen Tagen bescheinigte, keinerlei Vorteile gegenüber dem Ist-Zustand ausbrüten zu können. Meine Befürchtung ist, dass Hamburg sich zur bildungspolitischen Lachnummer entwickelt.

Wolf Achim Wiegand

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Mutter eines Sohne von knapp 16 Jahren und Elternratsvorsitzende der Erich Kästner Gesamtschule verfolge ich Ihre Serie zu Schule in Hamburg ziemlich aufmerksam.

Thema 1

Es ist ja nett, wie Sie besonders die Gegner der Schulreform zu Wort kommen lassen, vergessen bei der ganzen Diskussion werden jedoch immer die Schüler selbst. Haben Sie einmal in der Schülerkammer Befragungen zur neuen Schulreform und/oder zur G8 durchgeführt? Haben Sie einmal Grundschüler der Klassen 4 befragt, wie sie es finden, dass ihr Klassenverband nun aufgelöst wird und Freundschaften durch Lehrerempfehlung und Elternwille zerrissen werden? Davon habe ich noch nichts gelesen.

Auch die Haltung unseres Elternrates haben Sie nach unserem Ausstieg aus der RSK noch nicht einmal abgefragt.

Thema 2

Die Ermittlung, wie viele Schüler ohne Empfehlung auf ein Gymnasium gehen war ja schon ein guter Ansatz; Sie fragen aber nicht danach, wie viele von denen auch erfolgreich auf dem Gymnasium bleiben, die 10.Klasse oder das Abitur erfolgreich absolvieren und wie viele Schüler mit Empfehlung am Gymnasium scheitern!

Und das sind nur zwei der Themen, die Sie nicht genau genug und letztlich dann auch nicht kritisch genug beleuchten.

Viele Grüße
Katrin Kuhls, per E-Mail

Frau Goetsch ist eine ehrliche Politikerin. Das hat sie jetzt erneut im Interview mit dem Hamburger Abendblatt bewiesen. Sie will, liest man da, „das staendische (Schul-)System des vorletzten Jahrhunderts“ abschaffen“. Das hoert sich nicht nur wie Klassenkampf an. Das ist auch ein Kampf fuer eine Gesellschaft, in der Leistung und Talent nicht mehr zaehlen und kuenftige Klempner die gleiche Schulbildung erhalten sollen wie angehende Aerzte und Journalisten. Seit drei Jahrzehnten fordern die Gruenen eine sozialistische Einheitsgesellschaft, die sie jetzt an Hamburgs Schulen ausprobieren duerfen. Ihre Taktik ist geschickt: Sie fordern nicht die Gesamtschule, sondern schaffen Haupt- und Realschulen ab. Was bleibt, nennt sich zwar Gymnasium, ist in Wahrheit aber eine Gesamtschule! Dann sind die Linken am Ziel: Dann spielt die Begabung von Kindern keine Rolle mehr, die Schule wird als Instrument der gesellschaftlichen Gleichmacherei missbraucht. Das ist Bildungssozialismus und ruiniert die Chancen Hamburger Schueler auf dem Arbeitsmarkt. Die Ruecksichtslosigkeit, mit der Frau Goetsch ihre Ziele gegen tausendfachen Protest der Eltern verfolgt, war vom ersten Tag ihrer Amtszeit an absehbar. Dass der Koalitionspartner sie nicht stoppen will, ist ueberraschend und eine grosse Enttaeuschung.

Christian Schnee, per E-Mail

Erwiederung auf den Leserbrief von Christian Schnee

Sehr geehrte Leserbrief-Redaktion,

als ich den Leserbrief von Herrn Schnee las, schoss mir bei so viel Dünkelhaftigkeit das Adrenalin ins Blut. Mir war nicht klar, wie viel Standesbewusstsein und Angst vor „der gesellschaftlichen Gleichmacherei“ in unserer Gesellschaft noch im Jahr 2009 existiert. Herr Schnee scheint davon auszugehen, dass durch die Herkunft (unabänderlich) vorgezeichnet sei, ob ein Kind Klempner, Arzt oder Journalist werden kann. Wie sonst will er den Bildungsweg eines 10jährigen Kindes vorhersehen? „Sozialistische Einheitsgesellschaft“? Ich dachte, dieser Kampfbegriff des letzten Jahrhunderts sei mittlerweile begraben. Die Schulreform will doch keinem Kind Leistung und Talent absprechen, sondern lediglich Chancengleichheit für alle Kinder fördern.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, wie undurchlässig unsere Gesellschaftsschichten nach wie vor sind. Zeit, die alten Krusten endlich mal aufzubrechen – Talent und Leistung zu fördern und zwar unabhängig von Herkunftsaspekten.

Susanne Grimm, Hamburg

In Hamburg gibt es einen Sanierungsstau von angeblich über zwei Milliarden Euro an den Schulen. Das Modell Hamburg Süd wird mit Mitteln, die allen Hamburger Schulen zu Gute kommen müssten, künstlich nach oben gepuscht. In diesem Modell Hamburg Süd befinden sich ca. 8% der Schulen, die aber mit über 20% der Mittel für den Schulbau in Hamburg bedacht werden. Das die Schulleitungen der teilnehmenden Schulen mit dem Projekt Modell Hamburg Süd sehr glücklich sind, ist verständlich, da im Moment mehr als das doppelte an Geld in diese Schulen fließt. Diese Ungerechtigkeit muss unseres Erachtens gestoppt werden, um allen Schulen die gleichen Chancen einzuräumen.

Weiterhin sollte man auch den Schulbau Tor zur Welt überprüfen. Unserem Wissen nach wird das Projekt Tor zur Welt von der IBA begleitet. In diesem Bauvorhaben sollen frisch sanierte Gebäude abgerissen werden. Die Beseitigung des Sanierungsstaus stellen wir uns anders vor und daher möchten wir Sie bitten, sich dieser gesamten Problematik anzunehmen, um das Gleichgewicht im Hamburger Schulbau wieder herzustellen.

H. Mayer, Hamburg

Die nachträglich gelieferte Rechtfertigung für die Einführung einer Primarschule in Hamburg (Studie des Max-Planck-Instituts) durch den "Bildungsexperten der CDU" Marcus Weinberg ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Schade, dass die CDU überhaupt nicht begreifen kann, worum es bei den Plänen der Schulreform geht! Interessant ist vor allem, dass die Hamburger CDU offensichtlich nun doch das höchst umstrittene Berliner Modell der verlängerten Grundschule bevorzugt. Bedenklich ist, dass die Aussage lautet: Eine Primarschule ist für die guten Schüler nicht schlechter als das bisherige System! Die Forderung ist aber: Es muss für alle Schülerinnen und Schüler besser sein!

J. Rasch, Hamburg