Los Angeles. Fans von „Film Noir“-Klassikern kommen bei „John Sugar“ auf ihre Kosten. Colin Farrell spielt einen Privatdetektiv mit einem Faible für alte Filme. Die Serie bei Apple TV+ hält Überraschungen bereit.

Von Beginn an hat „John Sugar“ einen besonderen Touch. Als Neo-Noir-Serie um einen Privatdetektiv in Los Angeles beschrieben, stellt der Achtteiler (ab 5.4.) beim Streamingdienst Apple TV+ das Genre mit einer überraschenden Wendung auf den Kopf.

Colin Farrell spielt den mysteriösen Privatermittler John Sugar, mit Designer-Anzug und Krawatte perfekt angezogen, der mit sanfter Stimme versichert, er sei „einer von den Guten“, der Leuten nicht gerne weh tue. Doch das bringt der Job mit sich. Als Spezialist dafür, vermisste Menschen aufzufinden, muss er gelegentlich über Leichen gehen.

Eine nostalgische Hommage

Gleich zum Auftakt, in Schwarz-Weiß-Szenen in Tokio, überführt er den Kidnapper eines Jungen, dessen Vater ein reicher Unterweltboss ist. Nach diesem Warm-up geht es ins sonnige Los Angeles, wo der nächste Auftrag wartet.

Sugar, ein selbsterklärter Filmnarr, trifft dort den legendären Hollywood-Produzenten Jonathan Siegel (James Cromwell), dessen Enkelin Olivia unter mysteriösen Umständen verschwunden ist. Die junge Frau ist ein Ex-Junkie. Ihr eigener Vater Bernie (Dennis Boutsikaris) sorgt sich mehr über die Schnüffeleien von Sugar, der dabei auf lange verborgene und neue Familiengeheimnisse des Siegel-Clans stößt.

„John Sugar“ ist eine nostalgische Hommage an die Film-Noir-Klassiker der 40er und 50er Jahre, also düsteren Krimis mit Stars wie Humphrey Bogart oder Glenn Ford als Spürnasen. Mit verblüffender Montagetechnik werden Szenen aus berühmten Schwarz-Weiß-Filmen in die Handlung eingewoben. Denn Sugar, der in seinem alten Corvette-Cabrio durch die Straßen von Los Angeles fährt, taucht selbst am liebsten in die Welt der einsamen, unnahbaren Detektive ein.

Privatdetektiv mit vielen Rätseln

Dass auch er ein Geheimnis hat, wird bald zum Kern der Story. Ein lästiges Zucken in der Hand, Injektionen mit einem geheimnisvollen Mittel, Treffen von Mitgliedern eines Geheimbunds und Anspielungen auf eine verschwundene Schwester, deren Verlust Sugar quält - mit futuristischen Elementen setzt sich „John Sugar“ vom üblichen Crime-Stoff ab.

Farrell (47), der im vorigen Jahr für seine Rolle als unbedarfter Farmer in der Tragikomödie „The Banshees of Inisherin“ für einen Oscar nominiert war, zieht nun die Zuschauer als cooler, undurchsichtiger Mann völlig in den Bann. Er spricht zig Sprachen, kippt Drinks, ohne den Alkohol zu spüren, er ist ein versierter Killer und gleichzeitig ein hilfsbereiter Mensch, wie ein Obdachloser und dessen Hund zu spüren bekommen.

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Sugar ist höflich und charmant, aber alles andere als ein verstaubter Sherlock Holmes. Die chice Managerin Ruby (Kirby Howell-Baptiste), die seine Aufträge überwacht, steht ihm mit Hightech-Fahndung zur Seite. Zugleich kennt sie Sugars Schwächen und seine Abneigung gegen Waffen. Für den Film-Noir-Liebhaber hat sie eigens eine alte Pistole erstanden, mit der Hollywoodstar Glenn Ford einst in dem Krimi „Heißes Eisen“ hantierte.

Der Privatdetektiv gibt ständig Rätsel auf. „In Ihnen steckt mehr als man sieht“, sagt Melanie (Amy Ryan) nach ihrer Begegnung an einer Bartheke. Sugar hat die frühere Rocksängerin und Ex-Stiefmutter der verschwundenen Olivia ausfindig gemacht und hofft auf ihre Mithilfe bei der Suche nach der jungen Frau. Das verschafft „John Sugar“ einen romantischen Vibe, der von den Machern geschickt für eine sensible Beziehungsstory genutzt wird.

Farrell ist ein Glücksfall für die Serie, die mit dem irischen Star perfekt besetzt ist. Der Schauspieler ist auch als ausführender Produzent an Bord. Schöpfer ist Mark Protosevich, der zuvor an Drehbüchern für düstere Filme wie „Oldboy“ und „I Am Legend“ mitwirkte.

Regie führte der Brasilianer Fernando Meirelles, der 2004 mit dem Spielfilm „City of God“ über die Armenviertel von Rio de Janeiro eine Oscar-Nominierung holte. Er drehte auch den
Polit-Thriller „Der ewige Gärtner“ oder das Endzeitdrama „Die Stadt der Blinden“.