Mit der neuen Satiresendung “Das Ernste“ will die ARD der “heute-show“ Konkurrenz machen, aber es liegt ein Schatten auf der Premiere.

Berlin. Über den miserablen Titel wird man noch hinwegsehen können. "Das Ernste" nennt die ARD ihre "Tagesthemen"-Parodie, mit der sie der höchst erfolgreichen und hoch dekorierten "heute-show" endlich etwas entgegensetzen will. Heute Nacht geht es los, einen ersten Vorgeschmack servierten die Verantwortlichen schon am Montag als Stream in der hauseigenen Mediathek. Man möge aber bitte berücksichtigen, hieß es im Begleittext zu dem knapp fünfminütigen Clip, dass es sich um "Ideen und Entwürfe" handele.

Über den öffentlich ausgestellten Defätismus konnte man nur staunen, andererseits ist Anlass zur Sorge durchaus gegeben. Denn wie soll eine Steinbrück-Parodie funktionieren, wenn man beim besten Willen nicht erkennen kann, dass es sich bei dem Dargestellten um Peer Steinbrück handeln soll? Auch die Merkel-Maske ist so grottig, dass die ohnehin schon flachen Pointen verpuffen. ("Komm Se rein, wenn Se kein griechischer Bettler sind!") Die "Süddeutsche Zeitung" hat Florian Schroeder am Dienstag mit den Worten zitiert, die Maske sei "auf dem Weg". Die Münchner haben den 33-Jährigen unter anderem deshalb den Anführer eines Himmelfahrtskommandos genannt.

Florian Schroeder ist der Mann, der das Unmögliche möglich machen soll. Mit intelligentem Humor wird der Zuschauer bei der ARD bekanntlich kaum konfrontiert. Um Dieter Nuhr und seinen "Satire Gipfel" ist es dort sehr einsam. Beim rbb, der die Federführung hat, gibt man sich trotzdem selbstbewusst. Heiner Heller, der gemeinsam mit Gernot Binkle für die Redaktion zuständig ist, sagt: "Wir freuen uns auf handverlesene junge Comedians und darauf, wie sie Politik, Wirtschaft, Werbung und das Fernsehen aufs Korn nehmen. Das Ergebnis präsentieren wir einem sachkundigen Publikum gleich im Anschluss an Dieter Nuhrs Jahresrückblick 2012. Das ist für uns so etwas wie die Pole Position." Die Parodien und Beiträge werden von Anchorman Florian Schroeder im Nachrichten-Stil anmoderiert. Gedreht werden die Sequenzen im "Tagesthemen"-Studio von ARD-aktuell.

Im Verlauf der Sendung präsentiert der frühere "Tagesschau"-Sprecher Jo Brauner zwei Nachrichtenblöcke mit Kurzmeldungen. Neben Schroeder parodieren Thomas Nicolai, Marti Fischer, Sarah Kelly-Husain und Antonia von Romatowski Deutschlands Machtmenschen und die, die es gerne wären.

Auf Schroeders Talent wurde das Fernsehen schon 1993 aufmerksam, als der 14-Jährige bei "Schmidteinander" Prominente parodierte. Nach dem Abi leistete der gebürtige Lörracher seinen Zivildienst beim Patientenradio der Uniklinik Freiburg ab. Auf Tour gegangen ist Schroeder dann mit dem Kabarett-Ensemble "Heinz!", das sich der Kunst von Heinz Erhardt verschrieben hatte, 2004 kam das erste Soloprogramm ("Auf Ochsentour"), und dafür gab es mit dem ffn Comedy Award prompt die erste Auszeichnung. Inzwischen ist Schroeder hoch dekoriert. In seiner Trophäensammlung steht unter anderem der Kleinkunstpreis Baden-Württemberg und der Stuttgarter Besen. Über viel Fernseherfahrung verfügt er auch, neben ungezählten TV-Gastauftritten moderierte Florian Schroeder die Kabarett-Talkshow "Seitensprung" auf 3sat und seine eigene Late-Night-Show im SWR Fernsehen.

Das klingt nach einer guten Wahl, und trotzdem liegt ein Schatten auf der Premiere. Olli Dittrich, der mit "Blind Date" und "Dittsche" für höchsten Glanz in der ARD gesorgt hat, fühlt sich düpiert. Zwei Jahre hat der Grimmepreisträger nach eigenen Angaben in die Konzeption eines neuen Formats gesteckt, das er "Tagesschaum" nennen wollte. "Wir haben", sagte Dittrich jetzt dem "Spiegel", "immer wieder detailliert darüber geredet. Dann habe ich auf einmal nichts mehr gehört. Dass jetzt die Kopie ins Fernsehen kommt, ist für mich schon eine Überraschung."

Auch Dittrich wollte in den Originalkulissen drehen, auch in Dittrichs Konzept kamen "echte" Nachrichtencharaktere vor, im "Tagesschaum" hätten Ulrich Wickert oder Ulrich Deppendorf die Kommentare gesprochen. Florian Schroeder meint trotzdem, keine Ähnlichkeiten erkennen zu können: "Der Vorschlag der Kollegen von ,Das Ernste' und der Vorschlag von Olli Dittrich haben keine Gemeinsamkeiten."

"Das Ernste", heute, ARD, 24 Uhr