Der Regisseur Lars Becker erzählt in seinem Hamburg-Krimi “Geisterfahrer“ von zwei Rettungssanitätern, die plötzlich zu Geld kommen.

Ihre Fahrkünste entscheiden über Leben und Tod. Freddy Kowalski und Emile Ramzy sind Rettungssanitäter. Die beiden kennen jeden Schleichweg durch Hamburg, die vorgegebenen Zeitfenster bei Einsatzfahrten unterbieten sie regelmäßig. Und von einem Personenschützer der Polizei lassen sie sich erst recht nicht in ihre Route reinreden. Rote Ampeln zählen für sie nicht, zur Not benutzen sie die Gegenfahrbahn, immer haarscharf an einem Crash vorbei. Freddy und Emile sind Geisterfahrer und Schutzengel zugleich. Im Fall des auf offener Straße angeschossenen Oberstaatsanwalts Montgomery (Fritz Karl) sind die beiden befreundeten Kollegen (Tobias Moretti und Fahri Yardim) machtlos. Montgomery stirbt an seinen Verletzungen, gibt Freddy im Sterben den Schlüssel zu einem Schließfach. Plötzlich befinden sich die Sanitäter mittendrin in einem für sie undurchschaubaren Kriminalfall.

"Die Idee zu den 'Geisterfahrern' ist mir bei den Recherchen zur 'Nachtschicht' gekommen", sagt Regisseur Lars Becker. "Wir hatten interessante Begegnungen mit Ambulanzfahrern, die eine Menge spannender Alltagsgeschichten zu erzählen hatten." Doch der Autor und Regisseur, der neben Dominik Graf als der herausragende deutsche Filmer im Genre des Polizeifilms gilt, hatte wenig Interesse daran, den Alltag von Sanis zu erzählen. Seine Rettungsfahrer-Buddys tappen in für sie unbekanntes Terrain. Sie geraten in eine Auseinandersetzung, in der es um Waffenhandel im großen Stil und Korruption bis hin zu den Spitzen von Polizei und Staatsanwaltschaft geht. Der Schlüssel, den der sterbende Montgomery ihnen gegeben hat, passt zu einem Schließfach am Hauptbahnhof mit einer Tasche voller Geld. Freddy und Emile, beide finanziell klamm, sehen plötzlich eine Chance, ihrem Leben eine andere Wendung zu geben. Doch das scheinbar herrenlose Geld hat einen Besitzer ...

Korruption hat Lars Becker auch schon in früheren Filmen interessiert. In "Rette Deine Haut", 2002 für den Deutschen Fernsehpreis nominiert, zeichnet er ein düsteres Bild einer bestechlichen Polizeieinheit. "Korruption kreuzt bei Recherchen immer wieder meinen Weg. Es gibt viele Fälle, an denen deutsche Firmen im Ausland daran beteiligt sind. Aber Korruption in Behörden ist auch bei uns ein Thema", sagt der in Altona lebende Filmemacher. Das Gleiche gilt, so Becker, für den Waffenhandel. "Wir exportieren Schusswaffen, die wir selber bei uns nicht haben wollen, die aber in vielen Teilen der Welt sehr begehrt sind und oftmals illegal verkauft werden. Da ist richtig Cash drin", sagt er.

Einen der Waffenhändler in "Geisterfahrer" spielt Uwe Ochsenknecht. Becker hat die Figur nicht so dunkel und brutal angelegt, wie es vielleicht der Realität entsprechen würde. Am Ende des Thrillers bekommt die Figur sogar sehr menschliche Züge. "Man muss auch Figuren benutzen, die nicht nur auf der funktionalen Ebene passen. Gerade in einem Fernsehfilm ist der Unterhaltungswert ein Kriterium. In einem Kinofilm wäre diese Figur anders angelegt gewesen", sagt Becker. Doch trotz dieser Überzeichnung funktioniert "Geisterfahrer" als spannender Thriller. Das liegt an der Story, an der bei Becker gewohnt hochkarätigen Besetzung (Armin Rohde, Sophie von Kessel, Misel Maticevic) und an den beiden Hauptdarstellern. Moretti und Yardim funktionieren als Buddys erstklassig, weil die sozialen Milieus stimmen, aus denen ihre Figuren stammen, und weil ihre Sprache passt. Diese Genauigkeit ist eine weitere Qualität in Beckers Filmen. Er schaut den Leuten aufs Maul und übernimmt diese Sprache in seine Dialoge. Vielleicht ist das ein Grund, warum seine Krimis trotz mancher Überzeichnung so realistisch wirken.