Der Ahrensburger begann als Swing Kid und blieb Jazz-Liebhaber und Plattensammler bis zuletzt. Jetzt starb Discher im Alter von 87 Jahren.

Hamburg. So möchte man sterben. Friedlich, im Bett, im hohen Alter, am Abend vorher hat man noch Platten aufgelegt für die Leute im Altenheim, hat sie zum Tanzen gebracht mit seiner Lieblingsmusik und damit allen Freude gemacht. Genau so ging das lange Leben des Hamburger Jazzhistorikers und Swing-Experten Günter Discher zu Ende. Am vergangenen Sonnabend legte der 87-Jährige sich in seinem Zuhause in Ahrensburg wie gewohnt nach getaner Arbeit als Senior-DJ der Republik zur Ruhe. Und am nächsten Morgen wachte er einfach nicht mehr auf.

Günter Discher war während der Nazizeit eines der Hamburger Swing Kids, jener musikalisch Infizierten und politisch Unangepassten, die mit Schirm, Charme und langen Haaren der Hitlerjugend glaubten Paroli bieten zu können. Viele von ihnen, auch Discher selbst, mussten ihre lebensfrohe Haltung und ihren oppositionellen Geist bald bitter büßen. 1942 verhaftete die Gestapo ihn wegen "zersetzenden und staatsabträglichen Verhaltens" und brachte ihn für zwei Jahre ins Jugend-KZ Moringen in Niedersachsen.

Nach dem Krieg wuchs Dischers Sammlung an Swing-Schellacks, später an Jazz-LPs und CDs mit dem Sound der 20er- bis 50er-Jahre ins Unermessliche. 1996 gab ihm der NDR mit der Sendung "Das gab's nur einmal" ein regelmäßiges Forum, auf dem er seine anhaltende Begeisterung für jenes sensomotorische Offbeat-Erlebnis namens Swing mit Radiohörern in Norddeutschland teilen konnte. Zudem brachte eine kleine Plattenfirma eine Reihe seiner Schätze klanglich restauriert und thematisch sortiert in einer CD-Edition wieder in den Handel.

Discher sah sich in vielem als Pionier - erster DJ, erster Podcaster, noch dazu Erfinder einer Art Bauern-Stereophonie, als er 1945 auf zwei Trichtergrammofonen fast simultan die gleiche Swing-Platte abspielte. Er liebte diese Musik nicht nur, er hat sie gelebt, und das seit jener Zeit, als in Deutschland ein ganz anderer Sound den Ton angab. Mit ihm ist einer der letzten Zeitzeugen der Swing-Jugend verstorben. Und ein DJ mit offenen Ohren und einem großen Herzen für sein Publikum. Über seine Arbeit sagte er: "Ich spiele nicht nur Swing, sondern auch Rumba und, nach 12 Uhr nachts, auch mal Hawaii-Musik zum Kuscheln."