Peter Rundel dirigiert unter dem Motto “China Spectacular“ Werke von Tan Dun und Qigang Chen, zwei der bekanntesten zeitgenössischen chinesischen Komponisten.

Hamburg. Ein bürgerliches Orchester auf Kampnagel? Von der ehrwürdigen Laeiszhalle bis nach Barmbek ist es mental ganz schön weit. Das NDR-Sinfonieorchester lässt das Schubladendenken hinter sich und gibt ab Herbst eine eigene Reihe in der Kulturfabrik. Als Vorgeschmack dirigiert Peter Rundel morgen Abend unter dem Motto "China Spectacular" Werke von Tan Dun und Qigang Chen, zwei der bekanntesten zeitgenössischen chinesischen Komponisten.

Beide sind Grenzgänger zwischen Okzident und Orient. Der Wahl-New-Yorker Tan Dun kam schon mit der Filmmusik zu Ang Lees oscargekröntem Film "Crouching Tiger, Hidden Dragon" zu Weltruhm. Jüngst hat er mit seiner Internetsinfonie Nr. 1 Aufsehen erregt, deren Titel "Eroica" er unbekümmert bei Beethoven entlieh. Für die Klangeffekte in "Yi1: The Intercourse of Fire and Water" schreckt Tan vor ungewöhnlichen Spieltechniken nicht zurück: Da schleift und splittert das Solocello (Christopher Franzius); die Musik wimmert, kratzt und löst eine Flut an Bildern von furchterregenden asiatischen Ritualen aus.

Qigang Chen lebt in Frankreich, ist aber seiner Heimat künstlerisch treu geblieben. Vergangenes Jahr hat er die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Peking musikalisch geleitet. In seiner Suite "Iris dévoilée" webt er europäische und chinesische Einflüsse kunstvoll ineinander: Neben dem westlichen Sinfonieorchester kommen auch traditionelle chinesische Instrumente zum Zuge, und eine der Sopranistinnen singt gar im Stile der Peking Oper. In neun Miniaturen beschreibt Chen neun Gemütszustände jener geheimnisvollen Frauenfigur Iris, die es zu entschleiern gilt, von melancholisch bis wollüstig. Ein bisschen Voyeurismus darf ja wohl sein.

China Spectacular Fr 26.6., 20.00, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestr. 20, Karten zu ca. 20,- im Vvk.; www4.ndr.de/sinfonieorchester