Berlin. Unter der Regie von Jaume Collet-Serra bekommt es die surfende Blake Lively an einem einsamen mexikanischen Strand mit einem Hai zu tun. Das Ergebnis sind 86 sehr unterhaltsame und auch spannende Minuten.

Im vergangenen Jahr feierte ein legendärer amerikanischer Blockbuster sein 40. Jubiläum: "Der Weiße Hai", ins Kino gebracht 1975 von Großmeister Steven Spielberg. Während Spielbergs Hai einst eine ganze Gemeinde in Angst und Schrecken versetzte, muss sich Hauptdarstellerin Blake Lively ("Gossip Girl") nun in einer menschenleeren mexikanischen Strandbucht ganz allein gegen einen aggressiven Raubfisch wehren. Zwischen Mensch und Tier kommt es zu einem zermürbenden Kampf auf Leben und Tod. Die Regie zu diesem, mit Horrorelementen durchsetzten Überlebensthriller führte der Spanier Jaume Collet-Serra, der bereits Filme wie "Unknown Identity" mit Liam Neeson, "Orphan - Das Waisenkind" oder das Gruselstück "House of Wax" in seinem Portfolio hat.

Der Tod ihrer Mutter liegt noch nicht lang zurück, da macht sich Nancy, die Medizin studiert, auf den Weg zu einer versteckten Bucht irgendwo an der mexikanischen Küste. An eben diesem Strand hat auch Nancys Mutter einst auf dem Surfbrett gestanden. Der Mexikaner aber, der Nancy nach einer langen Fahrt durch den Dschungel hier absetzt, rät der durchtrainierten und hübschen jungen Dame zur Vorsicht, auch mag er den Namen der rätselhaften Bucht nicht preisgeben. Das Wetter aber ist herrlich, und so schwingt sich Nancy schon bald auf ihr Brett.

Dass im Wasser ein großer weißer Hai auf sie wartet, das vermag sie da noch nicht einmal zu erahnen, so pittoresk liegt die verlassene Bucht im gleißenden Licht der mexikanischen Sonne (tatsächlich soll ein Teil der Bilder in Australien entstanden sein). Bald aber wird in Nancys Bein eine erste tiefe Wunde klaffen; der Kampf hat begonnen.

Die eingangs aufdringliche, ja fast etwas vulgäre musikalische Flankierung konterkariert Regisseur Collet-Serra mit wunderbaren Natur-Impressionen, famosen Vogelperspektiven, packenden Unterwasseransichten und starken Surf-Szenen. Der meist recht realistischen Anmutung kommt es zudem zu Gute, dass Collet-Serra auf am Computer genierte Effekte über weite Strecken verzichtet. Auch wenn der spanische Regisseur mit seiner Hai-Story nicht an Spielbergs übergroßes Vorbild heranreicht, so scheint er sich doch teils an dessen "Jaws" (so der Original-Titel vom "Weißen Hai") zu orientieren: So dauert es wie in "Der Weiße Hai" auch diesmal eine Weile, bis man das vermeintliche Ungeheuers erstmals in Gänze zu sehen bekommt, was der Spannung auch hier zuträglich ist.

Collet-Serra verweist zudem auf ein weiteres Kultwerk: Robert Zemeckis Robinsonade "Cast Away" aus dem Jahr 2000. War es damals ein zum Freund mutierter Volleyball, der Tom Hanks beim Überleben half, so wird in "The Shallows" eine verletzte See-Möwe zu Nancys Leidensgenossin.

Auch wenn "The Shallows" dem Untergenre des Hai-Films nichts Wesentliches hinzuzufügen vermag, so fühlt man sich hier doch sehr gut unterhalten. In Zeiten, in denen US-Blockbuster gern mal an der Drei-Stunden-Marke kratzen und manch TV-Serie über zehn Staffeln läuft, ist "The Shallows" mit seinen 86 Minuten ein wunderbares Beispiel für ökonomisches, sehr bündiges und hoch effektives Erzählen.

Keine Liebesgeschichte, die vom eigentlichen Geschehen ablenken würde, keine irrelevanten Nebenfiguren, nur das Duell einer jungen Frau mit der Natur, respektive dem Hai - selten hat man zuletzt im Kino einen derart fokussierten Zweikampf miterleben dürfen. Zwar handelt es sich bei Nancy um keine sonderlich komplex angelegte Figur; Blake Livelys Schauspiel aber ist ziemlich glaubwürdig, ihr uramerikanischer Überlebenswille und ihre Entschlossenheit sind anrührend. "The Shallows" ist daher gekonnte, durchaus intelligente Unterhaltung mit einem hübschen Nebeneffekt: Man verspürt nach diesen eineinhalb Stunden das große Bedürfnis, sich endlich einmal wieder Spielbergs Hai-Thriller von 1975 anzuschauen.