Der Thriller nach dem Bestseller des Schweden Stieg Larsson ist eine sehr starke Adaption, die bis zum Schluss spannend bleibt.

Hamburfg. Die Latte liegt hoch, mindestens aus der Perspektive von Millionen Lesern: Kann ein komplexer Stoff wie Stieg Larssons "Millenium-Trilogie" angemessen oder gar gewinnbringend verfilmt werden? Ja: "Verblendung" besteht die Nagelprobe ohne Abstriche. Teil eins der Thriller-Reihe ("Verdammnis" und "Vergebung" kommen 2010 ins Kino) hätte wohl auch seinen schwedischen Urheber begeistert. Larsson starb 2004 im Alter von 50 Jahren und erlebte schon den immensen Erfolg seiner Bücher nicht mehr.

Die Filmmacher gehen mit seinem Vermächtnis sehr sorgsam um. Drehbuchautoren Nikolaj Arcel und sein Kollege Rasmus Heisterberg haben die rund 700 Seiten der Originalvorlage gekonnt verdichtet und gestrafft. Der dänische Regisseur Niels Arden Oplev (inszenierte auch Teile der TV-Reihe "Der Adler - Die Spur des Verbrechens") setzt das Skript mit großer Detailfreude, effektvoller Lichtgestaltung und häufig eingesetzter Handkamera um; vor allem erliegt er nicht der Versuchung, die manchmal klaustrophobische Atmosphäre des Buches mit zu viel Action anzureichern. Und: Mit Michael Nyqvist und Noomi Rapace führt Oplev zwei großartige Mimen.

In den zentralen Rollen des renommierten Enthüllungsjournalisten Mikael Blomkvist und der Rechercheurin Lisbeth Salander spinnen die beiden ein ebenso spannendes wie vielschichtiges Handlungs- und Charaktergeflecht. Blomkvist, gerade wegen Verleumdung verurteilt und deshalb zur Untätigkeit verdammt, wird von dem 83-jährigen Patriarchen einer Industriellenfamilie engagiert: Der Journalist soll das Schicksal von Henrik Vangers Lieblingsnichte Harriet aufklären, die seit 40 Jahren verschollen ist. Der Alte erteilt den Auftrag nicht, ohne Blomkvist vorher gründlichst durchleuchten zu lassen - von Lisbeth Salander.

Die aggressive, verletzt und traumatisiert wirkende junge Frau erzielt ihre Ergebnisse vor allem als ebenso kompromisslose wie geniale Hackerin, die sich mit einem Laptop Zugang zu so ziemlich allen Daten verschafft. Zufällig erfährt Blomkvist von der auf ihn angesetzten Verfolgerin, stellt sie erst zur Rede - und dann fest, dass die beiden ein schlagkräftiges Team abgeben.

Was das Duo dann ans Licht bringt - und welche dunklen Geheimnisse sich auch hinter den Fassaden der beiden Protagonisten verbergen -, sprengt manchmal jede Vorstellungskraft. Die Familiengeschichte der Vangers erweist sich als mörderische Chronologie, tief verankert in der Nazizeit und deren perversen Auswüchsen. Die schwedische Gesellschaft und ihr politisches System wird in Teilen als Netzwerk aus Korruption, moralischer Verrohung und Gewalt entlarvt - und macht klar, warum der schwedische Originaltitel des Buches "Männer, die Frauen hassen" bedeutet.

Regisseur Oplev schildert das alles dramaturgisch so geschickt, dass die Zuschauer das ganze Geflecht leicht durchdringen können, die Spannung aber trotzdem über zweieinhalb Stunden hoch bleibt. Ein sehr starker Thriller.

++++- Verblendung S/D 2009, 152 Min., ab 16 J., R: Niels Arden Oplev, D: Michael Nyqvist, Noomi Rapace, Peter Haber u. a., im Abaton, Cinemaxx (ab 3.10.), Cinemaxx Harburg, UCIs Mundsburg, Othmarschen, Zeise; www.verblendung-derfilm.de