“Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“ ist ein durchschnittliches Remake der 74er-Vorlage

Es war 1974, als Joseph Sargent "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123" inszenierte, mit Walter Matthau als Gutem und Robert Shaw als Bösem. Ein kleiner, effektiver und überaus packender Thriller, der von der ersten bis zur letzten Minute in Atem hielt. 35 Jahre später haben sich die Dinge verändert "klein" und "effektiv" sind für das Remake keine Optionen mehr, groß und überwältigend muss es sein. Besser noch: ein Anschlag auf die Sinne. Und wer könnte dafür geeigneter sein als Regisseur Tony Scott, der - wie zuletzt in "Domino" - wieder ordentlich angibt: alles sehr rasant gemacht, alles sehr flott geschnitten, mit aufwendigen, fast schon absurden Special effects und coolen Darstellern. Doch die schlichte Eleganz des Originals hat einfach mehr Spaß gemacht.

Das beginnt bei den Darstellern: Knautschgesicht Walter Matthau überzeugte damals mit ruppigem Charme, Robert Shaw mit beängstigender Kaltblütigkeit. Denzel Washington, der nun den Fahrdienstleiter der New Yorker U-Bahn spielt, ist viel zu umgänglich und ernsthaft, John Travolta, Anführer einer Bande, die durch die Entführung eines Zuges mit zahlreichen Passagieren zehn Millionen Dollar (im Vorgänger reichte noch eine) erpressen will, darf dem Affen ordentlich Zucker geben: ein eloquenter Neurotiker, der eher kleinlich als böse rüberkommt.

Eine Stärke der alten Version waren auch die vielschichtigen, lebendig umrissenen Passagiere, um deren Schicksal sich der Zuschauer sorgte. In Scotts Neuauflage lernen wir sie kaum kennen - wie soll man da mitfiebern? 1974 hatte man noch den Eindruck, dass sich die Handlung in einer richtigen U-Bahn in einem realistischen New York zutrug. Diesmal ist keine Zeit mehr für Lokalkolorit oder Wirklichkeitsnähe. Die Fahrdienstleitstelle sieht aus wie ein Kontrollraum der Nasa, die Zugabteile sind, besonders bei den Actionszenen, deutlich als computergenerierte Effekte erkennbar. Hier ist nichts mehr echt, was dem Film eine eigentümliche, unbestimmte Atmosphäre verleihen könnte. Als sei er aus der Zeit herausgenommen und in einem Niemandsland angesiedelt.

"Die Entführung der U-Bahn 123" sicher kein schlechter Actionfilm, dafür beherrscht Tony Scott die inszenatorischen Mittel viel zu souverän. Zudem muss man ihm dankbar sein, dass er sich dem Bombast der Kracher dieses Kinosommers, von "Terminator 4" bis "G.I.Joe", verweigert hat. Und doch hat Scott das Pech, dass es einen besseren Film gibt - mit (fast) demselben Titel und problemlos auf DVD zu haben.

+++-- Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 USA/GB 2009, 106 Min., ab 16 J., R: Tony Scott, D: Denzel Washington, John Travolta, John Turturro, Luis Guzman, im Cinemaxx Harburg, Streit's (OF), UCI Mundsburg, Othmarschen-Park, Smart-City; www.pelham123.de