Regisseur Marco Bechis beeindruckt mit der Geschichte eines untergehenden Volkes in seinem Film “Birdwatchers“.

Es beginnt mit einer Irritation. Den Vogelbeobachtern des Filmtitels gilt gar nicht das Hauptaugenmerk. Sie tauchen nur am Anfang auf, als Urwaldtouristen, die im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul per Motorboot einen Fluss hinabschippern. Mit ihren Ferngläsern tasten sie den Dschungel ab, auf der Suche nach exotischen Vögeln. Doch plötzlich rückt eine Gruppe halb nackter Indios vom Stamm der Guarani-Kaiowá, mit Pfeil und Bogen bewehrt, ins Blickfeld. Stolz und bedrohlich stehen sie da, und plötzlich fliegt eine Salve Pfeile Richtung Motorboot. Die Birdwatchers ergreifen die Flucht. Schnitt. Während sich die angeblich so wilden Indios noch T-Shirts und Jeans überstreifen, reicht ihnen eine Frau Geldscheine. Sie waren nur Statisten in einer Inszenierung.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Guarani-Kaiowá leben unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem Reservat. Als sich zwei Frauen des Stammes im Wald erhängen, beschließt Nadio (Ambrósio Vilhava), das Reservat mit seinen Leuten zu verlassen und ins Land seiner Vorfahren zurückzukehren. Aber: Das Gebiet gehört schon seit langem dem Großgrundbesitzer Lucas Moreira (Leonardo Medeiros), der Urwald wurde gerodet. Und so schlagen die Guarani-Kaiowá einfach ihre Zelte am Straßenrand auf.

Von nun an prallen Welten aufeinander. Die Eskalation der Ereignisse schildert der argentinisch-stämmige italienische Regisseur Marco Bechis ohne Klischees, ohne Schwarz-Weiß-Malerei. Weder verteufelt er die weißen Gutsbesitzer, noch überhöht er die Indios als in Harmonie lebendes Naturvolk. Im Gegenteil: Viele der unterschwelligen Konflikte werden durch falschen Stolz und Vorurteile hervorgerufen. So verbietet Nadio den Männern, als Tagelöhner zu arbeiten. Doch im Wald zu jagen, haben die Indios verlernt.

"Birdwatchers" lebt von seinen Kontrasten, die durch das Spiel von sensibel geführten Laien und professionellen Darstellern der Farmer noch unterstrichen werden. Und doch ist so etwas wie Annäherung möglich, kleine Flirts zwischen Indios und Weißen stehen stellvertretend für eine Utopie. Eine Utopie, die Bechis unprätentiös, zurückhaltend, ohne erhobenen Zeigefinger inszeniert hat. Dabei fängt er fast schon beiläufig die Schönheit des Urwalds ein, der plötzlich durch von Menschenhand bebautes Ackerland begrenzt wird. Treffender kann man das Drama eines untergehenden Volkes nicht ausdrücken.

+++++ Birdwatchers Italien/Brasilien 2008, 108 Min., ab 12 J., R: Marco Bechis, D: Ambrósio Vilhava, Leonardo Medeiros, Ademilson Concianza Verga, täglich im Abaton; http://birdwatchers.pandorafilm.de

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