Mit “Madboy“ hat Regisseur Henna Peschel eine fulminante Hamburg-Hommage fernab vom Hochglanz gedreht

Hamburgs lautester Heimatfilm" lautet der Slogan, mit dem derzeit Poster und Flyer für den Bundesstart von Henna Peschels "Madboy" werben. In Hamburg, Berlin, Köln und Buchloe im Ostallgäu liegen die offiziellen Spielstätten. Und ebenso, wie der Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Produzent sein Werk jetzt in die Kinos gebracht hat, so hat er es auch gedreht: ohne Budget, dafür mit Kontakten, Witz, Eigensinn und -initiative.

Bei Trash-Cineasten hat der Hamburger Filmemacher bereits einen allerbesten Namen durch seine unvollendete "Rollo Aller"-Trilogie mit Szene-Ikone Rocko Schamoni in der Hauptrolle. In "Madboy" hat Peschel sich wieder seinem liebsten Spielfeld, der hanseatischen Subkultur, gewidmet - und ist (mit Fahrrad und Digitalkamera) erneut zu seinem favorisierten Drehort gereist, nach Wilhelmsburg.

Auf der Hamburger Elbinsel trifft Schäffke (Hector Kirschtal), ein abgebrannter Punkrocker und Jungbauer aus der Provinz, auf den Künstler Jakobus (Jakobus Siebels), der häufiger malt als zu essen und zudem die aparte BWL-Studentin Nina (Nina Schwabe) in seinem Atelier beherbergt. Um an ein wenig Bares zu gelangen, legen sie sich aus Versehen mit ein paar Kleinkriminellen an - und nebenbei lernt Schäffke noch, schöne Lieder auf der Gitarre zu spielen.

"Madboy" ist ein Film, der vor allem durch sein grandioses Typen-Ensemble lebt. Denn Peschel holt Laiendarsteller vor die Kamera, deren Rolle kaum ein Schauspieler besser rüberbringen könnte: langhaarige Türsteher, tätowierte Kickboxer, coole Autoschrauber, modebewusste Bandmanager. Es sind die vielen situationskomischen wie lakonischen Momente, die von "Madboy" in Herz und Hirn haften bleiben: Wie Schäffke zu Beginn im blauen Kuhstall-Overall samt Melkeimer auf dem Mofa über die Landstraße rattert. Wie Jakobus fast meditativ seine Hafenkräne pinselt. Wie das Diebesgut in einer Tankstellen-Eistruhe tiefgefroren wird.

"Madboy" ist eine fulminante Hommage an Hamburg von seiner dreckigen, abgeranzten Seite. Hafen statt Hochglanz, Anarchie statt professioneller Politur. Und dennoch ist in "Madboy" alles drin: Action und Liebe, poetisches, prolliges und prekäres Leben - und viel Musik. Mit Songs von Tocotronic, Nils Koppruch, Frank Spilker und R.J. Schlagseite weist der Film auch akustisch mächtig Lokalkolorit auf. Wie Peschel an die Lieder gekommen ist? Eins steht fest: mit Geld bestimmt nicht.

++++- Madbo y - Hamburgs lautester Heimatfilm BRD 2009, 75 Minuten, ab 12 Jahren, R: Henna Peschel, D: Hector Kirschtal, Nina Schwabe, Jakobus Siebels, im Abaton und 3001; www.madboy-derfilm.de