Til Schweiger zeigt, dass er auch anders kann: Nach Rick Kavanians Krawall-Klamauk “1 ½ Ritter“ ist er diesmal in einer ernsthaften, nuancierten Rolle zu sehen.

Von einem Image-Wandel, falls er gewollt war, kann allerdings keine Rede sein. Schweiger lässt es sich als Schürzenjäger und Filou, so wie man ihn kennt, erst einmal gut gehen. Und doch ist "Phantomschmerz", das Regiedebüt des langjährigen Produzenten Matthias Emcke, ein Film, der überraschend leise Töne anschlägt.

Schweiger spielt Marc Somner, einen Tunichtgut, der sich von Job zu Job hangelt. Trotz seines verwegenen Haarschnitts und seiner ungepflegten Klamotten fliegen die Frauen auf ihn. Auch seine kleine Tochter Sarah (Luna Schweiger) - sie lebt bei der geschiedenen Mutter - himmelt ihn an. Schweiger gefällt sich ein wenig zu sehr in der Rolle des eigensinnigen Einzelgängers und Charmeurs. Und doch verleiht er ihm körperliche Präsenz. Marc ist, seiner Antriebslosigkeit zum Trotz, ein leidenschaftlicher Radrennfahrer. Sein größter Traum: einmal den Col du Tourmalet, bekanntes Etappenziel der Tour de France, hoch. Doch dann passiert's: Bei einer nächtlichen Fahrt mit dem Motorroller knallt Marc vor ein entgegenkommendes Auto. Ein Unfall mit Folgen: Das linke Bein muss amputiert werden. Doch mithilfe seines Freundes Alex (Stipe Erceg) und der verdammt netten Nika (Jana Pallaske) überwindet er die unerträglichen Phantomscherzen und steigt vom Rollstuhl auf eine Hightech-Prothese um.

Die Figur des Marc Somner hat ein reales Vorbild. Der Kanadier Stephen Sumner, ein Freund des Regisseurs, hatte im Juni 2004 bei einem Verkehrsunfall in der Toskana sein linkes Bein verloren. Während der Produktion stand er Emcke mit Rat und Tat zur Seite, auch viele Einzelheiten seines Lebens, die große Reiseleidenschaft zum Beispiel, flossen in das Drehbuch mit ein. Das verleiht dem Film Glaubwürdigkeit und Authentizität - auch wenn die Idee, dass Marc auch noch flotte Reisegeschichten schreibt, aber aus Versagensangst nichts veröffentlicht, weit hergeholt ist. Davon abgesehen überrascht Emcke mit einigen schönen Szenen. Einmal trifft Marc sich mit seiner Tochter in einem menschenleeren Velodrom, ein anderes Mal lässt er mit Nika auf einem Hausdach ferngesteuerte Modell-Doppeldecker fliegen. Mythisch überhöhte Metaphern vom Fahren und Fliegen, die für Lebensmut und Aufbruch stehen.

++++- Phantomschmerz Dtl. 2009, 98 Min., ab 12 J., R: Matthias Emcke, D: Til Schweiger, Jana Pallaske, Stipe Erceg, Luna Schweiger, Julia Brendler, täglich im UCI Mundsburg, UCI Othmarschen; www.phantomschmerz-derfilm.de