Berlin. Sie hießen Macke und Mausefips, Bimbo und Quambo, Nuck und Nick. Zahlreiche Comic-Figuren aus der DDR stammen von Jürgen Kieser. Doch seine berühmtesten “Kinder“ sind Fix und Fax.

Die beiden frechen Mäuse naschen natürlich gerne Käse. Und sie bestehen viele Abenteuer auch außerhalb der heimischen Stube, kommen in Gegenden, die für ihre Leser unerreichbar sind - etwa Afrika und das Weltall. Fix und Fax waren die langlebigsten DDR-Comic-Figuren. Von 1958 bis 1991 erschienen ihre Abenteuer monatlich in der Comiczeitschrift "Atze". Der Erfinder des Mäuseknaben-Duos, Jürgen Kieser, wird am Samstag (20. August) 95 Jahre alt.

Der Jubilar lebt zusammen mit seinem Kater im brandenburgischen Neu Zittau - und will an seinem Geburtstag dort nur seine Familie um sich haben. "Ich mach mich lieber dünne", sagt einer der erfolgreichsten DDR-Comiczeichner auf die Frage, ob eine große Feier geplant ist. Auch die meisten Interviewanfragen hat er abgesagt.

Kieser ist Schöpfer Dutzender weiterer DDR-Comicfiguren. Für die "Wochenpost" schuf er etwa "Jürgen Naseweis", "Lobos lustige Streiche" und "Au Backe, Macke", für die "Frösi" den Reporter DROLL und "Geschichten um Olaf", für die "Atze" auch den Affen Bimbo und das Nilpferd Quambo. Auch Kieser-Karikaturen für Erwachsene fanden sich regelmäßig in den DDR-Blättern.

Geboren wurde Kieser am 20. August 1921 wenige Kilometer weiter entfernt von Neu Zittau, in Berlin-Erkner. Während des Zweiten Weltkrieges war er erst Flieger, dann Fluglehrer bei der Luftwaffe. Seine Flugbegeisterung spiegelt sich auch in seinen Comics wieder: Fix und Fax haben von ihrem Vetter Fex ein rotes Flugzeug geschenkt bekommen und erleben damit etliche Abenteuer.

Nach dem Krieg arbeitete Kieser als Werbegrafiker bei der staatlichen Handelskette HO. Als nach dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR die Comic-Hefte "Mosaik" mit den Helden Dig, Dag und Digedag von Hannes Hegen sowie "Atze" und die Kinderzeitschrift "Frösi" ins Leben gerufen wurden, begann Kiesers richtige Karriere: Er entwickelte Bildgeschichten, Basteltipps und auch die Titelfigur "Atze", einen pfiffig-frechen Berliner Pionier. Die "Atze" und das "Mosaik" blieben bis zum Mauerfall die einzigen reinen Comic-Magazine der DDR.

"Mäuse sind niedliche Tierchen", sagt Kieser. In den 50er Jahren stieg in der "Atze" seine Maus Mausefips gerne in ein Flugzeug. Sie sah Mickey Mouse recht ähnlich. Ende 1957 bot der freischaffende Künstler der "Atze"-Redaktion eine andere Mäusegeschichte an: Fix und Fax. Die Leser waren begeistert. Fortan hatten die grauen Mäuseknaben einen festen Platz im Heft. Wenige Jahre zuvor hatte im Westen die Erfolgsgeschichte der Comicfiguren "Fix und Foxi" begonnen.

"Für "Atze", dessen Hauptteil in der Regel aus einer mehr oder weniger politischen Bildgeschichte bestand, waren die beiden Mäuse das unbestrittene Zugpferd - und für viele Leser der Hauptgrund, das Heft zu kaufen", sagt Robert Löffler vom Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag. Die durchgehend kolorierten Geschichten seien für viele Kinder ein wichtiger Farbtupfer im sonst so tristen Alltag der 50er Jahre gewesen, heißt es im "Jürgen-Kieser-Buch" des Verlags.

350 Folgen Fix und Fax schuf Kieser. Drei Seiten gehörten ihm monatlich. "Das war immer der pure Stress: Er hat immer an den drei letzten Tagen vor Abgabe daran gearbeitet", berichtet seine Tochter Christiane Kunow, die als Kind lieber die Geschichten der Digedags las. Seine Comics für Kinder habe ihr Vater immer alleine in seinem Atelier produziert. Vorlegen musste er die Geschichten nicht. Zensur habe es nicht gegeben. Als er seinen Mäuseknaben ein Pionierhalstuch umbinden sollte, habe er sich geweigert, berichtet er.

Zu den Bildern schrieb er Verse wie bei Wilhelm Busch statt Sprechblasen á la Donald Duck. "Sprechblasen haben mir nicht gefallen. Die zerstören die Bilder", sagt Kieser.

Mit seinem Ruhestand im Februar 1987 übergab er die Mäuse-Geschichten an Eugen Gliege. Dessen Zeichenstil unterschied sich deutlich. Im März 1991 erschien die letzte Ausgabe der "Atze". Kieser hat 1987 den Zeichenstift quasi komplett beiseite gelegt. "Er zeichnet nur manchmal etwas auf Zeitungsränder", sagt seine Tochter. Im Wohnhaus des Illustrators findet sich - außerhalb des Ateliers - keine Spur von seinen Werken.