Florian Baxmeyer macht sich selbst Konkurrenz: Sein “Tatort“ läuft am Sonntag parallel zu seinem RTL-Film “Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer“.

Hamburg. Es passiert nicht oft, dass zur besten Sendezeit am Sonntagabend zwei Filme desselben Regisseurs miteinander konkurrieren. Florian Baxmeyer trifft dieses Los an diesem Wochenende, er hat sowohl den ARD-Tatort "Hochzeitsnacht" als auch den Abenteuerfilm "Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer", der auf RTL läuft, inszeniert. Vor die Wahl gestellt, welchen seiner Filme er sich ansehen würde, antwortet er salomonisch: "Ich würde den einen Film im Fernsehen anschauen und den anderen aufnehmen. Dass beide Filme zur selben Zeit laufen, finde ich alles andere als glücklich, aber aus Sicht der Sender ist es zum Anfang der Herbstsaison ein guter Termin."

Es spricht für die Qualität des in Hamburg ausgebildeten Regisseurs, dass es überhaupt zu dieser Terminüberschneidung kommt. Dass Baxmeyer sein Handwerk versteht, fanden schon die Juroren des Studenten-Oscars: 2003 gewann er die Trophäe für "Die rote Jacke", einen 20-minütigen Kurzfilm.

Die Formen, mit denen Baxmeyer in der "Hochzeitsnacht" und im "Bernsteinzimmer" hantiert, könnten unterschiedlicher kaum sein: auf der einen Seite ein Krimi-Kammerspiel, verdichtet auf einen Ort und eine Nacht, und auf der anderen ein opulentes Abenteuer mit spektakulären Aufnahmen wie einer Ballonfahrt über das Berchtesgardener Land und einer Verfolgungsjagd zu Pferde über den breiten Nordseestrand bei St. Peter-Ording. "Es macht mir Spaß, wenn ich in unterschiedlichen Genres arbeiten kann", sagt der Regisseur, der 2007 mit "Die drei ??? - Das Geheimnis der Geisterinsel" seinen ersten Film fürs Kino drehte.

"Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer" ist das dritte Abenteuer des RTL-Teams, das aus dem Archäologen Eik Meiers (Kai Wiesinger), seiner Frau Katharina (Bettina Zimmermann) und seinem Kumpel Justus (Fabian Busch) besteht. Nach dem Schatz der Nibelungen und der Heiligen Lanze sucht das Trio nun nach einem seit 1945 ungelösten Rätsel: Damals verschwand das von den Nazis in Russland geraubte Bernsteinzimmer aus einem Königsberger Schloss und ist bis zum heutigen Tag verschwunden.

Historische Erkenntnisse spielten bei diesem Fernsehspiel allerdings keine Rolle. Lediglich der Mythos dieses "achten Weltwunders" diente als Ausgangspunkt für eine spannende Story. Kein Geringerer als Albert Einstein soll in den Wirren der letzten Kriegstage das sagenumwobene Zimmer versteckt haben. Dessen Urenkelin Mila (Annika Blendl) hat in verstaubten Unterlagen Hinweise auf das Bernsteinzimmer gefunden und sich auf die Suche begeben. Doch finstere Figuren schrecken selbst vor Mord nicht zurück.

"Dass wir Einstein und das Bernsteinzimmer in einen Zusammenhang gebracht haben, setzt gleich einen gewissen Ton. Der historischen Forschung gerecht zu werden, interessiert die Zuschauer, die einen spannenden Film sehen wollen, nicht wirklich. Deshalb sind wir mit dem Stoff sehr frei umgegangen", erzählt Baxmeyer.

Insgesamt fünf Millionen Euro standen ihm als Etat für diesen deutschen "Indiana Jones" zur Verfügung. Nicht viel, wenn man Vergleichszahlen aus Hollywood heranzieht, dort würden die Studios für einen vergleichbaren Film, wenn sie Profit wittern, die 20- bis 30-fache Summe ausgeben. "Kostendruck ist bei jeder Produktion da. Wir haben uns deshalb nach Locations umgesehen, die es schon gibt, wie das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig. Das endgültige Drehbuch ergab sich erst bei der genauen Planung des ,Bernsteinzimmers'", erläutert Baxmeyer.

Eine völlig andere Herausforderung stellte sich dem Regisseur beim Drehen von "Tatort: Hochzeitsnacht". In diesem Kammerspiel stürmen zwei maskierte Männer eine Hochzeitsfeier, bei der Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) zu Gast sind. Einer der Gangster (Denis Moschitto) interessiert sich mehr für den ein paar Jahre zurückliegenden Mord an einem Mädchen als für die Wertsachen der Gäste. Als es in dem Dorfgasthof zu einem weiteren Mord kommt, den die Maskenmänner nicht begangen haben können, schaltet die Kommissarin sich mit ein und recherchiert zusammen mit den Gangstern den alten und den neuen Fall.

Bereits zum vierten Mal inszeniert Baxmeyer einen "Tatort" mit den Bremer Kommissaren, einen weiteren hat er in Kiel mit Axel Milberg und Maren Eggert gedreht. "Diese neue Arbeit war insofern fordernd, weil bei diesem Kammerspiel so viele Schauspieler im Raum waren, deren Charaktere weiter erzählt werden mussten, obwohl das Drehbuch nicht detailliert auf jeden eingeht. Bei dieser Mischung aus Spannung und Komik war es wichtig, den richtigen Ton zu finden", so Baxmeyer. Obwohl er zum ersten Mal ein derartiges Ensemble geführt hat, ist dem Oscar-Preisträger ein bis zuletzt spannender Krimi gelungen.

Das liegt auch an den Schauspielern, mit denen er drehen konnte. Mit Barbara Nüsse, Pamela Knaack, Marion Breckwoldt, Ulrich Bähnk und Tobias Langhoff wirken in "Hochzeitsnacht" einige Theaterschauspieler mit, die an den großen Häusern in Hamburg und Berlin engagiert sind oder waren. "Ich arbeitete gern mit Theaterschauspielern, weil sie besondere Qualitäten mitbringen und nicht in dieser Fernsehroutine drinstecken", sagt Baxmeyer. Einen besonderen Coup hat er mit der Rolle des zweiten Gangsters gelandet: Sascha Reimann alias Ferris MC, Rapper bei Deichkind, zeigt bei dieser Gelegenheit - und das nicht zum ersten Mal - erstaunliche schauspielerische Fähigkeiten.

"Tatort: Hochzeitsnacht" So 20.15, ARD, "Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer" So 20.15, RTL