Jantje Billker gibt am Wochenende ihr Debüt in Michael Batz' Hamburger Inszenierung des Bühnenklassikers

Speicherstadt. Jedermann bleibt Jedermann, doch seine Geliebten kommen und gehen. Robin Brosch, der Titelheld im "Hamburger Jedermann" von Michael Batz, hat schon wieder eine Neue. Nach Patricia Beck und Anika Lehmann ist Jantje Billker nun Broschs Dritte. Und in der 19-jährigen Geschichte des hanseatischen Mysterienspiels die siebte "Buhlschaft", wie die Rolle in Hugo von Hofmannsthals Drama heißt, nach dem Batz seine lokalkritische, zeitgemäße Fassung für Hamburg witzig pointiert in Reime fasste.

"Die Drei ist doch eine Glück bringende Zahl", sagt die 31 Jahre alte Schauspielerin. Die dunkelblonde Ostfriesin ("Daher mein holländisch klingender Vorname") aus einer Lehrer- und Pastorenfamilie studierte Sonderpädagogik in Oldenburg und Hamburg. "Aber das Theater zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben, seit ich als Mädchen in einer plattdeutschen Spielgruppe mitmachte." Während ihres Austauschjahrs in Australien belegte sie einen Drama-Kursus, übte sich als Studentin an der Uni Oldenburg im Improvisationstheater, absolvierte schließlich 2009 die Hamburger Schule für Schauspiel. Sie besuchte auch Masterklassen in Berlin und Los Angeles, denn ursprünglich wollte Billker zum Film.

"Ich bin ein Freigeist, da kann ich mich nicht ans Stadttheater binden", erklärt Billker. Sie will auch für Film und Werbung arbeiten. Doch die junge Frau mit dem klaren Gesicht ist nicht der klassische "Beauty-Shot". Sie habe Ecken und Kanten, sagt sie, und Ironie schwingt in ihrer schönen dunklen Stimme. Billkers attraktives Äußeres und die Modelfigur sind zwar unübersehbar, doch dahinter lässt sie eine starke, eigenwillige Persönlichkeit spüren, die durch selbstbewusste Ausstrahlung und eine offene, natürliche Art gewinnt.

Nach einem Arbeitsjahr für Film und Fernsehen ("Die Schuld der Erben", "Der Hafenpastor") freut sie sich, wieder Theater zu spielen. "Es ist natürlich eine Herausforderung, mit der Akustik unter freiem Himmel fertig zu werden." Doch Regisseur Batz macht ihr Mut: "Man darf nicht der Versuchung erliegen, stimmlich mehr zu geben als nötig ist." Sein Rat an die "Novizin" und "erste Ostfriesin" im Ensemble: "Präzise artikulieren, bei der Figur bleiben, Konzentration und Ruhe bewahren." Zwar entspräche die Bühnenfläche einem Kammerspiel, der Raum jedoch der Größe von vier Opernhäusern. "Gedanklich sollten die Schauspieler aber beim Kammerspiel bleiben, um die Geschichte und Figuren deutlich zu erzählen."

Wie sieht Billker ihre Figur? "Sie ist eine selbstbewusste Geschäftsfrau, die sehr genau weiß, was sie möchte, ihre Reize perfekt einsetzt und es versteht, sich in der High Society richtig zu bewegen." Der reizvolle Kontrast sei jedoch die andere Seite ihrer Rolle, nämlich die Figur der Mortifikation, die das kapitalistische Prinzip verkörpert. "Sie ist die Königin der Nacht - um beim Opernbild zu bleiben - und hält alle Fäden in Händen." Eine tolle Vorlage für jede Schauspielerin, auf der Bühne die Macht in Persona zu sein.

Bei Billkers Engagement hatte "Jedermann"-Teufel Erik Schäffler seine Hand im Spiel. "2010 haben wir uns beim Dreh zum Kurzfilm 'Team Dinner' kennengelernt. Da war er mein Gegenspieler." Schäffler führt auch Regie bei Billkers nächstem Theaterprojekt. "Ich spiele Honey in Albees 'Wer hat Angst vor Virginia Woolf' im Polittbüro." Die Inszenierung der Eheschlacht mit Lisa Politt als trinkfester Megäre Martha hat am 7. September Premiere.

Dass Jedermann die Frauen wechselt wie seine Hemden, ist aus seiner Sicht irgendwie verständlich. Lassen die Luxusweibchen den reichen Mann doch regelmäßig im Stich, wenn es ernst wird und Gevatter Tod seine schauerlichen "Jedermann"-Rufe erschallen lässt, dass die ziegelroten Mauern der Speicherhäuser erzittern. Hofft der reiche Mann in Todesnot immer noch im tiefsten Winkel seines kalten Herzens, dass ihm eine der Geliebten ein einziges Mal bis zum bitteren Ende treu bleibt?

"Der Hamburger Jedermann" Sa 14.7., 20.00, So 15.7., 19.00, Theater in der Speicherstadt (U Meßberg), Auf dem Sande 1, bis 26.8., jew. Fr/ Sa 20.00, So 19.00; Karten zu 18,- bis 52,- unter T. 369 62 37; www.speicherstadt.net