Andrew Garfield als Superheld in der Comic-Verfilmung “The Amazing Spider-Man“ hat nichts von seiner universalen Gültigkeit verloren.

Hamburg. Er ist der Junge, der die Faust in den Magen gerammt bekommt, weil er auf dem Schulhof dem falschen Typen in die Quere kommt. Der Junge, der zu höflich ist, ein knutschendes Paar von seinem Spind zu verscheuchen, damit er seine Bücher herausziehen kann. Peter Parker ist von den Frühstücksflocken bis zum Skateboard ein typischer amerikanischer Durchschnittsjugendlicher in der Selbstfindungskrise - was natürlich blanker Unsinn ist. Für einen Langweiler mit Pickeln auf der Stirn geht man schließlich nicht ins Kino. Peter Parker nämlich mag am untersten Ende der Schul-Hierarchie stehen, nach dem Nackenbiss einer genmanipulierten Spinne ist er es nicht mehr. Oder besser gesagt: Es interessiert ihn nicht länger, er hat jetzt Wichtigeres zu tun. Die Welt retten zum Beispiel.

"The Amazing Spider-Man" heißt der neue Abenteuerfilm (in scheinbar unvermeidlicher 3-D-Ästhetik) um den netten Netzschwinger Peter Parker, der nur fünf Jahre nach dem letzten Auftritt von Tobey Maguire in der Superheldenrolle auf die Leinwand drängt. In Maguires Rolle schlüpft Andrew Garfield, bekannt geworden in der Facebook-Saga "The Social Network" als Kumpel und Konkurrent von Internet-Guru Mark Zuckerberg.

Regisseur Marc Webb buchstabiert seine Heldengeschichte von Parkers Kindheit an. Der Junge wird von seinem Vater, einem Wissenschaftler mit Weitblick, zu seinem Schutz bei Onkel und Tante untergebracht (Martin Sheen und Sally Fields), die wenig Verständnis aufbringen, dass Peter plötzlich mit Schürfwunden im Gesicht, Heißhunger und stundenlanger Verspätung nach Hause kommt. Wissen sie ja nicht, dass ihr Neffe sich eben noch im rot-blauen Stretchanzug in Häuserschluchten gestürzt hat, gigantische Spinnenfäden an den Händen.

+++ Andrew Garfield – Hollywoods neuer Spider-Man mit Charme +++

Peter Parker ist der Samariter unter den Superhelden. Ein Spinnenjunge, der sich anfangs schämt für seine übernatürliche Gabe. Seiner weichen Seite und der Liebe zur schönen Schulkameradin Gwen (die in jedem Film sehenswerte Emma Stone) gibt Regisseur Webb ("500 Days of Summer") viel Raum - hat er doch begriffen, dass Actiongewitter allein, Computerspielästhetik und Monstergegner - in diesem Fall ein godzillahaftes Wesen mit Reptilienhaut und Essiggurkengesicht, ein mutierter Wissenschaftler - noch keinen Film füllen. Stattdessen konzentriert er sich auf die Geschichte seines zwiegespaltenen Helden, der das Böse bekämpfen will und das Glück dafür oft vorbeisausen lassen muss.

Dieser Spider-Man hat, seit er 1962 zum ersten Mal über die Seiten eines Comicheftes krabbelte, nichts von seiner universalen Gültigkeit verloren. Es ist die Geschichte eines Jungen, der noch an die Schachtel Eier für die Mutter denkt, nachdem er einen Kampf um Leben und Tod hinter sich hat.

Bewertung: empfehlenswert

"The Amazing Spider-Man" USA 2012, ab 12 J., 136 Min., R: Marc Webb, D: Andrew Garfield, Emma Stone, Rhys Ifans, täglich in den Cinemaxx- und UCI-Kinos, Hansa-Filmstudios, im Streit's (OF); www.the-amazing-spider-man.de