Lesen, musizieren, singen oder tanzen: Die Altonaer sind aufgefordert, sich an der Stadtteilaktion “Altona macht auf!“ zu beteiligen.

Hamburg. "N' büschn spät für Karneval", murmelt ein älterer Passant. Er bleibt stehen, guckt zum Balkon hoch, wo drei bunt geschminkte, maskierte Frauen lachen und winken. Ein Stockwerk tiefer posieren Jungs als coole Popstars mit Gitarren und Sonnenbrillen. "Oder macht ihr da oben Party?" Der Mann hat irgendwie recht. Die Choreografin Yolanda Gutiérrez probiert in der Erdmannstraße 1b mit der Sex-Rock-Band Sick Hyenas, serbischen Tänzerinnen und Sängerinnen aus dem Werkstatt-3-Chor Aktionen für das Stadtteilprojekt "Altona macht auf!". Hat wirklich was von der guten Laune und dem Spaß auf einer Fete.

Nur dass man nicht unter sich bleibt, sondern mit den Nachbarn gemeinsam agiert. Denn alle Altonaer sind am 8. und 15. Juni aufgerufen, bei der interaktiven Performance "Sehnsuchtsfenster und Balkontheater" mitzuspielen. Sie können lesen, singen, musizieren oder tanzen. "Es geht nicht darum, große Kunst zu bieten, sondern einfach zu tun, was einem dazu einfällt und wozu man Lust hat", erklärt Tania Lauenburg, seit 2006 künstlerische Leiterin der Theater-Altonale. "Man kann auch im Pyjama in die Sterne gucken, Seifenblasen pusten oder als Romeo und Julia auf dem Balkon rumknutschen." Lauenburg und der Autor Carsten Brandau hatten die Idee für die Aktion und organisieren sie mit zwölf Profikünstlern als Coaches für Leute, die sich daran beteiligen wollen.

Eine von ihnen ist Gutiérrez: "Wir gehen auf die Menschen zu, wollen aus ihrer Kreativität schöpfen und mit ihren vielleicht noch unentdeckten Talenten spielen", sagt sie. "Eine Balkon-Performance lebt von dem, was sie können oder schon immer einmal probieren wollten. Und nun mutig genug sind, öffentlich zu zeigen: Das bin ich auch."

Die Performerin Katharina Oberlik ("She She Pop") bietet Workshops für Sockenpuppen-Basteln und -Spielen an. Nicht nur Kinder könnten Spaß daran finden. Poetry-Slammer Moritz Neumeier, Musiker Knarf Rellöm und die Regisseure Frank Abt, David Chotjewitz, Mahmut Canbay und Serap Sadak vom Türkischen Theater bieten ebenfalls ihr künstlerisches Know-how an.

"150 Akteure haben sich schon angemeldet", berichtet Brandau. "Einige Häuser in Ottensen stellen das ganz allein auf die Beine. Die wollen richtige Happenings veranstalten, während die Bewohner in der Altstadt sich mehr für das nachbarschaftliche Miteinander und die Vernetzung interessieren." Sie einander näherzubringen, Bewusstsein für das Geschehen im Bezirk zu wecken, auch sich aktiv für die Lebensqualität einzusetzen sind nachhaltige Ziele der Aktion. "Ein Bewohner hat gefilmt, wie Karstadt abgerissen wurde und ein Leierkastenmann dazu spielte", erzählt Lauenburg und zeigt diese Filmdoku.

Die drei "Kranken Hyänen" da oben werfen sich in Rockerposen und legen probeweise los. "Schön", meint der Passant im Weggehen. "Musik ist die beste Religion." Macht der Mann vielleicht auch nicht mit, so wird er wohl gewiss die Fenster öffnen.

Altona macht auf! Die Show: 1.6., ab 19.00, Foyer Thalia in der Gaußstraße 190, Eintritt frei.

"Sehnsuchtsfenster und Balkontheater" mit geführten Spaziergängen am 8./15.6. ab 18.00 von Keplerstraße, Spritzenplatz und Stuhlmannstraße.

Mach mit! Informationen: Börse der Sehnsüchte, Große Bergstraße 229, T. 0178-60 95 649; genaue Infos und Blog unter www.altona-macht-auf.de .