Die in Hamburg lebende Sängerin hat Wurzeln in vielen Ländern. Jetzt hat sie das erstklassige Debütalbum “Baby Blues“ herausgebracht.

Hamburg. Heimat ist für Jennifer Yaa Akoto Kieck etwas kaum Fassbares. "Die Orte wechseln, an denen ich mich heimisch fühle", sagt die 24 Jahre alte Sängerin mit dem Künstlernamen Y'akoto. Geboren ist die Soulsängerin in Hamburg, hier hat sie ihr Abitur gemacht, hier hat sie eine kleine Wohnung in der Schanze. Doch ihr Leben passiert gerade in einem Städte-Länder-Viereck zwischen Hamburg, Paris, Togo und Ghana. Hamburg hat die Funktion einer Homebase mit dem Sitz ihrer Plattenfirma Warner und ihrer Konzertagentur Neuland, aus Paris kommt die Mehrzahl ihrer Band, in Togo arbeitet ihre deutsche Mutter in einem Entwicklungshilfeprojekt, in Ghana steht ein Haus, in dem ihr Vater überwiegend lebt. Durch die verschiedenen Projekte ihrer Mutter in Kamerun, Tschad, Niger und Togo wurde das junge Mädchen zwangsläufig zur Nomadin.

Dieses Wanderleben und der Zwang, sich immer wieder auf neue Begebenheiten einzustellen, ließen Y'akoto schnell erwachsen werden. Zur Zeit ihres Abiturs lebte sie allein in Hamburg, und hier holte sie auch der "Baby Blues" ein, der ihrem Debütalbum den Titel gab. "Es ist ein sehr persönlicher Song darüber, wie eine große Liebe zerbrochen ist und ich in ein großes Loch gefallen bin. Ich habe mir diesen Schmerz von der Seele geschrieben, ihn aber auch etwas ins Lächerliche gezogen. Auch wenn für einen selbst die Welt zusammenbricht, ist es für die Welt draußen doch nur ein Mikroproblem." Das heulende Elend drückt Y'akoto nicht aus, ihre Liebeslieder bewahren Distanz und ordnen die persönlichen Probleme in eine Welt ein, in der Chancen sehr ungleich verteilt sind.

+++ Ein Leben für die Musik +++

Y'akotos Songs sind von Empathie getrieben. Wie zum Beispiel "Tamba", ein Lied über einen ugandischen Kindersoldaten: "Ich habe auf Arte eine Dokumentation über diesen Jungen gesehen. Danach fühlte ich mich ohnmächtig. Man weiß, dass es dieses große Unrecht in der Welt gibt, aber man kann nichts ausrichten." Y'akotos Reaktion war, sich in die Situation dieses Jungen hineinzuversetzen und einen Song darüber zu schreiben. Im Tschad hat sie selbst Kriegsopfer getroffen, Mitleid ist eine Stärke dieses bluesähnlichen Stücks, das sie in die Nähe einer Nina Simone rückt, die in den 60er-Jahren zu einer der kritischen Stimmen in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde. Mit Sängerinnen wie Nina Simone, Erykah Badu oder Macy Gray verglichen zu werden, ist ihr unangenehm, weil sie sehr viel Ehrfurcht vor diesen Persönlichkeiten des Souls empfindet.

In einer Band singt die Deutsch-Afrikanerin, seit sie 13 Jahre alt ist. Der Vater, selber Musiker, sorgte dafür, dass sie früh Klavierunterricht bekam. Als Teenager spielte sie in Jugendklubs, gewann ein paar Nachwuchswettbewerbe, war aber stilistisch noch nicht festgelegt. Erst als sie nach dem Abitur eine Ausbildung zur Tanzpädagogin begonnen und dann abgeschlossen hatte, entwickelte Y'akoto diesen Stil, den sie selbst "Soul-Seekin'" nennt. Elemente des afroamerikanischen Souls und des Blues verbindet sie mit afrikanischen Rhythmen, die hell gestimmten Gitarren verweisen ebenfalls auf afrikanische Wurzeln. Mit diesen sehr gefühlsbetonten Songs zwischen fröhlichem Sing-a-long wie in "Good Better Best" und dunkler Traurigkeit wie in "Talk To Me" hat Y'akoto schon auf ihrem Debüt einen sehr persönlichen und originellen Stil gefunden, der nicht kopiert, sondern nach Neuem strebt. Als Künstlerin hilft ihr jetzt die bikulturelle Erziehung, die ihre Eltern ihr angedeihen ließen.

Selbstbewusstsein hat Y'akoto auch eine gehörige Portion mitbekommen. Als sie sich vor zwei Jahren überlegt hat, dass es an der Zeit wäre, ein Album aufzunehmen, schickte sie ihre Demos an die drei Produzenten, die sie für die besten in Deutschland hielt: Mocky, Haze und Max Herres Kahedi-Team. Alle drei waren beeindruckt von den Songs und wollten mit ihr arbeiten. Das ist der Grund, warum "Baby Blues" die unterschiedliche Handschrift von drei Produzenten trägt. Jeder von ihnen erhielt eine CD mit 30 Tracks, aus denen er dann auswählen durfte, welchen Song er mit Y'akoto aufnehmen wollte. Insgesamt hat die Arbeit zwei Jahre lang gedauert, doch die Zeit hat sich gelohnt. Nach der Deutsch-Nigerianerin Nneka hat Hamburg die nächste erstklassige Soulsängerin hervorgebracht.

Von den Livequalitäten Y'akotos und ihrer Band können sich Freunde schwarzer Musik Mitte Mai bei einer Deutschland-Tournee überzeugen. Am 14. Mai hat die Sängerin mit der schwarzen Mähne dann ein Heimspiel: Im Hamburger Knust gibt sie ihr Debütkonzert.