Karlsruhe. Möglicherweise war Aby Warburg seiner Zeit weit voraus, als er 1924 begann, umfangreiche Bildertafeln zusammenzustellen. Jetzt sind die Werke erstmals in Originalgröße im ZKM in Karlsruhe zu sehen. Wer möchte, bekommt ausführliche Erklärungen dazu.

Zum 150. Geburtstag von Aby Warburg (1866-1929) zeigt das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe den Bilderatlas des Kunsthistorikers in Originalgröße. Die vollständige Rekonstruktion mit ergänzenden Ausstellungsstücken ist vom 1. September bis zum 13. November zu sehen.

Warburg zeige in seinem Spätwerk mit Hilfe der Bilder Beziehungen und Konflikte auf, sagte Kurator Roberto Orth von der Forschungsgruppe Mnemosyne (griechische Göttin der Erinnerung). Warburg untersuchte mit Hilfe der Tafeln das Nachleben der Antike in der europäischen Kultur.

Aby Warburg stammte aus der gleichnamigen Hamburger Bankiersfamilie. Er gründete eine bedeutende Bibliothek in seiner Heimatstadt. Den "Bilderatlas Mnemosyne" stellte Warburg ab 1924 zusammen. Er blieb unvollendet. Zwei der 63 Tafeln können das erste Mal seit 1929 wieder so ausgestellt werden, wie der Kunsthistoriker sie vor Augen hatte - mit den Originalabbildungen.

Die Forschungsgruppe Mnemosyne hat nach Orths Angaben vier Jahre lang an der Interpretation der Tafeln gearbeitet, viel länger als ursprünglich geplant. "Das, was Sie sehen, ist sehr komplex." Warburgs Projekt sei ein ungewöhnliches Unterfangen gewesen und gleichzeitig die Erfindung eines Instruments, für das es keinen Vorläufer gab. Für den Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Siegfried Zielinski, liegt der Wert der Arbeit unter anderem in der Darstellung der Beziehungsvielfalt der Bilder, die ein Netzwerk bilden.

Die Tafeln im Format 170 Zentimeter mal 140 Zentimeter mit jeweils rund 30 Bildern sind chronologisch aufgebaut. Zunächst werden die antiken Grundlagen der Geschichte abgebildet, später zeigen sie in der Zusammenstellung der Abbildungen die Wiederkehr des Antiken in der europäischen Geschichte. Ein Schwerpunkt dreht sich um die Renaissance in Florenz. In der italienischen Stadt hatte Warburg mit seiner Frau mehrere Jahre gelebt.