Kein Hersteller presst so viele Pixel auf so wenig Fläche wie LG mit seinem Smartphone G3. Das Display ist schlichtweg verblüffend. Doch möglicherweise hat das Handy am Ende ein Zeitproblem.

Es geht also doch. Obwohl LG seinem neusten Smartphone-Flaggschiff G3 eine Kunststoff-Rückseite verpasst hat, wirkt das Mobiltelefon ausgesprochen edel. Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen täuscht LG seine Nutzer, indem es die Rückseite aussehen lässt, als wäre sie aus gebürsteten Aluminium. Und tatsächlich fällt man darauf herein.

Zum anderen ist das Mobiltelefon hinten leicht geschwungen, was dazu führt, dass es trotz der gewaltigen Display-Größe von 5,5 Zoll (14 Zentimeter) angenehm in der Hand liegt. Die Geschmäcker gehen bei Display-Größen weit auseinander und wir wollen den Disput hier gar nicht fortsetzen.

Nur so viel: Vielen Nutzern ist das Telefonieren weniger wichtig als das Nutzen von Apps und Internet. Und das geht besser, wenn der Bildschirm groß ist. Die geschwungene Rückseite führt übrigens zu dem Eindruck, dass das G3 äußerst dünn geraten ist. Das gilt jedoch nur für die Seiten, in der Mitte misst es acht Millimeter.

Auch bei Smartphones gilt die Regel, dass der erste Eindruck zählt. Beim G3 lässt dieser erste Eindruck kaum zu wünschen übrig. Doch seine Stärke spielt das Gerät erst aus, wenn es eingeschaltet wird, also beim zweiten Eindruck. Das IPS-Display gehört zu den besten, die es derzeit zu kaufen gibt.

Größere Auflösung als das iPhone

Die Auflösung wird als Quad-HD oder QHD bezeichnet, was 1440 mal 2560 Pixel bedeutet. Es handelt sich also um die vierfach HD-Auflösung von 720 mal 1280 Pixel. Bei Fernsehern hat man diese Auflösung früher als HD-ready bezeichnet. Die Full-HD-Auflösung ist höher, sie liegt bei 1080 mal 1920 Pixel.

Auf 14 Zentimeter Display-Diagonale berechnet, sind das beim LG G3 538 Pixel pro Zoll. Zum Vergleich: Apples iPhone 5S bringt es gerade einmal auf 326 Pixel und Samsungs Galaxy S5 kommt auf 432 Pixel. Sogar das HTC One (M8) schafft nur 440 Pixel pro Zoll.

Merkt man den Unterschied? Auch hier streiten sich die Experten. Schon beim iPhone 5S lassen sich einzelne Pixel nicht mehr erkennen. Doch das LG G3 legt eine merkbare Schippe drauf.

Display lässt sich kaum ausreizen

Allerdings ist das nur selten zu sehen. Es ist wie mit den ersten HD-Fernsehern vor zehn Jahren. Auch sie konnten plötzlich viel schärfer darstellen, aber es gab kaum Inhalte dafür. Wer sehen will, zu was das G3 imstande ist, muss sich die auf dem Gerät vorgeladenen Videos ansehen.

Auf unserem Testgerät gab es eine Diashow und ein Video, die das Display wirklich ausreizen konnten. Es gab in meinem Umkreis niemand, der nicht von der Schärfe begeistert war.

Ein normales HD-Video sieht allerdings nicht viel anders aus als auf anderen Smartphones mit hoher Auflösung. Auch bei den normalen Apps und Spielen ist kaum ein Unterschied festzustellen. Bleibt festzuhalten: Das G3-Display kann, wenn man es lässt. Man lässt es derzeit nur viel zu selten. Das dürfte sich in Zukunft ändern, wenn auch Anwendungen die höhere Auflösung ausnutzen.

Strom für einen Tag

Das scharfe Display hat natürlich seinen Preis. Es verbraucht gehörig viel Strom. Nur wer sein G3 nicht übermäßig nutzt, schafft es durch den Tag. Viel mehr ist aber nicht drin. Wer abends vergisst, sein Smartphone an das Ladegerät anzuschließen, wird nicht durch den zweiten Tag kommen. Immerhin hat LG seinem Gerät ein Stromsparmodus spendiert, der Wifi, Bluetooth und das Vibrieren beim Tippen ausschaltet und die Helligkeit abdunkelt.

Die Knöpfe des G3 sind allesamt – wie schon beim Vorgänger G2 – auf der Rückseite untergebracht. Dort befinden sich zentriert eine Lautstärkewippe und der An- und Ausknopf. Zwar macht das ein LG-Smartphone unverwechselbar. Doch wirklich nützlich ist das nicht unbedingt. Weil die Knöpfe direkt unter der Rückseiten-Kamera angeordnet sind, berührt man aus Versehen immer mit dem Finger die Linse und versieht sie mit einem Fettfilm.

Zum Glück muss man den An-Knopf nicht nutzen, um das Telefon aufzuwecken. Es schaltet das Display auch an, wenn man zwei Mal draufklopft. Es gibt sogar die Möglichkeit, einen Klopf-Code einzugeben. Das Smartphone wird dann entsperrt, sobald der Nutzer in einer bestimmten von ihm vorher gewählten Kombination auf das Display klopft.

Verzicht auf Kamera-Einstellungen

Die Kamera auf der Rückseite des G3 hat eine Auflösung von 13 Megapixel und einen Laser-Fokus, der auch im Dämmerlicht schnell scharf stellen soll, angeblich binnen 220 Millisekunden. Auf jeden Fall geht das Scharfstellen schnell. Die Kamera über dem Display löst mit zwei Megapixel auf.

Über die Kamera-Software lassen sich zwar einige Einstellungen vornehmen, doch LG hat sie bewusst einfach gehalten. Viele Einstellungen, die auf anderen Smartphones möglich sind, fehlen. Dazu gehören Weißabgleich und Lichtempfindlichkeit (ISO). Es gibt einen Panorama-Modus und einen Dual-Modus, bei dem das Foto der Display-Kamera in das Foto der Rückkamera eingeblockt wird.

Nutzer können außerdem einen magischen Fokus wählen. Ist das Foto damit aufgenommen, lassen sich im Nachhinein über einen Schieberegler auf dem Display einzelne Ebenen im Bild scharf stellen.

G3 macht Filme in 4K

LG hat auch an Selfies gedacht. Wer ein solches Foto aufnehmen will, kann die Aufnahme per Sprachbefehl starten oder einfach mit der Hand winken, um sie anschließend zur Faust zu machen. Dann startet ein Drei-Sekunden-Countdown.

Uns haben die Fotos überzeugt, die mit der Rückkamera gemacht wurden. Übrigens filmt das G3 sogar in 4K, das heißt mit einer sehr hohen Auflösung von 3840 mal 2160 Pixel und 30 Bildern pro Sekunde.

Auch wenn diese Auflösung größer ist, als das G3-Display darstellen kann, sehen die Aufnahmen gestochen scharf aus. 4K-Aufnahmen verlangen aber viel Speicherplatz. Eine Minute Video erzeugt eine Datei von mehr als 200 Megabyte. Der interne Speicher von – je nach Modell – 16 oder 32 Gigabyte ist so schnell gefüllt. Zum Glück hat das G3 einen Steckplatz für eine Micro-SD-Karte.

Android nur leicht angepasst

Anders als Hersteller wie HTC und Samsung hat LG die Android-Software auf dem Telefon nur leicht angepasst. Beim ersten Anschalten wirkt das Smartphone aufgeräumt und nicht mit allzu vielen Apps versehen. Das LG-eigene Wetter-Widget auf dem Homescreen kann übrigens entfernt werden.

Verwirrend fanden wir die Anwendung Smart Notice, die scheinbar ein Duplikat von Google Now ist, nur etwas stärker auf die Nutzung des Telefons angepasst. Dort werden Geburtstage und entgangene Anrufe ebenso angezeigt wie eine Warnung, wenn die Batterie zu schwach ist. Bei mehrmaligen Anrufen von einer Telefonnummer schlägt Smart Notice vor, einen Kontakt anzulegen.

Ein Wisch vom Homescreen nach rechts führt zu einer Anwendung, die als LG Health bezeichnet wird. Nutzer können hier erst einmal ihre Größe, Alter und Gewicht angeben. Im Anschluss registriert die App die Zahl der Schritte. Hier lassen sich auch Sportarten eintragen, die dann per GPS-Satellitenerfassung begleitet werden. Anschließend wird der Kalorienverbrauch errechnet.

Das Display lässt sich verändern

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Anwendungen, die ähnliche Funktionen haben. Warum LG hier noch etwas eigenes entwickelt hat, erschließt sich uns nicht.

eine In der Software gibt es noch einige kleine Eingriffe, die der Hersteller vorgenommen hat. Dazu gehört auch höheneinstellbare Display-Tastatur, die Schreibgewohnheiten erkennt und ein optimiertes Layout bereitstellt.

Während unseres Tests hatte das G3 an keiner Stelle einen Schluckauf. Alle von uns verwendeten Anwendungen liefen flüssig. Dabei hatten wir schon das schwächere Modell im Test mit zwei Gigabyte Arbeitsspeicher und 16 Gigabyte internen Speicher. Das G3 mit einem internen Speicher von 32 Gigabyte hat sogar einen Arbeitsspeicher von drei Gigabyte.

In beiden Modellen arbeitet der Qualcomm Snapdragon Prozessor 801 mit 2,5 Gigahertz. Die Leistung reicht allemal, auch für grafisch aufwendigere Spiele wie in unserem Fall Asphalt 8.

G3 zieht nicht an den Konkurrenten vorbei

Fazit: Auch wenn das G3 keinen Pulsmesser hat, wie das Galaxy S5 von Samsung, oder es auf einen Fingerscanner verzichtet, wie er im iPhone 5S von Apple verbaut ist, so hat LG doch sein mit Abstand bestes Smartphone vorgelegt. Mit Preisen von 549 Euro (16 Gigabyte Speicher) und 599 Euro (32 Gigabyte Speicher) muss es sich jedoch mit den Flaggschiffen der Konkurrenten Apple, HTC, Sony und Samsung messen lassen. Diese Geräte stellt das G3 jedoch nicht in den Schatten. Die Ausnahme ist der hochauflösende Bildschirm, der aber möglicherweise etwas zu früh kommt. Man muss schon gezielt nach Inhalten suchen, die diese Stärke auch nutzen.