Der Bürgermeister hat seine Hansestadt im letzten “Tatort“ nicht wiedererkannt. Eine Antwort an den Schriftsteller John von Düffel.

Hamburg. Der "Tatort" war am vergangenen Sonntag - wie so oft - Quotensieger des Abends. 7,63 Millionen Deutsche haben den Hamburger "Tatort" mit Mehmet Kurtulus, Peter Jordan und Désirée Nosbusch gesehen. In Hamburg erreichte "Vergissmeinnicht" den zweithöchsten Marktanteil aller Bundesländer: 26,3 Prozent hatten eingeschaltet - nur der Marktanteil im Bundesland Hessen war noch höher. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust saß am Sonntag vor dem Fernseher - und hat "sein Hamburg" nicht wiedererkannt.

Im Abendblatt antwortet er nun dem Schriftsteller und Dramaturgen John von Düffel ("Houwelandt"), der ebenfalls - auch in einem Beitrag für das Abendblatt - Kritik an dem "Tatort" geübt hatte. Bemängelt hatte von Düffel, polemisch überspitzt, eine "Anzugträger-Edelkarossen-und-Schöner-Wohnen-Optik". "Aus stadtnostalgischer Sicht enttäuschend" befand der Schriftsteller und glaubte gar "Ole von Beusts städteplanerische Vision von Hamburg" in dem Film zu erkennen - was von Beust nun weit von sich weist. Am Ostersonntag zeigt die ARD übrigens wieder einen NDR-"Tatort": aus Kiel. In Hamburg wird erst wieder ab Ende Mai gedreht.

Lieber John von Düffel,

Sie als Exil-Nordlicht empfinden den Hamburg-Tatort als "erste Bürgerpflicht". "Erster-Bürgermeister-Pflicht" ist er zwar nicht, aber auch ich bin "Tatort"-Gucker, wenn ich die Zeit dafür habe, und auch ich habe den Hamburg-"Tatort" am Sonntag geschaut. Als ich anschließend Ihren Beitrag darüber im Abendblatt las, musste ich doch schmunzeln und habe mich zur Entgegnung entschlossen.

Dass dieser Krimi "nicht in Hamburg gespielt hat, sondern in Ole von Beusts städteplanerischer Vision von Hamburg" haben Sie geschrieben - und jetzt muss ich Sie leider enttäuschen: Ich teile nämlich durchaus Ihren Eindruck dieser "Tatort"-Folge. Auch mein Hamburg war das nicht.

Natürlich ist auch diese Perspektive ein Teil der Stadt - einer Stadt mit vielen Facetten. So spielte der erste Hamburg-Tatort mit Mehmet Kurtulus in den Mundsburg-Hochhäusern und türkischen Dönerbuden. Diesmal war es mit der HafenCity halt ein anderer Ausschnitt der Stadt. Für diesen haben sich die "Tatort"-Regisseure entschieden und nicht ich. Aber auch dieser neue Stadtteil ist nicht so aseptisch, kühl und menschenleer, wie er in dem Film dargestellt wurde. Auch hier ist es lebendig, das können Sie tagtäglich beobachten.

Mein persönliches Leben spiegelt übrigens eher eine gewisse Tradition wider. Ich lebe in einer Altbauwohnung, meine Straße hat noch Kopfsteinpflaster. Ich mag Patina, ich will keineswegs nur noch "Glasbüros und Gallery-Houses", die "zur Kulisse einer eiskalten Geschäftswelt verschmelzen", wie Sie es formulieren, lieber Herr von Düffel! Vielleicht ist diese Vorliebe auch ein Grund, weshalb ich so besonders gern die Folgen mit den Kölner Ermittlern Ballauf und Schenk schaue. In Hamburg unvergessen sind natürlich Manfred Krug und Charles Brauer. Mehr Hamburg ging ja kaum.

Herzlich,

Ole von Beust