„Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ wird der komplexen Romanvorlage nicht gerecht.

Hamburg. Das Altonaer Theater setzt auf Romane und bringt sie als Bearbeitungen auf die Bühne. Das hat in der Vergangenheit in vielen Fällen sehr gut funktioniert. Aber eignet „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ sich für das Theater? Die Vorlage von Peter Høeg ist ein psychologisch vielschichtiger Roman und ein spannender Thriller, der sich mit der Unterdrückung der Inuit durch die dänische Kolonialmacht beschäftigt. Smilla Jaspersen, die Hauptperson, hatte eine Eskimo-Mutter, die starb, als Smilla sieben Jahre alt war. Im Roman erinnert sie sich an ihre Kindheit und denkt darüber nach, wie weit sie sich in Kopenhagen von dieser archaischen Kultur entfernt hat. Doch sie hat immer noch das Gespür für Schnee.

Franz-Joseph Dieken hat den Stoff nach einer Bühnenfassung von Andreas Harwath in Altona inszeniert, doch er hat den komplexen Stoff in der knapp zweistündigen Aufführung nicht in den Griff bekommen. Erzählt wird der Kern des Romans: der Tod des kleinen Eskimojungen, der trotz Höhenangst von einem Dach in die Tiefe stürzt; die Zweifel Smillas an einem Unglücksfall und ihre Recherchen; die Entdeckung von zwei mysteriösen Expeditionen in die Arktis; der Showdown auf Grönland und die Aufklärung des Todesfalles. Die Nuancen des Romans bleiben auf der Strecke – vielleicht können sie gar nicht auf die Bühne gebracht werden. Das Theaterstück bleibt auch weit hinter der Verfilmung von Bille August zurück, der 1997 schon dafür kritisiert wurde, die Sensibilität des Romans nicht in sein Medium übertragen zu haben.

Lani Tran-Duc, im vergangenen Jahr mit dem Rolf-Mares-Preis ausgezeichnet, hat eine mit Schneekrissel bedeckte Bühne gebaut, aus der eine durchsichtige Säule aufragt und rechts drei Matratzen liegen, deren Funktion nicht deutlich wird. In dieser Schneewelt agiert Smilla. Annika Martens spielt sie als aggressive und wütende Figur, die sich mit jedem anlegt. Sie hat ein schwieriges Verhältnis zum Vater (Kai Hufnagel) und erst recht zu dessen blutjunger Gespielin (Lo Rivera), sie greift den undurchsichtigen Wissenschaftler (Uwe Serafin) frontal an und macht sich wenig Freunde. Martens hält die Wut durch, doch ihr Spiel bleibt zu eindimensional. Oft flüchtet sie in Geschrei, leise Töne kommen kaum vor.

Dieken hat versucht, die düstere Geschichte durch komische Szenen aufzubrechen. Doch der Kölsch sprechende Schiffsmakler (Hufnagel) und der vertrottelte Sprachforscher (ebenfalls Hufnagel) sind Klamauk. Hufnagel bekommt für sein komisches Spiel ein paar Lacher, doch passt die Komik nicht in diese ernste Geschichte.

Nächste Termine: 28. bis 31.1., jeweils 20 Uhr