Nach dem Elbphilharmonie Konzert in der Laeiszhalle bläst das Signum Saxophone Quartet zum Schulbesuch in Hamburg-Jenfeld: Bei „Zukunftmusik“ können Schüler Instrumente selbst ausprobieren.

Hamburg. Plötzlich geht es doch. Umut pustet ein zweites Mal und bringt einen Ton aus dem Instrument, das fast so lang ist wie er selbst. Und dann noch einen, es wird eine kleine Melodie draus, die vom rosaroten Panther. So einfach soll ein Altsaxofon zu spielen sein? Na ja, nicht ganz. Erik Nestler steht hinter dem 11-Jährigen und drückt die Klappen. Beifall in der Aula, Umut hüpft von der Bühne, Stolz und Erleichterung im Gesicht.

So sieht ein gelungenes Education-Projekt aus: ein Erfolgserlebnis für ein Kind, stellvertretend für die ganze Gruppe. Ein Saatkörnchen von vielen, die es braucht, damit Kinder, und zwar gerade auch die, die zu Hause eher nicht mit klassischer Musik zu tun haben, einen Zugang zu ihr bekommen. Wie viel konzeptionelle Arbeit hinter diesem Augenblick steckt, ahnt man nicht.

„Zukunftsmusik“ nennen die Elbphilharmonie Konzerte ihre Initiative. Auf deren Vermittlung sind Nestler und seine drei Kollegen vom Signum Saxophone Quartet am Morgen nach ihrem Konzert bei dem Nachwuchsfestival „Rising Stars“ in die Otto-Hahn-Schule gekommen. „In Hamburg waren wir schon öfter, in Jenfeld noch nie“, scherzt Nestler nach dem ersten Stück, einer Bagatelle von György Ligeti, als die Musiker zum Warmwerden von sich erzählen. Ein sensibler Moment: Werden die Schüler anbeißen?

An diesem Morgen beißen sie an. „Habt ihr Fragen?“, ermutigt sie der stellvertretende Schulleiter Matthias Botsch, und tatsächlich erhebt sich ein Mädchen, um seine Frage von einem Zettel abzulesen: „Seit wie viel Jahren spielt ihr Saxofon?“ Man kann es geradezu anfassen, welchen Mut sie dafür aufbringen muss. Sie hat das Eis gebrochen, nun purzeln die Fragen immer rascher, vom giggelnden „Habt ihr eine Freundin?“ bis hin zu Nachdenklichem wie „Wie seid ihr so selbstbewusst geworden?“

Ja, selbstbewusst, das sind sie, im besten Sinne. In kindgerechten Sätzen sprechen sie von wachsendem Selbstvertrauen und dem Vertrauen untereinander. Und das ist vielleicht das Beeindruckendste an diesem Vormittag: zu sehen und zu hören, wie schlafwandlerisch sie sich aufeinander einlassen. Schon das gemeinsame Luftholen saugt das Publikum geradezu mit ein, die Schüler gehen bei der Musik mit dem ganzen Körper mit und kommentieren direkt, was sie erleben, ob es Klangeffekte sind wie das saxofontypische Schnarren oder ein frech hinterhergetupfter Piano-Ton, wenn eigentlich schon alle fertig sind.

Wie mitreißend die Signums zusammen gestalten, hatten sie bereits am Vorabend im Kleinen Saal der Laeiszhalle bewiesen. Schon der schlichte Einfall, den Abend mit dem „Andante festivo“ von Sibelius aus dem Off zu beginnen, überraschte die Hörer spürbar und öffnete sie für einen Konzerteindruck jenseits des Erwartbaren. Ob das beerdigungsernste „Adagio“ von Samuel Barber, ursprünglich für Streichquartett, oder die jubelnd virtuose Suite aus Gershwins „Porgy and Bess“, die Begeisterung wuchs mit jedem Stück und machte die erhebliche Unruhe im Saal mühelos wett.

Einige der Schüler waren schon am Vorabend dabei. Aber an diesem Morgen nehmen alle etwas mit. „Wenn du dir ein Ziel gesteckt hast und alles dafür tun willst, dann kommen die Dinge zu dir“, sagt der Baritonsaxofonist David Brand. Und das gilt nicht für die Musik. Sondern fürs ganze Leben.