Leslie Malton und Herbert Knaup spielen in der französischen Komödie „Eine Stunde Ruhe“, die an diesem Sonntag im St. Pauli Theater Premiere hat.

Hamburg. Florian Zeller, 35, ist Literaturprofessor und so etwas wie ein Ausnahmetalent unter den Dramatikern. Seine Stücke – intelligente Boulevardkomödien – beschäftigen sich mit Ehelügen oder Alzheimer, mit Beziehungsproblemen und familiären Konstellationen. Sie wurden in ein Dutzend Sprachen übersetzt und auch verfilmt. Vor vier Wochen kam Zellers jüngstes Stück „Eine Stunde Ruhe“ in die französischen Kinos.

In Hamburg feiert „Eine Stunde Ruhe“ am 18. Januar am St. Pauli Theater seine deutsche Erstaufführung. In der Geschichte über einen Mann, der nichts will, als eine Stunde lang seine neue Platte zu hören, dabei aber immer wieder gestört wird, spielen die gleichen Schauspieler, die schon in Zellers „Die Wahrheit“ auf der Bühne des Theaters zu sehen waren: Herbert Knaup, Leslie Malton, Thomas Heinze und Johanna Christine Gehlen. Wir sprachen mit Leslie Malton und Herbert Knaup über das Stück.

Hamburger Abendblatt: Das Stück erinnert an Slapsticks, an eine Feydeau-Komödie, in der eine Störung auf die andere folgt. Kennen Sie privat solche Situationen, bei denen Sie nie zu dem kommen, was Sie eigentlich wollten?

Leslie Malton: Ja, wenn ich Text lernen muss. Dabei muss man sich sehr konzentrieren und für die jeweilige Situation eine Stimmung visualisieren. Man ist in einer anderen Welt. Wenn ich da gestört werde, könnte ich platzen.

Herbert Knaup: Das macht mich auch wahnsinnig. Wenn man beim Textlernen gestört wird, ist es, als ob man von einem Seil abstürzt.

Michel, der Ehemann, wird pausenlos unterbrochen, durch einen Handwerker, einen Nachbarn, seinen Freund, seinen Sohn, seine Geliebte und seine Frau, die ein Beziehungsgespräch führen will.

Knaup: Sie will eine Affäre beichten, die aber schon 20 Jahre zurückliegt.

Malton: Es stellt sich aber heraus, dass alles noch komplizierter ist.

Knaup: Der beste Freund ist auch verstrickt. Es wird dramatischer.

Malton: Die Schraube zieht immer mehr an. Wenn man das überdreht, platzt alles auseinander.

Knaup: Am Ende hat er erreicht, dass er alleine ist. Aber ob er da glücklich ist?

Alle Zwischenfälle müssen sehr gut aufeinander abgestimmt sein. Es ist wie bei der klassischen Klipp-Klapp-Dramaturgie, zack und zack. So ist es auch in der exakt konstruierten Komödienform bei Feydeau. Ist das schwierig zu proben?

Knaup: Schon. Aber das Stück ist nicht nur äußerlich komödiantisch. Es geht nicht nur um Effekte, es hat auch inhaltlichen Tiefgang.

Malton: Als wir „Wahrheit“ gespielt haben, war es wie in einem Stück von Molière über einen betrogenen Betrüger. Jetzt ist es wie Feydeau, allerdings mit modernen Themen. Da ist dann die Beziehung entglitten, der Sohn missraten, man lügt sich an. Und es hat auch etwas Gesellschaftskritisches.

Freude an Sprache und am Formulieren

Ist dieses Stück sehr französisch?

Malton: Ja. Man spürt die Freude an der Sprache, am Formulieren. Das ist sehr schön für Schauspieler. Wenn man einen guten Autor hat, verlässt man sich gerne auf jedes Wort, an dem er gefeilt hat. Wir können es bedienen und lebendig machen. Es bringt uns als Schauspieler nach vorne.

Knaup: Es wird sehr viel geredet. Jedes Wie, jedes Was ist gesetzt wie eine Note. Dadurch bekommt es Leichtigkeit. Aber man muss sehr viel Text lernen (stöhnt). Und jedes Was und Wie muss man anders gestalten.

Michel und Laurence sind ein normales Paar von heute. Aber komisch.

Knaup: Wenn die beiden sich unterhalten, muss es sich natürlich anhören, als sei es ihnen eben gerade eingefallen. Michel ist ein normaler Mann, allerdings ein Sammler. Er hat seine Lieblingsplatte, die er 20 Jahre gesucht hat, auf dem Flohmarkt gefunden und will seine Frau dafür begeistern.

Malton: Aber sie hat gerade Probleme. Ein Besuch nach dem anderen kommt ins Haus und das, was sie ihm eigentlich sagen will, kommt erst nach und nach heraus.

Spielen Sie das trocken oder servieren Sie Pointen?

Knaup: Wir spielen das ernst. Und natürlich gibt es vielerlei Herangehensweisen an das Komische, mal ist es wie bei Louis de Funès, mal wie beim dummen August oder bei Laurel & Hardy.

Malton: Es gibt Wortkomik, aber auch dramatische Momente.

Knaup: Die Zuschauer werden auch da lachen, weil sie etwas aus ihrem Leben wiedererkennen.

Dieser Mann ist ein großer Verdränger. Er will alles lassen, wie es ist.

Knaup: Ein typischer Mann eben. Er schaltet ab, wenn es unangenehm werden könnte.

Malton: Er will nicht unter den Teppich gucken und sehen, welche Probleme dort liegen. Laurence hat aber ein Familiengeheimnis.

Knaup: Für Michel ist der Psychiater seiner Frau ein rotes Tuch. Seine Geliebte will er nicht verstehen. Und zu seinem Sohn findet er keinen Zugang. Es stört ihn aber nicht. Er will das alles nicht wissen. Er versucht das Hindernis zu umgehen, flüchtet und verdrängt.

Malton: Der Handwerker macht zwar gerade alles kaputt, aber für Michel hat seine Frau das zu regeln.

Knaup: Technisch ist er eben nicht sehr bewandert.

Malton: Michel hat aber auch etwas Rührendes. Er will bloß seine Platte hören. Es ist ja nur eine ganz kleine Bitte.

Knaup: Es ist aber auch sehr egoistisch, egozentrisch. Es ist Terror. Wie bei einem Terrier, der nicht loslässt.

„Eine Stunde Ruhe“ Premiere So 18.1., 20.00, St. Pauli Theater, Karten ab 15,70; T. 30 30 98 98