Die Lüneburger Band Loifior hat den „Krach & Getöse“-Preis von RockCity gewonnen. Ihre aktuelle CD heißt „Melodie“. Vom Köpfeeinschlagen bis zum Küssen ist nicht nur auf dem Album alles dabei.

Hamburg. „Weit entfernt / tief erträumt / Gefühl von Melodie“. Wenn Raphael Kufner diese Worte singt, dann klingt das so fließend und schwelgerisch, als handele es sich um eine Sprache, die tief aus seinem Inneren stammt. Leidenschaft, Pathos, Romantik. Wovor sich zahlreiche Bands scheuen, weil es die vermeintlich coole Attitüde zerstören könnte, ertönt bei dem norddeutschen Quartett Loifior sehr selbstverständlich zu dunkel pulsierendem Rocksound. Und auch im Gespräch im Karoviertel vermitteln Sänger und Gitarrist Kufner sowie Leadgitarrist Julius Kock überzeugend, dass Emotionen bei ihnen oberste Priorität haben.

„Unser Zusammenhalt als Band speist sich aus Liebe und gesundem Zorn. Bei uns gibt es alles. Vom Köpfe einschlagen bis zum Küssen. Was nicht vorkommt, sind hinterlistige Aktionen. Wir sprechen alles an, mag es auch noch so hart sein“, sagt Kufner. „Dieses Wir“ wird komplettiert von Kocks jüngerem Bruder Adrian am Schlagzeug sowie Dennis Preuß am Bass. „Der Geist des Bruderseins von Adrian und Julius ist auf die ganze Band übergesprungen“, erzählt Kufner mit viel Wärme in der Stimme. Und er ergänzt: „Wir würden unsere Band nie als Projekt bezeichnen, wir sind ein Viererpack, eine Gang.“ Die meisten der elegisch-euphorischen Songs von Loifior entstehen während der Sessions im Proberaum. Selbst die Texte stammen nicht, wie häufig üblich, ausschließlich vom Sänger. Eine Aufteilung existiert allerdings: „Adrian und Dennis sind eher die Kopfmenschen, während Julius und ich mehr aus dem Bauch heraus handeln“, erzählt Kufner.

Das Gefühl von Verbundenheit liegt in der Geschichte der Mittzwanziger verankert. Seit zehn Jahren machen die vier, die sich von der Schulzeit in Lüneburg kennen, gemeinsam Musik. Sie starteten mit Coversongs, schrieben dann eigene Stücke und entwickelten nach und nach einen eigenen Stil. „Das war wie die Häutung bei einer Schlange“, sagt Kufner. Zu ihrer ersten Platte „Farbe der Zeit“, die sie 2011 aufnahmen, musste daher auch ein griffiger Bandname her. Eine Suche, bei der es sich das Quartett nicht einfach machte. „Wir haben monatelang Ideen auf ein meterlanges Stück Tapete geschrieben und letztlich zwei der Worte zusammen gefügt“, erinnert sich Kufner.

Aus den althochdeutschen Begriffen für Löwe und für die Zahl vier sei der Name Loifior entstanden. Der Löwe dient der Band dabei nicht bloß als Symbol für Mut, sondern vor allem als Verweis auf ihre musikalische Heimat England, die die „Three Lions“ im Wappen trägt. „England ist die Quelle unserer Inspiration“, sagt Kock. Bands wie Joy Division und The Who zum Beispiel. Kein Wunder also, dass Kufner das Deutsche mit weicher Zunge singt. Ein, wenn man so will, internationales Deutsch.

Mit ihrer assoziationsreichen Lyrik, die oftmals zum Aufbruch aufruft, möchte Loifior all jene mitreißen, die im Trott leben. Das kennen sie womöglich aus eigener Erfahrung: Kufner und beide Kock-Brüder haben zunächst eine Lehre zum Industriekaufmann gemacht, Preuß zum Bürokaufmann. „Das hat aber einfach nicht zu uns gepasst“, bilanziert Kock.

Eine Band, die raus will. Raus muss

Wesentlich wohler fühlen sie sich in ihrem Tourbus. Eine Band, die raus will. Raus muss. Auch, na klar, nach England. „Die Leute dort gehen noch viel mehr ab als hier und schmeißen sich vom ersten Ton an die Füße um die Ohren“, schwärmt Kufner. Neben Club-Gigs in London, Newcastle und Brighton bespielte Loifior in ihrem Sehnsuchtsort Manchester einfach eine Straßenecke und besserte die Bandkasse so mal eben mit 180 Pfund auf.

Noch agiert diese junge engagierte Band ohne Plattenfirma. Ihre aktuelle EP „Melodie“ ist im Eigenvertrieb entstanden. Unterstützung erhalten sie jedoch von ihrem Manager Albert Hornbach sowie von den Coachingprogrammen Bandpool in Mannheim sowie Krach & Getöse in Hamburg. „Was das Musikgeschäft angeht, sind wir noch ziemlich grün hinter den Ohren. Es ist extrem hilfreich, wenn dich jemand unabhängig berät“, sagt Kock über den Hamburger Preis, der von dem Verein RockCity in Kooperation mit der Haspa Musik Stiftung vergeben wird. Eine gute Erdung für die Kunst. Damit die Leidenschaft weiter wachsen kann.

Internet: www.loifior.com