Nach wie vor gehört die „Bagaluten-Wiehnacht“ von Torfrock in der Sporthalle zu den wildesten Konzerten im norddeutschen Raum. Doch Leder sieht man seltener, Familien dafür umso mehr.

Hamburg. „Oh, Karola, siet letzte Woch' is dat um me 'n. Ick heb' di inne Köök Krabben pulen seh'n“, singt Klaus Büchner seine rockige Liebeshymne an „Karola Petersen“. Raymond Voß grollt in seinen beachtlichen Bart und biegt die Saiten, die Rhythmusgruppe mit Stefan Lehmann und Volker Schmidt lässt es kesseln. Die bereits 25. „Bagaluten-Wiehnachts Tour“ von Torfrock am Freitag in der hackevollen Sporthalle neigt sich ebenso dem Ende zu wie die Vorräte an den Bierständen. Es ist ein Jubiläum und doch kein Jubiläum. Nichts hat sich verändert, und alles hat sich verändert.

Nach wie vor gehört die „Bagaluten-Wiehnacht“ zu den härtesten und wildesten Konzerten im norddeutschen Raum. Denn wenn Mitgröler wie „Rut mit’m Torf“, „Presslufthammer B-B-Bernhard“, „Rollo der Wikinger“, „Beinhart“ oder „Sonntagsjäger“ wie die Axt auf 7000 mit Wikingerhelmen geschmückte Köpfe niederfahren, dann ist Horrido angesagt. Großes Geschubse im Pogo-Kreisel, wüste „Odiiin!“-Chöre, da wackelt die Hammaburg.

Zeit hinterlässt Spuren im Schne

Aber die Zeit hinterlässt dennoch Spuren im Schnee. Einst war im Publikum noch alles voller Leder. Rocker. Männer mit starkem Brausebrand. Klar, auch am Freitag wird an den Bierständen gelenzt, was die Hähne hergeben, gleich acht Humpen werden da gern pro Person geordert. Wer ein Sektchen in der Plastikflöte hält, wird staunend beäugt wie der erste Mensch: „Was... ist... das?“ Aber mittlerweile, Odin sei Dank, wird das meiste Bier getrunken und nicht per Luftpost auf die Reise geschickt, auch weil pro Becher zwei Euro Pfand aufgerufen werden. Stand die Suppe früher knöchelhoch im Saal, so ist der Boden im Jubiläumsjahr nur klebrig. Auch die Band freut sich darüber, denn besonders Raymond Voß kann sehr brassig werden, wenn ein Becher auf die Bühne segelt. Aber die Boxen bleiben trocken. Denn die treuen Fans kommen nach wie vor jedes Jahr und bringen eine weitere Generation Bagaluten mit nach Winterhude. Es sind viel mehr Frauen, ja ganze Familien in der Halle. Und so bleibt es relativ gesittet, so weit das bei einem Torfrock-Konzert eben geht.

„Freitag komm ich spät nach Haus mit Glühwein in Gehirn. Und auf dem Kissen, da liegt ein Kopf wo meiner hingehört“, brüllt Voß. Aber Klaus Büchner hat die Erklärung parat: „Oh, du Trunken-Trunken-Trunkenbold! Wann hast du das geblickt? Man das ist doch die Babypuppe, hat Mutter mir geschickt.“ Tja, manch einer ist schon reichlich herum gekommen, von Hamburg bis nach Bremen, „doch Puppen die ausm Fenster klettern, hab ich nie geseh’n.“ Und das passiert Raymond Voß jedes Jahr. Der Arme. Aber alle anderen haben ihren Heidenspaß daran.