Große Themen auch groß hinlegen, das ist eine alte Medienregel. Doch ausgerechnet beim ARD-Nachrichten-Flaggschiff schien man sich bei der Planung des Jahresrückblicks nicht mehr daran erinnern zu können. Oder zu wollen. Denn gerade einmal 45 Minuten wurden Thomas Roth und Caren Miosga am Montag gegönnt, um kreuz und quer durch 2014 zu traben.

Obwohl man bei der ARD sonst keinen Moment zögert, mit „Brennpunkten“ zu Schnee im Winter und Wärme im Sommer Sendeminuten zu verplempern, wurde hier nur gekleckert und nicht geklotzt. Und die meisten komplexen Nachrichten dieses Jahres waren leider keine guten, was die Sache mit dem Bündeln und Bewerten keineswegs angenehmer macht. Stellenweise arg überinszeniert hatte man sich selbst auch noch, als wollte der NDR mit Making-of-Einstellungen auf Kameramenschen und Studio-Hardware belegen, wie sehr die Kommandobrücke der „USS Tagesthemen“ mit ihrer News-Kino-Leinwand ihr Geld wert ist.

Die Pflichtstoffe kamen, wie man sie erwartete: vorneweg der WM-Sieg, Ebola, die Ukraine, alles kompakt und ordentlich. Das heikle Thema der digitalisierten Gesellschaft und ihrer Folgen wurde allerdings mit einem bemüht jugendlichen Bericht über zwei YouTube-Spaßvögel und sonst nichts völlig versemmelt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fühlte sich in Miosgas Anwesenheit so tiefenentspannt, dass er brüderlehaft über Politiker-Treffen als „Gespräche unter Männern“ drauflosredete.

Die Stärken der ARD wurden ohne Not geschwächt, indem man aus selbst verursachter Hektik immer dann zum nächsten Thema hastete, sobald es spannend wurde. Volker Schwenck, Leiter des ARD-Studios in Kairo, berichtete, dass er trotz grundsätzlicher Bedenken ein Interview mit einem gefangen genommenen IS-Mitglied führte. Und dass dieser Gefangene am Ende ausrief, er würde ihm den Kopf abschneiden, wenn er nicht gerade gefesselt wäre. Das sind Momente, die Zeit und Tiefe und Einordnung benötigen, aber keine Show-Choreografie, die ständig auf die Uhr schielt. Nächstes Jahr sehen wir uns wieder. Man wächst an seinen Herausforderungen.

An dieser Stelle schreiben Joachim Mischke und Alexander Josefowicz im wöchentlichen Wechsel über die Welt des Fernsehens