Die Fassung des Ensemble Resonanz entzückte bei „urban string“

Hamburg. Es war sehr anrührend, wie Juditha Haeberlin, Sologeigerin beim Ensemble Resonanz, am Donnerstag das erste von zwei ausverkauften „urban string“-Konzerten im neuen Domizil resonanzraum im Bunker Feldstraße anmoderierte. „Jauchzet“ war der Abend überschrieben, wohlweislich nur das erste Drittel der Aufforderungen im Eingangschor des Weihnachtsoratoriums von Bach zitierend. Denn auf dem Programm stand eine gekürzte, dafür extravagant instrumentierte Bearbeitung des in Musikerkreisen prosaisch nur WO genannten (vor-)weihnachtlichen Standardwerks.

Haeberlin erzählte von der Adventszeit ihrer Kindertage, vom Moossammeln im Wald mit dem Vater für die Krippe unterm Tannenbaum. Sie hielt auch ihren ersten Plattenspieler hoch, ein orangefarbenes, mit Pferdestickern beklebtes Koffergerät aus dem Jahr 1978, das sie vor kurzem bei der Auflösung des elterlichen Hauses auf dem Speicher fand und auf dem freilich nie eine Weihnachtsoratoriums-LP lief.

Zu reinem Frohlocken animierte dann vor allem die Altistin Truike van der Poel von den Stuttgarter Vokalsolisten. Sie sang nicht nur die Arie „Schlafe, mein Liebster“ wunderbar unangestrengt, human und mit wenig Vibrato. Der Bass war hörbar gesundheitlich angeschlagen, die Sopranistin zu leise, der Tenor kämpfte etwas in den Höhen. Markus Schwinds Trompetensoli kamen fein säuberlich ziseliert.

Der von manchen geargwöhnte, von anderen ersehnte Clash der Jahrhunderte – Bach mit E-Gitarre und Hammondorgel! – fiel überraschend zahm aus. Gut so. Hausnachbar Michael Petermann spielte sein Continuo auf einer Hammondorgel Modell A aus den 30er-Jahren, die es an leiser Frömmigkeit im Sound mit bescheidenen Kirchenorgeln aufnehmen kann. Auch seinen E-Pianoklang hatte er glockig rein eingestellt. Nur sehr punktuell ließen Petermann und der Gitarrist Johannes Öllinger sich zu unorthodoxer Instrumentenbehandlung hinreißen. Bei der Sinfonietta kam mit gestopfter Trompete ein Hauch Miles Davis auf; doch von „Play Bach 3.0“ keine Spur.

Die Resonanzler, die auch den Chor abgaben, spielten gewohnt hingebungsvoll, wobei es hinsichtlich der Intonation im Zusammenspiel wiederholt Unstimmigkeiten gab. Das Publikum, das sich vor Beginn, im Treppenhaus des Bunkers auf Einlass wartend, mit Liedfett-Fans auf dem Weg ins Uebel mischte, feierte die Resonanzler kräftig. Zum Finale sangen alle gemeinsam „Wie soll ich dich empfangen“.