Sascha Ehlert hat das Magazin „Das Wetter“ gegründet, das als „Hamburger Medienformat des Jahres“ prämiert wurde. Damit nicht genug: Ehlert kümmert sich auch noch um ein zweites Magazin.

Hamburg. Sehr schön fühlt sich „Das Wetter“ an. Der matte Karton des Covers verleiht diesem „Magazin für Text und Musik“ etwas Griffiges, Wahrhaftiges. Fast 100 Seiten stark ist die vierte Ausgabe. Klares Design auf dickem Papier. Nahezu quadratisch. Im besten Sinne unpraktisch. Und sehr gut. Eine Liebeserklärung an das Medium Print. Und das in Zeiten, in denen gerne Abgesänge auf das Gedruckte gehalten werden. Kein Wunder also, dass „Das Wetter“ jüngst mit dem Musikpreis „Hans“ als „Hamburger Medienformat des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Die Jury lobte zudem die „Liebe zur Sprache“ und die „Unabhängigkeit“ des Magazins. Und tatsächlich: „Das Wetter“ wurde von einem gegründet, der sich journalistisch freischwimmen wollte. Der nicht warten wollte, bis er in zehn, 20 Jahren mal die interessanten Interviews bekommt.

„Ich wollte gerne etwas Eigenes machen, weil es mich gestört hat, dass ich als junger Autor recht fest gefügt war, welche Jobs mir Auftraggeber zuweisen“, erzählt Sascha Ehlert beim Tee im Café Panter im Karoviertel. Den 27-Jährigen umfängt nicht die hyperaktive Aura eines Was-mit-Medien-Machers. Vielmehr wirkt er angenehm nachdenklich. Auf jede Frage antwortet er überlegt, ohne Hektik. Eher Sherlock Holmes als Mark Zuckerberg. Obwohl Ehlert Internet-Plattformen wie Zuckerbergs Facebook durchaus zu bespielen weiß. Denn der Weg in den Journalismus, er läuft heute stets über mehrere Kanäle. Ehlert betrieb einen Musik-Blog, machte Praktika, etwa bei der Zeitschrift „Interview“, schrieb als freier Autor für das größte deutsche Hip-Hop-Magazin „Juice“, für das Stadtmagazin „Zitty“ sowie für die Musik-Zeitschriften „Visions“ und „Spex“, zudem studierte er parallel Germanistik und Anglistik.

„Eine Zeit lang ist mir Berlin auf die Nerven gegangen“, sagt Ehlert über seine Geburtsstadt, weshalb er Anfang 2013 nach Hamburg zog. Einer seiner besten Freunde in der Hansestadt war und ist Max Leßmann, Sänger der Band Vierkanttretlager. Mit ihm entwickelte Ehlert in der WG-Küche die Idee für „Das Wetter“. Es sollte ein Heft mit „guten und schönen Geschichten“ entstehen. Kein besserwisserisches Meckermagazin.

„Von Anfang an war klar, dass wir nicht elitär sein wollen und uns dem Mainstream nicht verschließen möchten“, sagt Ehlert. Und so findet sich in der aktuellen Ausgabe ein fein beobachteter Hausbesuch bei Joachim Lottmann, „Vater der Popliteratur“, ebenso wie ein kluges Hintergrundstück zu dem angesagten Popstar Clueso. Illustrationen und Prosa ergänzen den popkulturellen Kosmos. Das Medium Print berge für ihn die „nötige Langsamkeit, ausführliche Geschichten zu schreiben“, erläutert Ehlert. Diese Hingabe ist spürbar. Zu lesen sind Texte mit Tiefgang. Ohne kompliziert zu sein. Aber mit überraschender Eigendynamik.

Anfangs ging es nur um den Spaß an der Sache

„Uns war klar, dass wir damit nicht krass Geld verdienen. Es ging uns erst mal um den Spaß an der Sache“, bilanziert Ehlert die Gründungsphase. Sein Onkel lieh ihm das Startkapital. Und mit Anne Stiefel und Hanna Osen von der Hamburger Hochschule für bildende Künste fanden sich zwei junge Gestalterinnen, die – wie Ehlert es formuliert – „unsere Amateurideen so schön aussehen lassen“. Die erste Ausgabe ging mit 3000 Exemplaren an den Start. Zum einen über den Online-Vertrieb Krasser Stoff, zum anderen über ausgesuchte Geschäfte wie die Hanseplatte am Neuen Kamp. Der Vertrieb Carnivora wurde auf „Das Wetter“ aufmerksam und sorgt seitdem dafür, dass das Magazin an Bahnhofskiosken in ganz Deutschland zu finden ist. „Ein absoluter Glücksfall“, sagt Ehlert, der sein Heft für 8,50 Euro verkauft. Noch kann er seinen Autoren kein Honorar zahlen, aber nach und nach kommen auch Anzeigenkunden hinzu. „Es läuft gut. Dafür, dass wir aus dem Nichts kommen“, sagt Ehlert ruhig. Manche Interviews, etwa mit der Band Element Of Crime, habe er nur bekommen, weil den Künstlern das Heft so gut gefiel.

Mit seiner journalistischen Selbstverwirklichung stößt Ehlert allerdings durchaus an die eigenen Grenzen. Denn wie es das Schicksal so will, bekam er, als die erste „Wetter“-Ausgabe noch nicht aus dem Druck war, eine Stelle bei „Juice“ in Berlin angeboten, wo er mittlerweile zur Redaktionsleitung gehört. Zwei Magazine also. Einmal Sicherheit, einmal Herzensprojekt. Wer noch einmal von der Krise des Journalismus spricht, sollte sich beim Nachwuchs umsehen.

Und warum eigentlich der Name „Das Wetter“? Der Begriff sei gut für Wortspiele, meint Ehlert schmunzelnd. Eine Redewendung wie „Alle reden übers Wetter“ sei für ein Magazin ja nicht der schlechteste Ansatz. Stimmt.

„Das Wetter“ www.wetteristimmer.de