Ein Kommentar von Volker Behrens

Für den Krimi-Spitzentitel „Der Sohn“ von Jo Nesbø hat der Ullstein-Verlag einen TV-Werbespot geschaltet. Sehr ungewöhnlich!

Die optische Stimmung ist düster. Man sieht einen Mann von hinten, der am Ende eines Bootsstegs kauert. „Sonny wurde sein Leben lang betrogen. Dann ändert ein Geständnis alles. Er will Rache, wie hoch der Preis auch sein mag“, heißt es darin. Dann steht der Mann auf und wirkt, als ob er zu allem entschlossen sei. Der Name des Autors und des Buches sowie drei Sätze zum Inhalt. Eigentlich ist das schon eine kleine Literaturverfilmung. Nur 15 Sekunden hat sie Zeit, um sich ins Gedächtnis der Zuschauer einzubrennen. Funktioniert das?

Bisher nutzte das Fernsehen Krimis eher als Vorlage für eigene fiktive Formate, Werbung für Literatur sah man zwischen Spots für Schlankheitsmittel und glücklich machende Würstchen fast noch nie. Warum eigentlich nicht? Gibt es Berührungsängste zwischen TV-Werbung und Literatur? Mehr als 10.000 Zuschauer haben sich seit Ende November den Spot bereits im Internet angesehen, aber das ist natürlich nur bedingt vergleichbar. Nesbø hat sich mit seiner deutschen Gesamtauflage von mehr als drei Millionen Exemplaren mittlerweile zu einem Massenphänomen entwickelt, da möchte der Verlag beim Marketing offenbar auf kein Massenmedium mehr verzichten. Nebeneffekt: Man wird stutzig. Auch TV-Werbung für Literatur funktioniert.