Seit fast einem Jahr ist Monika Grütters als Ministerin für Kultur und Medien im Amt. In Hamburg verlieh sie vor wenigen Tagen den Deutschen Kurzfilmpreis

Hamburg. Ihr Aufgabenbereich ist vielfältig. Mal kümmert sich Monika Grütters um das Erbe des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt, dann wieder um das deutsch-französische Kinotreffen oder um einen Museumsneubau in Berlin. Sie vertritt auch die deutschen Kulturinteressen bei der EU. Seit fast einem Jahr ist die Bundesministerin für Kultur und Medien, die einzige Kunstgeschichtlerin im Bundestag, jetzt im Amt. Vor einigen Tagen war die CDU-Politikerin in Hamburg, um den Deutschen Kurzfilmpreis zu vergeben.

Hamburger Abendblatt:

Frau Grütters, Sie haben gesagt, Sie seien sozusagen auf dem Fahrrad geboren worden. Wieso?

Monika Grütters:

Münsteraner können gar nicht anders, als sich auf zwei Rädern fortzubewegen. Das ist die dort übliche Lebensart. Es gibt in der Stadt viel mehr Fahrräder als Autos und vor dem Hauptbahnhof außerdem eine gläserne Fahrradgarage enormen Ausmaßes. Das Fahrrad gehört zu Münster wie seine 300.000 Einwohner, der Dom und die Käfige an St. Lamberti.

Sie haben gerade die Deutschen Kurzfilmpreise verliehen, mögen Sie diese Kunstform auch selbst?

Grütters:

Ich mag Kurzfilme sehr. Bewegende Geschichten in verdichteter Form zu erzählen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, das erfordert einen klaren Blick, künstlerische Überzeugungskraft und Mut – den Mut zum Weglassen. Auch der experimentelle Charakter zeichnet dieses Genre ja mit aus. Viele sagen, das sei die eigentliche filmische Avantgarde. Es ist deshalb auch kein Zufall – unabhängig von den begrenzten finanziellen Mitteln der Filmhochschulen –, dass das vor allem von Filmstudierenden ausprobiert wird. Auffallend viele zählen zu den Preisträgern. Das zeigt, wie gut unsere Hochschulen ausbilden.

Ein langer Film könnte die Debatte um die Kürzungen des Etats des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) werden, den der Haushaltsausschuss für das kommende Jahr von 60 auf 50 Millionen Euro absenkte. Der Branche hat es nicht gefallen.

Grütters:

Der Bund gibt gut 105 Millionen Euro jährlich für die Filmförderung aus. Insgesamt wird der Filmbereich von Bund und Ländern mit rund 350 Millionen Euro in jedem Jahr unterstützt. Der DFFF ist dabei ein Instrument der Filmförderung unter mehreren. 2007 wurde er zeitlich begrenzt eingerichtet, um den deutschen Film wieder international wettbewerbsfähig zu machen. Das ist erreicht worden. Es ist aber auch wichtig, dass mal hinterfragt wird, ob die Filmförderstrukturen in Deutschland so, wie sie derzeit sind, auch für die Zukunft sinnvoll erscheinen. Deshalb hatte ich vor ein paar Tagen wichtige Vertreter der Branche eingeladen: alle Akteure an einem Tisch: der Bund, die Länderförderer, die Fernsehanstalten, auch das Finanzministerium. Wir wollten ausloten, ob man Förderstrukturen verbessern kann. Es war ein konstruktiver Austausch, und ich bin optimistisch, dass wir für die Zukunft einiges optimieren können.

Die Produzentenallianz sieht das anders.

Grütters:

Als Verbandsvertreter müssen sie kritisch sein. Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen kürzen ihre Filmförderung, die Fernsehanstalten tun das teilweise auch. Es gibt einige Entwicklungen, die mittelständische Produzenten verunsichern. Mir ist es aber immerhin geglückt, so viel für die Filmförderung zu tun, dass wir von der Vorstellung aus dem Finanzministerium, mit 30 Millionen Euro pro Jahr auszukommen, den Filmförderfonds wieder auf 50 Millionen Euro hochverhandelt haben. Vor allem wird diese Summe auf Dauer in meinem Etat verankert und ist damit zeitlich nicht mehr begrenzt wie bisher. Das ist eine wichtige Anerkennung. In jedem Jahr musste man das sonst neu verhandeln. Planungssicherheit hatte die Produzentenallianz gegenüber der Politik immer wieder angemahnt.

Ist der Film in Deutschland zwischen Kunst und Kommerz gut verankert?

Grütters:

Ja, das ist ganz wichtig. Wir haben es in einigen Genres, auch beim Buch, mit diesem Doppelcharakter zu tun: Wirtschaftsprodukt und Kulturgut. Das macht die Förderung ja so spannend. In meinem Haus gibt es deshalb auch ein eigenes Segment für die kulturelle Filmförderung. Der DFFF berücksichtigt dagegen stärker die wirtschaftlichen Effekte der Kinofilmproduktion.

Was war Ihr letztes großes Kinoerlebnis?

Grütters:

„Wir können auch anders“. Das habe ich vor Kurzem in Münster im Arthouse-Kino Cinema gezeigt. Es war eine Vorführung für Schulen der Stadt und ein Experiment, denn wir wollten wissen, ob die Jugendlichen zu der Geschichte im 25. Jahr des Mauerfalls noch einen Zugang finden. Zudem ist der Film ja noch analog gedreht worden und hat eine etwas andere Ästhetik als das, was Jugendliche heute sehen. Schauspieler Joachim Król und Regisseur Detlev Buck sind zur Vorstellung gekommen. Das war ein ganz tolles Erlebnis. Die Filmhandlung beginnt sichtbar in meiner Heimatstadt Münster – nicht nur deshalb ist „Wir können auch anders“ für mich ein echter Kultfilm.

Sie sind seit Ihrem Amtsantritt schon einige Male in Hamburg gewesen. Woher kam dieser Norddrang, und welches Verhältnis haben Sie zu dieser Stadt?

Grütters:

Als Kulturstaatsministerin hält man sich dort auf, wo besonders konzentriert Kultur nicht nur zu sehen ist, sondern auch gemacht wird. Von der Eröffnung der Tanzplattform auf Kampnagel über das Reeperbahnfestival, den Spielstätten-Programmpreis bis hin zu Besuchen bei wichtigen Medien und jetzt der Deutsche Kurzfilmpreis, es gibt einfach sehr viele Anlässe, nach Hamburg zu kommen. Als Wahl-Berlinerin finde ich es gut, dass es mehr als nur eine kulturell strahlende Stadt in Deutschland gibt. Die Kulturzentren stehen in einem ganz guten und produktiven Wettbewerb miteinander. Ich komme daher sehr gerne und ganz sicher immer wieder.